Köln – Am Heumarkt bot sich am Freitag ein seltsames Bild. Zwischen einigen Tausend „Fridays for Future“-Demonstranten auf dem Weg zu ihrer Abschlusskundgebung auf der Deutzer Werft und der versammelten SPD-Bundesparteiprominenz samt Kanzlerkandidat Olaf Scholz und laut Polizei rund 2000 Zuschauern thronte Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. auf seinem Pferd.
Das Reiterdenkmal als Prellbock zwischen Klimaaktivisten und Sozialdemokratie? Nein, natürlich sei auch der SPD der Klimaschutz eine höchstwichtiges Anliegen, betonte Scholz: „Der Klimawandel ist eine große Katastrophe. Und deshalb haben die jungen Leute recht, wenn sie sagen: Es muss etwas getan werden.“
Finale der Wahlkampftour in Köln
Für das Finale seiner Wahlkampf-Tour hatte sich Olaf Scholz weder Berlin noch seinen Wahlkreis in Potsdam (wo er übrigens gegen Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock antritt) ausgesucht. Sondern Köln. Der Ort ist geschickt gewählt. Scholz bekommt Jubelbilder in der größten Stadt Nordrhein-Westfalens, jenem Bundesland, in dem sein ärgster Konkurrent Armin Laschet Ministerpräsident ist. Und in der sich der CDU-Kanzlerkandidat den ganzen Wahlkampf über nicht blicken ließ.
Laschet und die CDU waren auf der Bühne auf dem Heumarkt erwartungsgemäß der klare Gegner, der Name Annalena Baerbock fiel kein einziges Mal. „Es ist der unanständigste Wahlkampf, den ich je von Konservativen erlebt habe“, schimpfte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. „Sie werfen mit Schmutz, weil sie Angst haben, ihre Macht zu verlieren.“ Der andere Teil der Parteidoppelspitze, SPD-Chef Norbert Walter-Borjans, bewertete Laschet – ohne ihn namentlich zu erwähnen – als „ein Risiko“ für Deutschland, weil er „keinen Stresstest besteht“.
SPD-Politiker Mützenich nannte CDU „Partei des Maskendeals“
Bundestagsfraktionsvorsitzender Rolf Mützenich nannte die CDU die „Partei des Maskendeals“. Unter den Augen von mehreren SPD-Bundesministern, der Spitze der NRW-SPD und den Bürgermeistern von Hamburg und Bremen, Peter Tschentscher und Andreas Bovenschulte, sowie den SPD-Direktkandidaten der vier Kölner Wahlkreise beschworen die Sozialdemokraten wortreich die Geschlossenheit der Partei, die fest hinter ihrem Kanzlerkandidaten stehe.
Politische Inhalte trugen die führenden Parteimitglieder eher in einem Stakkato vor. Das oblag Scholz selbst, der mit „Olaf, Olaf“-Sprechchören empfangen wurde. Er werde den sozialen Wohnungsbau und die Digitalisierung forcieren, den Mindestlohn auf zwölf Euro anheben, den Klimaschutz vorantreiben, den Technologiestandort Deutschland fördern, Wohnungsmietern keine neuen Belastungen zumuten.
„Ich gebe die Garantie: Es wird keine weitere Steigerung des Renteneintrittsalters geben. Und das Rentenniveau wird stabil bleiben“, rief Scholz. Wer wie CDU und FDP Steuererleichterungen für Höchstverdienende anstrebe, „handelt unsolidarisch, kann nicht rechnen und ist aus der Zeit gefallen“.
Am Rand der Abschlusskundgebung versuchte eine Hand voll Corona-Leugner Scholz‘ Rede mit Zwischenrufen und Trillerpfeifen zu stören. Doch drangen sie nicht durch, auch nicht beim Kanzlerkandidaten selbst, der das Gebrüll einfach überhörte und sich nicht aus dem Konzept bringen ließ.
Bis zur Wahl am Sonntag müsse weitergekämpft werden, um den Vorsprung vor der Union ins Ziel zu bringen, sagte Generalsekretär Klingbeil. Und er dachte zudem noch ein ganzes Stück über den Wahlsonntag hinaus: „Hier ist der künftige Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, Thomas Kutschaty“, moderierte er den Auftritt des Chefs der NRW-SPD an. Am 15. Mai 2022 ist Landtagswahl.