Zum ersten Mal wurde die Marke von sieben Millionen Übernachtungen geknackt, berichtet Köln-Tourismus.
Junggesellenabschiede unerwünschtNeuer Rekord – Köln will weg vom Ballermann- und Party-Image
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Köln:
Reiterstandbild Kaiser Wilhelm an der Hohenzollernbrücke auf der Deutzer Seite
Foto: Martina Goyert"
2024 haben so viele Touristen wie noch nie Köln besucht.
Copyright: Martina Goyert
„2024 war ein sensationelles Jahr“, schwärmt Jürgen Amann, Geschäftsführer von Köln-Tourismus. Was ihn so schwärmen lässt: Es war das stärkste Jahr aller Zeiten für Köln, die Übernachtungszahlen lagen zum ersten Mal über sieben Millionen bei rund 4,2 Millionen Gästen. „Was uns aber noch mehr freut als die blanken Zahlen ist, dass uns in den letzten Jahren auch eine qualitative Entwicklung gelungen ist.“
Jürgen Amann hat sein Amt 2020 unmittelbar vor Beginn der Pandemie angetreten – und hat unabhängig von der Krise eine Neuausrichtung der Tourismuswerbung eingeleitet. Man wollte weg vom reinen Verwalten und Verteilen der Touristen, vor allem weg von Ballermann- und Feierimage, dessen Auswüchse die berüchtigten Junggesellenabschiede sind. Und: „Den Dom müssen wir nicht bespielen, der funktioniert von allein.“
Köln-Tourismus spricht zwei spezielle Zielgruppen an
Stattdessen konzentrierte man sich auf Werbung für zwei Zielgruppen: jüngere Besucher, die sich zum Beispiel für Streetart-Führungen und alternative Musik-Locations interessieren („Aber nicht die Partypeople“) und ein etwas älteres Publikum, das zum Beispiel wegen Ausstellungen und dem Gastro-Angebot kommt. Kultur, Kulinarik, Diversität, Szene und Geselligkeit wurden die Hauptschlagworte. Die jüngsten Fotomotive für die Werbung im Ausland etwa zeigen ein homosexuelles Paar auf der Hohenzollernbrücke mit dem Titel „Hätzbläddche“ und ein Hetero-Paar im Kolumba-Museum mit der Überschrift „Kölns Lebensart“.
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Eines der Werbemotive von Köln-Tourismus
Copyright: Köln-Tourismus
Zum ersten Mal habe nun die Auswertung von Handydaten der Gäste gezeigt, dass es gelungen sei, diese Leute tatsächlich nach Köln zu locken. Dazu habe ein Fachinstitut die – anonymisierten – Trackingdaten von Apps analysiert, die zeigen, woher die Besucher kommen und was sie in Köln unternommen haben. Für Wohnorte gibt es ebenfalls Daten zu Bildungsmilieus und Kaufkraft. Das Ergebnis: Die gewünschten Milieus wurden erreicht und außerdem wurden ganz allgemein Menschen mit einer Kaufkraft, die über dem Bundesdurchschnitt liegt, erreicht.
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Werbemotiv von Köln-Tourismus
Copyright: Köln-Tourismus
Als Hauptslogan hat sich mittlerweile „Köln ist ein Gefühl“ etabliert. „Auch wenn so mancher das als selbstverliebt empfindet: Wir haben es positiv gedreht und die Besucher spiegeln uns dieses Gefühl auch zurück. Das haben wir bei einer Umfrage erfahren. Die Leute haben gesagt: Das Lebensgefühl hier ist positiver und lockerer als in anderen europäischen Städten.“ Zum Beispiel sei es hier möglich, im T-Shirt in ein Sternelokal zu gehen. Das sei in München nicht drin. Köln-Tourismus setzt bei der Werbung sehr stark auf Tiktok. „Da waren wir unter den Kollegen mit die ersten in Deutschland.“ Außerdem gibt es Podcasts und ein eigenes Magazin. Es gebe keine großen Kampagnen, sondern kontinuierliche Bespielung der verschiedenen Kanäle.
5,5 Milliarden Euro hat der Tourismus Köln 2024 durch Einnahmen von Hotels, Gastronomie und Einzelhandel gebracht. Das sind fünf Prozent mehr als 2023. Die Zimmerauslastung lag bei 71,5 Prozent. „Damit sind wir ganz vorne mit dabei.“
Zwei Drittel der Touristen in Köln kommen aus Deutschland
Zwei Drittel aller Gäste kommen aus Deutschland, ein Drittel aus dem Ausland – das sei der höchste Wert für eine deutsche Großstadt, selbst in Hamburg, dem „Tor zur Welt“, sei der ausländische Anteil kleiner. Auf dem ersten Platz liegen die Briten, die vor allem die Weihnachtsmärkte lieben. Nicht umsonst kamen die Kölner Märkte bei einem Ranking der britischen „Times“ auf Platz eins von 29 Städten. Gelobt wurde vor allem die Vielfalt und Authentizität.
Auf dem zweiten Platz folgen die Niederländer, die häufig wegen Veranstaltungen in der Lanxess-Arena oder dem Musical-Dome kommen. Auf dem dritten Platz folgen schon die Amerikaner. Sie lieben die Rheinromantik, reisen meistens auf Flusskreuzfahrtschiffen. Ein nicht unerheblicher Teil sind aber auch Mitarbeiter der großen Frachtfirmen am Flughafen wie Fedex. Auch Chinesen kommen wieder, sie spielen aber eher eine marginale Rolle. Chinesen und Besucher aus arabischen Ländern haben Köln inzwischen als Medizin-Ziel entdeckt. Hier seien vor allem Spezialisten in der Hüft- und Kniechirurgie und der Gynäkologie gefragt, so Köln-Tourismus.
Diskussion um Verwahrlosung von Köln spielt keine Rolle
Die Diskussion um die Verwahrlosung und Vermüllung der Stadt macht den Touristikern bisher kein Kopfzerbrechen. „Touristen jedenfalls haben sich bei uns noch nicht beschwert. Möglicherweise sind wir da auch nicht der erste Ansprechpartner.“ Generell sei die Unsauberkeit aber ein Problem, das viele Großstädte beträfe, so Amann. „Deshalb tue ich mich auch mit Aussagen wie ‚Das ist ja schlimmer oder besser als in‘ schwer.“
Auch das Thema Karneval und seine Auswüchse spielten kaum eine Rolle. „Das ist keine Veranstaltung für Touristen.“ Die Feiernden seien zu 95 Prozent aus Köln und dem Umland. Fürs Gefühl sei diese Brauchtumsveranstaltung aber wichtig.
Ob übrigens der Plan aufgegangen ist, die Zahl der Junggesellenabschiede zu verringern, sei statistisch nicht belegbar, so Amann. Nach seinem subjektiven Empfinden seien es aber durchaus weniger Gruppen geworden, die durch die Stadt und die Kneipen ziehen.