Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Pascha-Chef im Interview„Eine Frau würde nie zugeben, dass sie für jemanden arbeitet“

Lesezeit 13 Minuten
lobscheid

  1. Für unsere Serie „Köln im Rotlicht“ sind unsere Reporter in die Rotlicht-Szene eingetaucht, haben mit Prostituierten, Freiern, Zuhältern und Bordellchefs gesprochen.
  2. Folge 9: Armin Lobscheid, Chef des Paschas, im Interview über seine Arbeit in einem der größten Laufhäuser Europas, über Zwangsprostitution und Werbung mit Promis.
  3. Welche Frauen arbeiten hier? Was hat sich über die Jahre verändert? Wie hoch ist die Miete? Und warum ist Pascha-Werbung auf Taxis in Ordnung?

Herr Lobscheid, was sind Sie eigentlich: Bordellbetreiber? Hotelier? Zuhälter? -> Hier: Alle 20 Folgen der Serie „Köln im Rotlicht“ im Überblick!

Vermieter. Das Pascha ist eine reine Zimmervermietung. Es läuft so: Die Frauen checken bei uns ein wie im Hotel und mieten ein Zimmer – manche für einen Tag, die meisten für länger. Ich kenne Frauen, die arbeiten hier seit 20 Jahren.

Die Gäste gehen durch das Haus, verhandeln mit den Frauen, und was beide dann auf dem Zimmer machen und zu welchem Preis – das ist nicht unsere Sache. Wir sorgen nur dafür, dass die Rahmenbedingungen stimmen.

Wie viele Zimmer hat das Pascha?

Zwischen 140 und 150, die vermietet werden.

Wie viele Frauen arbeiten bei Ihnen?

Wir haben keine Vollauslastung. Viele Frauen lassen zum Beispiel ihre persönlichen Sachen im Zimmer, wenn sie mal längere Zeit im Urlaub oder zu Hause bei ihrer Familie sind. Dafür zahlen sie dann eine kleine Reservierungsgebühr. Die Frauen sind unsere Gäste, unsere Kunden. Wir leben von ihnen. Nur wenn sie sich bei uns wohlfühlen, bleiben sie auch hier.

Wie hoch ist die Miete für ein Zimmer?

Über Preise rede ich eigentlich nicht. Ich kann nur sagen: Wir liegen in dem Bereich, wo ein Hotel auch liegt. Dafür bieten wir den Frauen aber auch ein ganzes Paket: Alkoholfreie Getränke sind für sie frei, wir haben einen Securitydienst, ein 24-Stunden-Restaurant und Hausmeister – falls mal der Strom ausfällt, eine Matratze ausgetauscht oder ein Zimmer neu gestrichen werden muss.

Aus welchen Ländern stammen die Frauen, die im Pascha arbeiten?

Früher hatten wir 20 bis 25 Prozent Afrikanerinnen, gut 20 Prozent Asiatinnen, dann nochmal ein Viertel aus dem europäischen oder internationalen Bereich und ein weiteres Viertel aus dem deutschen Raum. Das hat sich deutlich verschoben in den letzten Jahren. Asiatische und schwarzafrikanische Frauen sind nicht mehr so viele hier, ihren Platz haben Frauen aus Rumänien und Bulgarien eingenommen. Da gab es einen starken Verdrängungswettbewerb.

Aus Gesprächen mit Prostituierten und Hilfsorganisationen wissen wir, dass vor allem osteuropäische Frauen oft unter einem Vorwand nach Deutschland gelockt und hier in die Prostitution gezwungen werden. Was wissen Sie darüber?

Solche Ammenmärchen laufen rum, das weiß ich. Das mag es auch geben. Aber diese Hilfsorganisationen sind ja auch überzeugt, dass keine Frau diesen Job freiwillig macht. Das sehe ich ganz anders.

Vor allem über die Frauen aus Rumänien und Bulgarien hört man aber, dass sie den Job meist nicht freiwillig machen und ihre Einnahmen abgeben müssen.

Bei den Frauen aus Rumänien und Bulgarien muss man klar sagen: Das ist Armutsprostitution. Wenn da eine Frau mit zwei kleinen Kindern von ihrem Mann verlassen wurde, hat sie in ihrer Heimat nicht die soziale Wiege, wie wir sie in Deutschland haben. Diese Frau muss zusehen, wie sie ihre Familie durchbringt. Mit einem Vollzeitjob an der Supermarktkasse und fünf Wochen Urlaub im Jahr funktioniert das nicht.

Das geht oft nur, indem sie ein oder zwei Wochen im Monat arbeitet und die Kinder in dieser Zeit bei Verwandten unterbringt. Die Prostitution ist für diese Frauen manchmal die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen. Sie bleiben auch nicht jahrelang bei uns. Die machen das zwei, drei Jahre, bauen sich in der Zwischenzeit in der Heimat etwas Neues auf und sind dann wieder weg.

Wo fängt Zwang nach Ihrer Bewertung denn an?

Letztendlich ist Armutsprostitution natürlich auch Zwang. Aber im eigentlichen Sinn fängt Zwang für mich da an, wenn eine Frau nicht selbstbestimmt hier durch die Tür kommt und sagt: Ich will diesen Job machen. Zwang heißt, dass dritte Personen beteiligt sind, die die Frauen zwingen, diesen Job zu machen.

Arbeiten solche Frauen im Pascha?

Das, was draußen passiert, kann ich nicht kontrollieren. Das kann keiner. Ich kann einem Menschen nur vor den Kopf gucken. Aber wir sorgen klar dafür, dass sich jede Frau in unserem Haus frei bewegen kann.

Interessiert es Sie denn, ob Frauen im Pascha unter Zwang arbeiten?

Wenn ich frage, kriege ich keine ehrliche Antwort. Eine Frau würde nie zugeben, dass sie für jemanden arbeitet. Auch diese ganze Loverboy-Geschichte, die wir aus dem Fernsehen und aus Filmen kennen – das macht nur einen ganz geringen Teil aus. Wenn, dann reden wir eher über Familienzwänge.

In den Ländern, aus denen die Frauen kommen, hat der Familienverband einen starken Einfluss. Und wenn die Familie ihnen sagt, was sie tun sollen… Ja, wen wollen Sie denn da packen?

Was tun Sie denn, wenn Sie von solchen Fällen erfahren?

Wenn ich mitbekomme, dass eine Frau nicht selbstbestimmt arbeitet, informiere ich die Behörden. Es nützt nichts, ihr nur zu sagen: Du darfst hier nicht mehr arbeiten. Es muss dann jemand mit ihr sprechen, sich um sie kümmern. Sie muss dann aus diesem Bereich aussteigen.

Hilfsverbände wie „Sisters“ oder der Sozialdienst Katholischer Frauen, die Frauen beim Ausstieg helfen, beklagen aber gerade, dass sie nicht mehr ins Pascha hinein dürfen, um die Frauen zu beraten. Warum haben Sie denen die Tür zugemacht?

Die Sozialarbeiter der Stadt Köln haben jederzeit ungehindert Zutritt zum Haus. Wir arbeiten auch mit einer weiteren Organisation zusammen, mit „Herzzeichen“. Wir beschäftigen auch eine Lehrerin, die die Frauen berät und sie auch bei Behördengängen begleitet, zum Beispiel bei der Anmeldung für den so genannten Hurenausweis von der Stadt Köln.

Was ich aber nicht machen kann, ist, fünf oder sechs Verbände jede Woche, jeden Monat mit fünf, sechs Sozialarbeitern durchs Haus laufen zu lassen. Dann habe ich irgendwann mehr Sozialarbeiter im Haus als Gäste. Und die Frauen werden bei der Arbeit gestört. Die kommen ja hierhin, um Geld zu verdienen.

Vor zwei Jahren ist eine öffentliche Debatte entbrannt, als die Bläck Fööss im Pascha-Tabledance-Club gespielt haben. Sind solche Auftritte Ihre Strategie, das Pascha in der Stadt salonfähig zu machen?

Ich sage es mal so: Es ist ein Stück Arbeit, diese Branche in eine gewisse Normalität zu bringen. Aber wenn wir das nicht hinkriegen, sind alle Versuche, die Frauen zu schützen, kläglich gescheitert.

In der Illegalität haben wir keinen Zugriff und unsere Behörden ein vielfach größeres Problem, Kenntnis über die Prostitutionsstätten zu erlangen und über das, was da abgeht.

Aus demselben Grund werben Sie im Tabledance-Club auch mit Videos von Promis, die schon im Club zu Gast waren?

Warum denn nicht? Wenn die schon hier waren, kann man die doch auch zeigen. Das ist Werbung. Das macht jeder. Wenn sich im Autohaus ein Promi einen Mercedes kauft, dann hängt da auch ein Bild mit dem, sofern er das erlaubt hat.

Warum sollen wir das nicht auch tun? Ich zitiere jetzt mal Alice Schwarzer, sie hat sinngemäß gesagt: Es kann doch nicht sein, dass das Pascha auf Taxis werben kann wie ein Fitnessstudio. Ich sage: Doch, das kann sein. Das Pascha gehört zu Köln wie viele andere Dinge. Warum sollen wir das nicht zeigen und bewerben? Warum sollten wir das nicht dürfen? Jeder andere tut das auch.

Glossar

Agisra

Die „Arbeitsgemeinschaft gegen internationale sexuelle und rassistische Ausbeutung“ in Köln ist seit 1993 eine Beratungs- und Informationsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen. Agisra unterstützt zum Beispiel Frauen, die von Gewalt, Sexismus oder Rassismus betroffen sind, die Sozialarbeiterinnen reden mit Frauen auf dem Straßenstrich, am Eigelstein und in Bordellen. Der Verein sitzt in der Bolzengasse in der Altstadt, Telefon 0221/124019.

Escort

Begleit-Agenturen oder Escort-Agenturen vermitteln Frauen, seltener auch Männer, gegen Honorar für eine vereinbarte Zeit. Die Agenturen dienen als Dienstleister und kassieren eine Provision von den Frauen, die oft zwischen 25 und 35 Prozent liegt. Die Preise für die meistens auch sexuellen Dienstleistungen schwanken, liegen aber nur selten unter 200 Euro pro Stunde und 1500 Euro pro Tag. Viele ihrer Mitarbeiterinnen seien Studentinnen, berichtet eine Kölner Agentur-Chefin. Eine vom Studienkolleg zu Berlin veröffentlichte Umfrage ergab, dass 3,7 Prozent aller Berliner Studierenden als Sexarbeiter im weiteren Sinne tätig sei. Verbände und Behörden gehen davon aus, dass der Großteil der im Escort-Bereich tätigen Frauen freiwillig dort arbeitet.

Hurenpass

Im Juli 2017 ist bundesweit das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft getreten. Seitdem müssen Prostituierte einen speziellen Ausweis bei sich tragen, den so genannten Hurenpass. Diese Anmeldebescheinigung, die regelmäßig verlängert werden muss, ist mit Namen, Meldeadresse und einem Foto versehen. Viele Sexarbeiterinnen weigern sich, ihre Anonymität aufzugeben und den Pass zu beantragen – sie fürchten unter anderem Repressionen in ihren Heimatstaaten, in denen Prostitution unter Strafe steht. 

Laufhaus

In einem meist mehrstöckigen Laufhaus mieten Prostituierte Zimmer an. Wenn sie auf Freier warten, stehen ihre Türen offen. Der Kunde streift durch die Flure und kommt mit den Frauen ins Gespräch, die vor oder in ihren Zimmern sitzen. Welche Leistungen sie anbieten und welche Preise sie dafür verlangen, bestimmen die Frauen selbst, nicht der Laufhaus-Betreiber. Er kassiert von ihnen nur die tägliche oder monatliche Miete. Der Eintritt in ein Laufhaus ist meistens frei. Wie viele der Frauen tatsächlich selbstbestimmt arbeiten und wie viele ihre Einnahmen an einen Zuhälter abtreten müssen, ist unklar.

Loverboys

Zuhälter, die vor allem Minderjährige und junge Frauen in Clubs und im Internet ansprechen. Sie täuschen ihnen die große Liebe vor, entfremden sie aber tatsächlich von Freunden und Familie und zwingen sie in die Prostitution. Laut Polizeierkenntnissen sind Loverboys in aller Regel Einzeltäter, die oft mehrere Frauen parallel haben, ohne dass die Opfer voneinander wissen. 

Menschenhandel

Eine Straftat, auf die zwischen sechs Monate und zehn Jahre Gefängnis steht. Unter Menschenhandel versteht das Gesetz jede Form des Anwerbens, Transports oder Beherbergens von Menschen, um sie auszubeuten – zum Beispiel in der Prostitution, durch Bettelei oder Zwangsarbeit. 

Poppers

Slang für eine flüssige, nicht verbotene Droge, die in kleinen Ampullen vertrieben wird und beim Öffnen ploppt. Poppers sollen stark gefäßerweiternd, aphrodisierend, muskelentspannend und schmerzhemmend wirken – und damit helfen, den Geschlechtsverkehr zu verlängern. Werden in fast allen Bordellen verkauft. Können zu Herzrasen, Übelkeit, Erbrechen und Sehstörungen führen, blutdrucksenkende Potenzmittel verstärken die Wirkung.

Prostituiertenschutzgesetz

Seit 1. Juli 2017 ist ein neues Prostituiertenschutzgesetz in Kraft. Es beinhaltet unter anderem die Verpflichtung eines so genannten „Hurenausweises“. Betreiber von Bordellen benötigen eine Erlaubnis und dürfen sich zuvor nicht im Bereich Menschenhandel/Prostitution strafbar gemacht haben. Das Gesetz sieht auch eine Kondompflicht für Freier und eine Gesundheits- und Ausstiegsberatung für Sexarbeiter/innen vor.  Sexarbeiterinnen dürfen seit Inkrafttreten des P. nicht mehr in dem Raum schlafen, in dem sie ihre Dienstleistungen anbieten – Bordellbetreiber müssen getrennte Schlaf- und Waschräume anbieten. Das Gesetz soll Sexarbeiter/innen vor Zwangsprostitution, ungeschütztem und gewalttätigem Sex schützen. Interessenverbände und Beratungsstellen kritisieren das Gesetz: Die meisten Prostituierten, die nicht freiwillig arbeiten, würden weiterhin nicht erreicht. Die Sorge, mit einem Hurenausweis identifiziert werden zu können, treibe viele Frauen in die Illegalität.

Das Gesetz hat für Prostituierte in NRW auch positive Effekte, resümiert die Prostituierten-Beratungseinrichtung Kober.  So habe sich die Hygiene in vielen Häusern verbessert, auch die Rückzugsmöglichkeiten, Aufenthaltsräume und Beratungen wurden von vielen Frauen als hilfreich beschrieben. Die in vielen Sprachen abrufbare Lola-App unterstützt demnach viele  Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, um sich besser über ihre Rechte, Krankenversicherung, Prävention und Beratungsangebote zu informieren. 

Saunaclub/FKK-Club

Die Gäste bewegen sich im Handtuch oder Bademantel durch den Club. Im Eintrittspreis enthalten sind oft Getränke und Speisen. Neben Sauna und Dampfbad gibt es meist eine Bar und separate Bereiche, in denen männliche Besucher mit Prostituierten ins Gespräch kommen. Die Einnahmen werden zwischen der Frau und dem Clubbetreiber aufgeteilt. Die Frauen sind entweder festangestellt, oder sie arbeiten auf eigene Rechnung beziehungsweise für einen Zuhälter, der sie häufig zum Club bringt und wieder abholt. Insider gehen davon aus, dass ein Großteil der Frauen in den Clubs nicht unabhängig von Zuhältern arbeitet.

Sexarbeit/Prostitution

Sexarbeit und Prostitution sind nicht dasselbe. Sexarbeit ist der neutralere Begriff, er beinhaltet keine negative Bewertung. Eine Sexarbeiterin ist eine Dienstleisterin, die einen sexuellen Service anbietet, um damit Geld zu verdienen. Das Wort Prostitution ist negativ belegt: Im Lateinischen bedeutet es, etwas „nach vorne zu stellen“ – sich preiszugeben oder auszustellen. Prostitution wird verbunden mit einem patriarchalen System –  Bordellen, Zuhältern und Freiern, die die Regeln diktieren. Bei einer Frau, die auf den Straßenstrich geht, um ihre Drogensucht zu finanzieren, würde man eher von einer Prostituierten sprechen, bei einer Frau, die sich mit Escort-Service ihren Lebensunterhalt verdient, eher von Sexarbeiterin. Bei einer jungen Frau aus Osteuropa, die im Bordell Sex anbietet, ist die Unterscheidung schwieriger – wenn sie dort arbeitet, um die Existenz ihrer Familie zu sichern, spräche man von Sexarbeit, würde sie von ihrem Vater oder Bruder unter Druck gesetzt, anschaffen zu gehen, von Prostitution. 

Sozialdienst katholischer Frauen (SkF)

Anlaufstelle im Caritasverband für Frauen und Familien in Not. Seit mehr als hundert Jahren engagiert sich der SkF in Köln für Prostituierte, informiert sie über Rechte und Pflichten, unterstützt sie bei Sorgen in Familie und Partnerschaft und hilft den Frauen beim Ausstieg, wenn sie das wünschen. Die  Geschäftsstelle ist am Mauritiussteinweg in der Innenstadt, Telefon 0221/12695-0.

Verrichtungsbox

Garagenähnliche Boxen auf dem Straßenstrich an der Geestemünder Straße in Niehl. Das fußballfeldgroße, eingezäunte Gelände eröffnete im Oktober 2001. Freier fahren dort zunächst durch eine Kontaktzone und dann mit den Frauen in eine der acht Boxen, die in einer alten Scheune untergebracht sind. Es gibt auch Container für Fußgänger oder Radfahrer. In jeder Verrichtungsbox ist ein Alarmknopf an der Wand. Während der Öffnungszeiten sind Sozialarbeiter auf dem Gelände anwesend, Ordnungsamt und Polizei kontrollieren das Gelände regelmäßig.

Weißer Ring

Hilfsorganisation für Menschen, die in Deutschland Opfer von Kriminalität geworden sind. Die ehrenamtlichen Betreuer beraten auch immer wieder Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution, unterstützen sie bei der Suche nach spezialisierten Rechtsanwälten, bei der Beantragung einer lebenslangen Opferrente oder mit der Zahlung einmaliger Soforthilfen bis zu 300 Euro. Zentrale Anlaufstelle auch für Menschen in Köln ist das Landesbüro in Düren, Telefon 02421/16622.

Zwangsprostitution

Eine besondere Form der Ausbeutung und seit 2016 ein eigener Straftatbestand neben dem Menschenhandel. Vor 2016 war der Begriff rechtlich nicht definiert. Bei Verurteilung drohen dem Täter zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Haft. Die meisten Opfer stammen aus Deutschland sowie aus Ost- und Südosteuropa. Häufig werden die Frauen angeworben, indem der Täter ihnen eine legale Arbeit etwa in der Gastronomie oder Hotellerie verspricht.

Das Prostituiertenschutzgesetz, das seit zwei Jahren gilt, schreibt Ihnen als Betreiber zum Beispiel vor, getrennte Arbeits- und Schlafplätze für die Frauen vorzuhalten. Wie setzen Sie das um?

Wir haben umgebaut und aus einigen Räumen Zwei- und Vierbettzimmer gemacht, in denen die Frauen, die das möchten, schlafen können. Es gab viele Gespräche mit der Stadt Köln, Begehungen und Abnahmen. Wir sind mit der Stadt und auch mit der Polizei regelmäßig im Austausch.

Das Gesetz wird von vielen Frauen, aber auch Betreibern scharf kritisiert. Was halten Sie davon?

Dieses Gesetz ist mehr ein Kontrollgesetz als ein Schutzgesetz für die Frauen. Manche Frauen wollen sich nicht anmelden und diesen Ausweis beantragen, weil sie nicht für den Rest ihres Lebens behördlich als Prostituierte registriert sein möchten.

Lesen Sie hier alle bereits erschienenen Folgen von „Köln im Rotlicht – Das Geschäft mit der Prostitution“ ->

Registrieren sie sich aber nicht, arbeiten sie illegal. Dann rufen sie aber auch nicht die Polizei, wenn ein Gast ihnen das Geld wegnimmt oder sich daneben benimmt. Davor haben sie Angst. Wie lösen sie dieses Problem? Indem sie sich jemandem anvertrauen, der ihnen Schutz anbietet – der so genannte Zuhälter.

Und der nimmt seinen Obolus dafür. Wir sind gerade wieder auf dem Weg, zwischen legaler und illegaler Prostitution zu trennen. Wenn wir diese Branche aber auch nur halbwegs in die Legalität ziehen wollen, dann dürfen wir sie nicht verteufeln, mit moralischen Wertvorstellungen belegen und in die Illegalität drücken. Sondern dann müssen wir diese Frauen akzeptieren und sie aus der Illegalität herausholen. Alles andere wäre ein Rückschritt in die Steinzeit.