Nippes – Das längste Freiluft-Kunstwerks Kölns, wenn nicht sogar ganz Deutschlands, hat Zuwachs bekommen: Als bunter Regenbogen präsentieren sich nun die 13 Hochbahn-Pfeiler zwischen Merheimer Straße und Neusser Straße/Gürtel.
Von Violett über Blau, Grün, Gelb, Orange und Rot leuchten die Stelzen des Bauwerks, jeweils individuell mit verschnörkelten Buchstaben, figürlichen oder abstrakten Motiven verziert. Sie sind ein Werk der „Mittwochs-Maler“.
Buntes Gesamtkunstwerk aus 20 Pfeilern
Innerhalb einer Woche Arbeitszeit haben die rund 30 Graffiti-Künstler zwischen 17 und 40 Jahren zusammen mit befreundeten Streetart-Szenegrößen aus Köln und Umgebung die Betonpfeiler nach eigenen Motiven gestaltet - lediglich der Farb-Grundton war ihnen dabei vorgegeben.
Bereits vor zwei Jahren hatten die „Mittwochs-Maler“ die ersten sieben Pfeiler im Abschnitt zwischen Neusser Straße/Gürtel und Niehler Kirchweg verschönert. Somit bilden also nun 20 der vorher trist-grauen, teils erheblich verdreckten Säulen ein buntes Gesamtkunstwerk – und einen echten Blickfang im Stadtbild.
Bei einer Straßenparty mit Grillfest, Hip-Hop-Musik und Streetball auf dem Parkstreifen zwischen Neusser Straße/Gürtel und der Eckewartstraße feierten die „Mittwochs-Maler“ den Abschluss des Kunstprojekts „Linie 13“, benannt in Anlehnung an die KVB-Hochbahn-Linie.
Zugleich feierte die Graffiti- und Streetart-Jugendkunstgruppe unter dem Dach des Sozialdienstes Katholischer Männer (SKM), die sich – wie der Name schon sagt – immer mittwochs im Jugendzentrum Lucky's Haus in Bilderstöckchen trifft, mit den weit über 100 Gästen ihr zehnjähriges Bestehen.
Bei den Besuchern ernteten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen viel Lob für ihre Arbeit – wie auch von den Spaziergängern und Passanten, von denen etliche während der Eröffnung an der Hochbahntrasse stehen blieben und die Graffiti-Werke erstaunt musterten.
Julian Mundt, einer der Mitstreiter der „Mittwochs-Maler“, erläuterte bei einer kleinen Führung einer altersmäßig erfreulich gemischten Besuchergruppe die einzelnen Motive und die Intention, die die Künstler dabei verfolgten.
Auch Iren Tonoian, Leiterin des Streetart-Festivals Cityleaks, kam zur Eröffnung – die Pfeiler-Eröffnung bildete zugleich die Auftaktveranstaltung ihres zweijährlich stattfinden Kölner Festivals, bei dem Hauseigentümer ihre Fassaden professionellen Sprayern zur Verfügung stellen.
Finanzielle Unterstützung
Die Bezirksvertretung Nippes hatte das Kunstprojekt mit 5000 Euro aus ihrem Etat für bezirksorientierte Mittel unterstützt. „Wir haben mit relativ geringen Mitteln viel bewirken können, es ist eine echte Bereicherung für Nippes“, gratulierte Bezirksbürgermeister Bernd Schößler (SPD). „Vor zehn Jahren hätte sicher niemand gedacht, dass wir einmal hier stehen werden und es toll finden, dass städtisches Eigentum mit Graffiti gestaltet wurde. Das dem aber nun so ist, ist auch ein Verdienst der Mittwochs-Maler.“
Als die Bezirkspolitiker begannen, die jugendlichen Künstler zu unterstützen, habe man viel Kritik einstecken müssen, auch von der Polizei. Doch auch die positive Resonanz auf die seit 2013 bestehenden Kunst-Pfeiler zeige, dass die Aktion richtig gewesen sei – entgegen mancher Erwartungen seien auch die Motive der Jugendlichen von wilden Sprayern unangetastet geblieben.
Wie im Übrigen auch die seit einigen Jahren mit Tiermotiven gestaltete Zoo-Mauer an der Riehler Straße, ebenfalls ein Werk unter Beteiligung der Gruppe. „In den vergangenen zwei Jahren ist an den Säulen vor dem Bezirksrathaus kein Pinselstrich verändert worden. Das sollte uns ermutigen, den Jugendlichen weiteren Raum für legale Graffiti-Kunst zu geben. Und wir haben im Stadtbezirk zwischen Parkgürtel und Mülheimer Brücke ja bestimmt noch zwei Kilometer Pfeiler-Trasse.“
Die frühere Nippeser Bezirksjugendpflegerin Elke Böttger, die die „Mittwochs-Maler“ acht Jahre lang begleitet hatte, erinnerte an den im jährlich stattfindenden Bezirksjugendtag und dem Bürgerhaushalt artikulierten Wunsch nach einer legalen Wand im Nippeser Tälchen. „Ich würde mir wünschen, dass die Sache weiter verfolgt wird.“
Zwölf Stunden am Tag gesprüht
„Im Frühjahr haben unsere Konzeptionsarbeiten begonnen“, blickte Maurice Kusber, der Leiter des Kunstprojekts, auf die Anfänge der Aktion zurück. „Als wir unsere Skizzen im Bezirksrathaus vorstellten, wurden sie für gut befunden – und so konnten wir uns nun an die Arbeit machen.“
Von früh bis spät wurde in der vergangenen Woche an den Pfeilern gewerkelt. „Wir waren zwölf Stunden am Tag hier, denn unsere Mitstreiter – Schüler, Azubis, Berufstätige und Selbstständige – hatten zu sehr unterschiedlichen Tageszeiten Zeit, mitzuhelfen.“ Alle Beteiligten arbeiteten ehrenamtlich – die 5000 Euro gingen alleine für Materialien sowie Ausrüstung wie Hubwagen, Leitern sowie Verpflegung verwendet.
Er würde die Aktion sehr gerne mit weiteren Brückenpfeilern wiederholen. „Es war eine Woche wie im Rausch.“ Seit einiger Zeit übrigens arbeiten die Jugendkünstler auch mit jungen Flüchtlingen zusammen. „Graffitikunst braucht eben keine Sprache“, merkte SKM-Vorstandsspracher Markus Peters lobend an. „Und dadurch, dass Kinder und Jugendliche selbst das Stadtbild mitgestalten, bringen sie sich zugleich ins städtische Leben ein.“