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Passagen 2020Das sind die Empfehlungen der Redaktion für die Kölner Designroute

Lesezeit 15 Minuten
Raketenlampen aus Plastik (c) Armor Le Bihan

Raketenlampen aus Plastik  der Künstlergruppe Prince of Plastic

  1. Vom 13. bis zum 19. Januar zeigt das Festival parallel zur Möbelmesse an 160 Orten aktuelle Tendenzen des Designs, der Inneneinrichtung und der Architektur.
  2. Rund 150.000 Besucher kamen in den Vorjahren jeweils zur deutschlandweit größten Ausstellung dieser Art.
  3. Hier finden Sie Informationen und Empfehlungen unserer Redaktion. Der Text wird fortlaufend aktualisiert.

Köln – Bunte Raketenlampen aus Plastik, minimalistische Leuchten oder 3D-Tapete: Die Welt des Designs ist eine Fundgrube ausgeklügelter Produkte und Ideen. Bei der 31. Ausgabe der Schau „Passagen“ verwandelt sich die Stadt wieder in eine Bühne für lokale und internationale Designer. Vom 13. bis zum 19. Januar zeigt das Festival, das parallel zur Internationalen Möbelmesse stattfindet, an 160 Orten aktuelle Tendenzen des Designs, der Inneneinrichtung und der Architektur.

Intelligenter Stuhl von Philipp Starck

Intelligenter Stuhl von Philipp Starck für Kartell

Rund 150.000 Besucher machten sich in den Vorjahren jeweils zur deutschlandweit größten Ausstellung dieser Art auf: „Es kommen viele Fachbesucher und Multiplikatoren, aber auch normale Leute, die sich für ihre eigene Wohnwelt inspirieren lassen wollen“, sagt Sabine Voggenreiter.

Köln: Bars und Kulturinstitutionen sind dabei

Die Kulturmanagerin initiierte die Veranstaltung im Jahr 1989. Von Anfang an mit dabei waren etwa das Möbelhaus Pesch sowie das Museum für Angewandte Kunst. Das Spektrum ist heute groß: Die Protagonisten sind Galerien, Künstlerkollektive, Hochschulen wie die Technische Hochschule Köln und aus der Region (insgesamt fünf) und Kulturinstitutionen. Auch Bars wie das Hallmackenreuther oder das Hotel Monte Christo werden zu kreativen Schauplätzen.

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Massivholzmöbel des Kollektivs „Generation Köln“

Traditionell ist die Dichte der Aussteller besonders im Belgischen Viertel und in Ehrenfeld hoch. Dieses Jahr steht der Ebertplatz besonders im Fokus. Neben spectator x spectrum und dem Künstlerkollektiv Gold + Beton schlägt auch die Technische Hochschule am berüchtigten Platz auf. Nicht das einzelne Produkt zählt hier, sondern der konzeptuelle Ansatz der Design-Studenten. Sie verlassen die gewohnten Gefilde ihres Faches – den Privatbereich –, und widmen sich dem städtischen Raum und insbesondere dem Thema Mobilität. Am Beispiel der Nord-Süd-Fahrt entwickeln sie postautomobile Stadtvisionen, dabei gilt das Motto „mehr Fahrrad, weniger Auto“.

Auch die Südstadt ist Teil der Designroute

Auch die Südstadt ist im Kommen: Während das Veedel im Vorjahr erstmals Teil der Designroute war, etwa mit dem Vintage-Möbel-Geschäft Leo Leo am Ubierring, wächst die Zahl der Aussteller hier nun weiter: Neu dabei sind das Label Mokkox in der Elsaßstraße und das Geschäft Blickwerke in der Merowingerstraße.

Lampendesign von Serge Mouille

Lampendesign von Serge Mouille – zu finden beim Markanto Depot auf der Mainzer Straße

Ein Höhepunkt der Kölner Szene sind die Arbeiten des Kollektivs „Generation Köln“, die sich an der Schnittstelle zwischen Design und Handwerk bewegen. Die Designer trafen auf Handwerker aus dem österreichischen Bregenzerwald. Das Ergebnis: Massivholzmöbel aus Weißtanne. In der Galerie Martina Kaiser in der Bismarckstraße sind Prototypen einer ersten Möbelserie zu sehen.

Solch eine Schau lebt von ihrer Mischung, der Balance zwischen großen Namen und aufstrebenden Protagonisten, zwischen High-End-Produkten und konzeptuellen Entwürfen, so Voggenreiter. Zu den etablierten Firmen zählt der italienische Hersteller Kartell. In seinem Geschäft in der Hahnenstraße setzt er einen geschwungenen Stuhl von Designer Philipp Starck in Szene, der mithilfe von künstlicher Intelligenz erstellt wurde und aus recyceltem Material besteht. Bei der Firma Bossi dreht sich alles um die edel und abstrakt wirkenden Küchen von Designer Piero Lissoni: Diese setzen sich aus einzelnen Blöcken zusammen, die unterschiedlich kombinierbar sind.

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Während arrivierte Designer im Belgischen Viertel und auf der Möbelmeile auf den Ringen ausstellen, tummelt sich der Nachwuchs im Kreativviertel Ehrenfeld. Bei der „Designers Fair“ in der Ehrenfelder Pattenhalle können Besucher an einem Ort geballt die Produkte von 20 Jungdesignern entdecken: von funktionalen Regalen, handgefertigten Herrensandalen bis hin zu Wandschmuck aus Porzellan.

Das gesamte Programm unter:

www.voggenreiter.com/passagen2020

Das sind die Höhepunkte der Passagen 2020

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Räumliche Intervention

Interaktives Design: Leucht-Installation in der Kirche Sankt Michael

Es hat schon etwas Sakrales, wenn man die Kirche Sankt Michael betritt und von einem raumgreifenden Strahlen empfangen wird: Dafür verantwortlich sind 6000 beleuchtete Fläschchen à 100 Milliliter Wasser, die Studenten der Hochschule Düsseldorf zu einer spektakulären Installation zusammengestellt haben: „Mit den Farben erinnert das Ganze an ein Kirchenfester, bei der Form könnte man an ein Kirchenschiff denken“, sagt Eric Fritsch, wissenschaftlicher Mitarbeiter. Die Intervention unter dem Motto „Gemeinschaft“ sieht jeden Tag etwas anders aus: Tinte in den Primärfarben Magenta, Gelb und Cyan mischen die Besucher selbst ins Wasser. Die Kinder haben sichtlich Spaß, die Erwachsenen halten ihr Handy dran. Das ist interaktives Design.Samstag und Sonntag, 16 bis 20 Uhr,Brüsseler Platz. Samstag um 21 Uhr tritt die Kölner Indie-Pop Band „Girl“ auf.

Leuchtskulpturen

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Ein Werk von Tom Philippi

In einer alten Ehrenfelder Lagerhalle sind die Werke von Tom Philippi alias Funzel zu bewundern. Der Lichtkünstler hat hier aus (Elektro-)Schrott und Antiquitäten ein wundersames Kuriositätenkabinett geschaffen. Seine Lampen sind eher Skulptur als bloße Leuchtmittel. Sogar die Schneebesen leuchten hier.

Sonntag, 11 bis 18 Uhr,Lagerhalle Imi-Winery, Leyendeckerstraße 47

Sphärisch

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Experimentelles Design von Gold + Beton

Der Raum ist mit schwarzer Folie ausgelegt. Hier stellt Gold + Beton experimentelles Design aus: Etwa den Schaumstoff-Dreiteiler von Studiolow. Er suggeriert: Abgeschirmt von der Welt kann man auf ungewöhnlichem Grund liegen, dabei vielleicht rauchen oder trinken.

13 bis 20 Uhr,Alte Feuerwache, Melchiorstraße 3

Stabile Hocker

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Hocker von Amorce

Weich fühlen sich die Hocker der belgischen Designer von Amorce Studio an: Zieht man die gelbe Schnur zusammen, versteift sich das Gebilde. Bei den Sitzgelegenheiten aus Kunstfaser sei es ihnen um das Experiment mit dem Material gegangen, sagt Kurator Christian Heufelder. Und platzsparend sind sie auch noch.

Samstag, 14 bis 21 Uhr, Sonntag, 13 bis 17 Uhr,Kunstverein Kölnberg, Aachener Straße 66

Strom von Hennes

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Das „Stromtier Hennes“

Ob das „Stromtier Hennes“ , das sich an das FC-Maskottchen anlehnt, in jeden Haushalt sollte – darüber sei wild diskutiert worden, so Kurator Heufelder. Originell ist die Holzkonstruktion mit Dreifachstecker oben drauf von Njustudio allemal.

Samstag, 14 bis 21 Uhr,Kunstverein Kölnberg, Aachener Straße 66

So wird das Trend-Thema Nachhaltigkeit bei den Passagen umgesetzt

Das Trend-Thema Nachhaltigkeit bestimmt auch diese Möbelmessen-Woche. Während mancher Hersteller sich einfach gern mit grünen Visionen brüstet, ist für viele Designer bei den Passagen nachhaltiges Herstellen mehr als nur eine öffentlichkeitswirksame Idee.

Ob Stein, Holz, Stahl oder Baumwolle – fest steht, dass naturbelassene Materialien sowie deren ökologische Verarbeitung hoch im Kurs sind. „Meine Werkstücke bestehen aus unbehandeltem Stahl und sind zum Schutz nur etwas geölt. Draußen würden sie rosten“, sagt Sabine Bockemühl. Die Wiehlerin hat ihre minimalistischen Hocker und Tische, die sich auch zu Regalen umfunktionieren lassen, beim Raumausstatter „Art of living“ in der Brüsseler Straße platziert. So können die Besucher gleich darüber sinnieren, welche Farben und Muster mögliche Polster etwa für die Hocker haben könnten. „Das ist das Schöne an den Passagen. Im besten Falle stellt man in einem Geschäft aus, mit dem man sich ergänzt“, sagt die Designerin.

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Sabine Bockemühl mit Tischen und Hockern aus geöltem Stahl

Kölner Passagen: Arbeit ohne Chemikalien

Ohne Chemikalien arbeitet auch die Möbelmanufaktur Herr Lars, die zeitweise bei Monsieur Courbet in der Maastrichter Straße zuhause ist. Lack kommt in der Werkstatt des Münsterländer Labels nicht auf den Tisch: Man greift lieber auf bewährte Mittel zurück, um das Holz dunkel einzufärben. „In der Landwirtschaft wird Dung von Tieren zum Räuchern verwendet. Wir stellen das mit Ammoniak nach“, sagt Christian Brückner.

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Die Manufaktur Herr Lars baut Holz-Möbel.

An den Tischen kann man zum Teil noch die Jahresringe des Baums nachzählen. Wie alt die Eiche wohl geworden ist? „Wir beziehen das Eichenholz aus nachhaltiger Forstwirtschaft aus einem Umkreis von 200 Kilometern“. Für jeden Baum, der durch die Hände des Gesellen und seines Meisters geht, lässt das Unternehmen ein bis zwei neue Bäume pflanzen, erzählt Brückner.

Kölner Passagen: Das sind grüne Trophäen

Als Beweis für gelebte Nachhaltigkeit rahmt das Geschäft Hästens in der Brüsseler Straße seine Gütesiegel ein – vom Latex-frei-Siegel bis hin zum FSC-Siegel für guten Wald und gutes Holz. Das sind grüne Trophäen, die dem Kunden signalisieren sollen: Wir meinen es ernst.

„Bis auf das Metall können Sie das Bett so in die Natur legen. Es würde dort verrotten“, sagt Hästens-Geschäftsführerin Christiane Brors. Das schwedische Traditionsgeschäft rund um das Thema Schlaf verfolge schon seit Gründung 1852 ökologische Ziele.

Wie um das zu demonstrieren, baumeln hier Baumwollpflanzen in einem dekorativen Arrangement von der Decke. Im hinteren Raum hängt eine Rosshaar-Installation über den Betten. „Wir achten auf artgerechte Haltung der Tiere, beim Anbau werden wenig Pestizide verwendet und wir verzichten auf Klebstoff sowie auf Spanplatten“, erläutert Brors. Sie nerve, dass viele Hersteller nun auf den Nachhaltigkeits-Zug aufspringen würden – dieses sogenannte Greenwashing sei weit verbreitet. Auch Latex ist bei dem Betten-Hersteller verpönt. „Viele sagen, dass sie mit Natur-Latex arbeiten. Aber das gibt es nicht. Um aus Kautschuk Latex zu machen, ist viel Chemie nötig“.

Wiederverwertung von Müll bei den Kölner Passagen

Was könnte langlebiger sein als die Wiederverwertung von Müll? Der Belgier Joachim Froment verwandelt Reste zu Möbeln: Was die Brüsseler wegwerfen, bereitet der Designer für einen 3D-Drucker auf. Erstaunlich stabil sind diese geschwungenen, schwarz eingefärbten Sessel, die beim Designers Tower auf der Aachener Straße zu sehen sind. Hier sitzt man buchstäblich auf teurem Abfall – ganz schön nachhaltig.

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Sessel aus Müll im Kunstverein Kölnberg 

Noch bis 19. Januar zeigt das Festival parallel zur Möbelmesse an 160 Orten aktuelle Tendenzen des Designs, der Inneneinrichtung und der Architektur. In den Vorjahren kamen jeweils rund 150.000 Besucher.

www.voggenreiter.com/passagen2020

Licht ist ein Schwerpunktthema der Passagen

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Aus Elektroschrott baut Tom Philippi ungewöhnliche Leuchten.

Mit großen Glühbirnen-Augen schaut uns ein alter Infrarot-Strahler an. Wenn Elektroschrott plötzlich mütterliche (oder väterliche) Gefühle weckt – dann war „Funzel“ am Werk. So nennt sich Tom Philippi, der in seiner Kölner Werkstatt Müll und Antiquitäten aller Art zum Leuchten bringt. Ein wundersames Kuriositäten-Kabinett, das die Besucher der Passagen in einer Ehrenfelder Lagerhalle bestaunen können.

Eine alte Schneiderpuppe schwenkt einen leuchtenden Schneebesen, in den Gehäusen von Röhren-Fernsehern erschafft Philippi ganze Licht-Welten.

Grenzen zwischen Handwerk und Kunst entdecken

Objekte wie die von Funzel machen den Charme der Passagen aus. Entdeckungen an der Grenze zwischen Handwerk und Kunst in versteckten Hinterhöfen, Ateliers oder Industriegebäuden. Und ein Glas Wein oder einen Cocktail gibt es abends oft auch noch dazu.

Beleuchtung ist eines der großen Themen des diesjährigen Programms. Warum das so ist, demonstriert Occhio am Kaiser-Wilhelm-Ring. Ein großes Gebirgspanorama bedeckt eine Wand des Occhio-Showrooms. Der Geschäftsführer des Licht-Spezialisten lässt darüber die Sonne auf- und untergehen oder taucht das Bild in düstere Nebelstimmung. Und der Kunde versteht: Mit dem falschen Licht sieht selbst sein teures Designer-Sofa nach nichts aus.

Wenn kein Müll weggeworfen wird

Occhio bedient in seinem Hochglanz-Flagship-Store das Luxus-Segment. Das Kontrastprogramm gibt es nur ein paar Straßen weiter beim o.k.-Versand. Hier baumelt ein Kronleuchter aus Plastikmüll von der Decke. Der Pariser Künstler Regis-R ist ein leidenschaftlicher Wiederverwerter – beruflich wie privat. „Er schmeißt nichts weg. Wirklich gar nichts“, betont seine Assistentin, die den Kronleuchter gerade aufhängt. Ein alter Sauerkraut-Eimer bildet die Basis einer bunten Standleuchte, sogar eine Kalaschnikow aus Plastikschrott von Regis-R ist hier ausgestellt.

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Sebastian Kutscher (AAPstudio) 

Gleich gegenüber gibt es ebenfalls Leuchten zu sehen. „Die sind aber auch schön, wenn sie gar nicht an sind“, findet der Kölner Designer Sebastian Kutscher (AAP Studio), der auch in Köln produzieren lässt. Mit seinen Entwürfen aus kunstvoll gebogenen Stahlrohren bewegt er sich in der Grauzone zwischen Skulptur und Alltagsgegenstand. Die Ausstellungsstücke sind brandneu – der Designer hofft, dass sich jetzt genügend Liebhaber finden, um damit in Serie zu gehen. Er selbst liebt seine Lampen-Premieren auf jeden Fall: „Vor allem die orangene ist eine Herzensangelegenheit“.

Orangen Passagen-Banner sind eine Einladung hereinzukommen

In Ehrenfeld sind in diesen Tagen an beinahe jeder Straßenecke die orangefarbenen Passagen-Banner zu sehen – eine Einladung, hereinzukommen und sich umzuschauen. In der Pattenhalle stellen auf der „Designers Fair“ mehr als 20 junge, internationale Designer ihre Entwürfe aus. Darunter auch die rumänische Künstlerin Catrinel.

Selbst die unscheinbarsten Alltagsmaterialien können Kunst sein. Dieser Grundgedanke treibt auch Catrinel an. In ihre runden Lampen lassen sich Filter-Scheiben einsetzen. Darin ist zum Beispiel bloß ein bisschen zerknautschte Plastikfolie. Etwas öde sieht das aus. Doch sobald Licht darauf trifft, leuchtet die Folie plötzlich in den schillerndsten Farben auf. Und wenn die Künstlerin an den Scheiben dreht, verändern sich die Bilder wie bei einem bunten Kaleidoskop.

Was ist wertvoll und was nicht? Ist unser Müll wirklich für die Tonne? Mit diesen Fragen wird der Passagen-Besucher immer wieder konfrontiert. Sicher ist nach einem Rundgang nur: Alles kann leuchten, wenn wir es nur wollen.

Die Südstadt als spannende Alternative

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Daniel Tschannen bei „Leo Leo“

Dass Design gut aussieht, sollte selbstverständlich sein. Umso besser, wenn es auch noch so gut riecht wie bei „Leo Leo“ in der Südstadt. In dem Ladenlokal voller Vintage-Möbel und -Deko duftet es angenehm nach Holz. „Zirbelkiefer“, erklärt der Designer Daniel Tschannen, der daraus Verkleidungen für Heizkörper baut. Und die sind nicht nur deutlich hübscher als handelsübliche Heizungen – durch die Wärme entfaltet sich der Duft auch besonders gut, der übrigens entspannend wirken und den Herzschlag beruhigen soll.

Allerdings schlägt das Herz gleich wieder höher beim „Pasta-Passagen-Mittagstisch“, den „Leo Leo“ ebenfalls in seinen Räumen beherbergt. Und nach den Nudeln können sich die Passagen-Besucher auf der stromlinienförmigen Bodenliege entspannen, die Daniel Tschannen aus Fertigparkett formt.

Die Südstadt ist gut vernetzt

Die Südstadt ist erst zum zweiten Mal beim Passagen-Programm dabei. Und im Vergleich zu Ehrenfeld oder dem Belgischen Viertel geht es hier immer noch ruhiger zu. Aber „Leo Leo“ und die anderen Aussteller im Viertel sind angetreten, das zu ändern: „Wir sind hier so eine Art gallisches Dorf. Aber wir unterstützen und empfehlen uns gegenseitig und am Mittwochabend treten wir an, um ganz Ehrenfeld und das Belgische Viertel leer zu machen!“, sagt Ladeninhaber Leo Leo selbstbewusst. Dabei setzen die Südstädter auf eine Strategie, die erfahrungsgemäß in Köln gut funktioniert: Getränke und Musik. Und spannendes Design natürlich.

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Im Kunstraum Grevy: Gunnar Zeitz und Helmut Stürtz

Gemeinsam läuft es besser als für Einzelkämpfer – das ist auch der Grundgedanke des „Kunstraum Grevy!“. In einem Hinterhaus in der Rolandstraße haben sich Künstler zusammengetan, um im Wechsel ihre Werke zu präsentieren.

Gerade sind Werke von Ursula Traschütz zu sehen, die Papierobjekte aus alten Büchern gestaltet. Und Helmut Stürtz zeigt verfremdete Fotografien, die er oft mit Literaturzitaten kombiniert. „Ich habe mir wegen der Passagen extra die Ausstellung Januar gesichert“, erzählt der Künstler. In diesem Jahr hat er sich mit der Design-Tischlerei Knopp und Zeitz und mit einem Betondesigner zusammengetan. „Im vergangenen Jahr sind in der Passagen-Woche weit über tausend Besucher zu uns gekommen“, erinnert sich Helmut Stürtz – und das seien deutlich mehr als normalerweise.

Das Passagen-Programm bietet die ganze Brandbeite

Vom Badewannen-Kissen über den skandinavischen Salzstreuer, vom Luxus-Segment über Kunst bis zu Nachwuchs-Arbeiten – das Passagen-Programm bietet die gesamte Bandbreite. Das kann man beliebig finden – oder sich über die Vielfalt freuen. Und darüber staunen, auf welchem Niveau beispielsweise im Richard-Riemerschmid-Berufskolleg gearbeitet wird.

Die Betonschalen mit glänzender Innenfläche beispielsweise, die hier angehende Maler und Lackierer präsentieren, könnten auch in einem Showroom an den Ringen stehen. Und wären dann vermutlich ziemlich teuer.

Am Ausstellungsort Ebertplatz dominieren Performances und Konzepte

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Der Passagen-Tag am Ebertplatz beginnt mit Meditation.

Auf einem Bildschirm flackert ein Kaminfeuer, der Raum ist im Innern in lilafarbenes Licht getaucht. Ein wenig dunkel ist es in den Ebertplatz-Passagen, wo sich diese Szene abspielt: Junge Künstler sitzen auf Sandsäcken im Kreis und meditieren. Was das mit Design zu tun hat?

Die Künstler um das Kollektiv Gold + Beton möchten eine Woche lang mit Performances, Installationen und Gruppenerfahrungen, die im Rahmen des Festivals Passagen stattfinden, den Verlust gesellschaftlicher Rituale beklagen: wie etwa aufrecht zu sitzen und sich dabei wie um ein Lagerfeuer herum Geschichten zu erzählen. Oder ein Musikalbum in Zeiten von Streaming und musikalischen Endlosschleifen in seiner ganzen Abgeschlossenheit zu genießen.

Orientierung im Alltag

Rituale sind das Zuhause der Zeit: Wie ein schön und persönlich eingerichtetes Heim geben sie Orientierung im Alltag. Das haben die Künstler vom Philosophen Byung-Chul Han gelernt, der mit seinem Werk „Vom Verschwinden der Rituale“ die theoretischen Grundfesten für die Aktionen der jungen Designer liefert.

So beginnt jeder neue Tag ab 15 Uhr mit einer kurzen Meditation. In einem Topf, der von einer Konstruktion aus Ketten und neonpink-eingefärbtem Hartplastik herunterbaumelt, gibt es Tee für die Gäste. „In dieser Woche kann man bei den Passagen so viel sehen und hat so viele Eindrücke. Die Leute sollen mit der Meditation erst einmal zur Ruhe kommen“, sagt Hannah Kuhlmann, eine der Kuratorinnen.

In der Alten Feuerwache im Agnesviertel zeigt das Kollektiv allerdings auch verdinglichtes Design: experimentierfreudige Produkte von 29 Künstlern.

Schnittstelle von Kunst und Architektur

Am Ebertplatz dominieren aber die konzeptuellen Ansätze des Festivals, die sich auf der Schnittstelle von Kunst und Architektur bewegen. Städteräumliche Visionen wagen ein paar Meter weiter die Studenten der Köln International School of Design. In ihrer Ausstellung „Straßenland“ entwickeln sie postautomobile Perspektiven am Beispiel der Nord-Süd-Fahrt.

„Wir haben uns gefragt, wie man den öffentlichen Raum entlang der Nord-Süd-Fahrt gestalten könnte, wenn es keinen Autoverkehr mehr gäbe“, sagt Student Christian Wild von Hohenborn und deutet auf seine Grafiken hin, die die etwa drei Kilometer lange Verkehrsachse in vier Abschnitte teilt: in den Bereich um die Ulrichgasse, den Offenbachplatz, die Tunisstraße und die Riehler Straße.

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Fotos dokumentieren die Entwicklung der Nord-Süd-Fahrt.

In einer von Fahrrädern und Fußgängern dominierten Zukunft soll auf freigewordenen Straßen Platz sein für Spiel- und Sportgeräte, Bühnen für Kunst und Kultur und Schrebergärten in der Nähe des Grüngürtels. „Das ist mehr ein Idealbild als eine Anleitung. Wir wollen einen Prozess anstoßen und ins Gespräch kommen“, sagt der Student.

Eine Grafik zeigt auch ein Schreckensszenario: hektisch gebaute, klotzige Bauten, die den Leerstand füllen. Dieser Blick in die Zukunft setzte zunächst auch die Beschäftigung mit der Entstehungsgeschichte der Nord-Süd-Fahrt voraus. Studentin Anna-Lena Derksen hat sich eigens dafür ins Rheinische Bildarchiv begeben und ist auf Fotos aus den 60er Jahren gestoßen; vom Katasteramt bekam sie alte Karten. „Der Bau hat damals viele Kontroversen ausgelöst, weil Straßen auseinandergerissen wurden.“ Der ausgestellte Bildband „Unter Krahnenbäumen“ des legendären Kölner Fotografen Chargesheimer zeige die Straße, „bevor ein breiter Autoverkehr sie durchteilte“, sagt die Studentin. „Die Menschen haben hier gefeiert, gelebt.“

Traditioneller Passagen-Abend im Möbelhaus Pesch

„Ich möchte das Haus haben, das in Europa die Nummer eins ist. Und da sind wir auf dem Weg“, sagt Alf Busse, Geschäftsführer des Möbelhauses Pesch, das seit drei Jahrzehnten an den Passagen teilnimmt. Im Herbst ist es zehn Jahre her, dass der Dortmunder Busse nach Köln kam, um die Institution am Kaiser-Wilhelm-Ring zu retten. Was der 54-Jährige damals gemacht hat, hat er nach eigenen Worten in den zurückliegenden Wochen wiederholt – sprich: „noch einmal alles auf links gedreht“.

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Die Pesch-Geschäftsführer Alf Busse (l.) und Frank Ziegler

Nahezu die gesamte Ausstellungsfläche ist neu konzipiert und umgebaut: Insgesamt hätten er und Mit-Geschäftsführer Frank Ziegler eine Million Euro in die Hand genommen, um auch Beleuchtungssystem, Lüftungsanlage und Klimatechnik zu erneuern. Sowohl der neue Minotti-Showroom als auch die Präsentation von B&B Italia, Poliform und Rimadesio sei „in Größe und Güte in Deutschland schwer zu finden“, sagt Busse mit Blick auf die Neuheiten aus der Welt der Kleiderschränke, Küchen oder Polstermöbel.

Kölner Passagen: 2000 Gäste besuchen Ausstellungsfläche

So gesehen gibt es in diesem Jahr keine einzelnen Passagen-Highlights, „sondern eine Zusammenfassung vom Allerfeinsten“. Dem Unternehmen gehe es besser denn je, betont Busse.

Als sich am Dienstag anlässlich des traditionellen Pesch-Abends die dekorative Berkel-Aufschnittmaschine warmlief und die acht großen Schinken zerteilte, pilgerten annähernd 2000 Besucher über die Ausstellungsfläche, darunter Roberto und Alessandro Minotti samt Kindern, Alberto Spinelli (Poliform) mit Gefolgschaft, Vitra-Chefin Nora Fehlbaum, Wittmann-Chef Hartmut Röhrig sowie die Designer Rodolfo Dordoni und Sebastian Herkner.