Wahnheide – Eigentlich ist es ein lang vorbereiteter Abschied. Schon vor drei Jahren hat Marietta Wischmeyer, seit 2003 Leiterin der Pestalozzischule, angekündigt, dass sie Altersteilzeit beantragt hatte. Jetzt, da ihr Abschied Ende des Schuljahres immer näher rückt, wirkt sie dennoch etwas wehmütig. Trotzdem blickt sie sehr zuversichtlich in die Zukunft der Förderschule für Kinder und Jugendliche mit geistiger und körperlicher Behinderung.
„Es ist ein Wechselbad der Gefühle“, gibt die bald 63-Jährige seufzend zu. „Aber jetzt ist ein guter Zeitpunkt, sich zu verabschieden: Der Schule geht es gut und mit meiner bisherigen Stellvertreterin Johanna Kanschat haben wir eine sehr gute Nachfolgerin gefunden.“
Nach Wahnheide kam Wischmeyer 1983, wo sie zunächst nur unterrichtete, bis sie 1997 Konrektorin wurde. Zuvor hatte sie zunächst in Gelsenkirchen Sozialpädagogik und anschließend in Köln Sonderpädagogik studiert. Als sie Anfang der 1970er Jahre nach Köln zog, baute sie die Förderschule in Nippes mit auf. Sie gehörte damals zu den Vorreitern, die dabei halfen, die inzwischen differenzierte Lernlandschaft für Schüler mit Behinderung zu entwickeln. Heute müsse erneut um diese Vielfalt der Schullandschaft gekämpft werden, sagt sie.
Individuell entscheiden
Denn die aktuelle Diskussion zum Thema Inklusion hält sie oft für polarisierend und ärgert sich darüber, dass Förderschulen unterstellt werde, schlecht zu seien. „Durch die Inklusion werden viele Türen geöffnet, und das sollte man nutzen, um je nach Entwicklungs- und Bildungsstand der Kinder und Jugendlichen individuell zu entscheiden, welche Schulform für sie die richtige ist und welche Bedürfnisse sie haben“, sagt Wischmeyer bestimmt. Auch nach mehr als 30 Jahren an der Pestalozzischule ist sie noch mit Herzblut dabei. Im Laufe der Jahre seien an der Schule viele Konzepte entwickelt worden, um sich auch nach außen zu öffnen. Als Beispiele nennt sie Kooperationen mit der Grundschule „Neue Heide“ und mit der Otto-Lilienthal-Realschule. „Einmal pro Woche besuchen uns Grundschüler und nehmen an Arbeitsgemeinschaften teil“, schildert Wischmeyer. Seit rund zwei Jahren bestehe zudem das Projekt „Inklusion umgekehrt“, bei dem Realschüler ab der siebten Klasse in den Alltag der Pestalozzischule integriert werden. Solche differenzierten Lernangebote seien Ergebnis einer Gemeinschaftsarbeit von Schülern, Lehrern, Eltern und der Schulleitung, und könnten als Erfolgsmodell gesehen werden: „In einer Zeit, in der die finanziellen, personellen und räumlichen Mittel für die Inklusion nicht ausreichen, sollten die vorhandenen Lernwelten nicht zerschlagen werden“, sagt Wischmeyer. Vielmehr sollten sich die einzelnen Einrichtungen auf regionaler Ebene besser kennenlernen und kooperieren. Mit Rückblick auf ihr Berufsleben verspüre sie eine große Dankbarkeit, sagt die Schulleiterin weiter. „Ich habe meinen Beruf sehr geliebt.“ So habe sie immer viel Raum für Kreativität und neue Ideen gehabt.
Mehr Zeit für Freunde
„Bestimmt wird mich in ein paar Monaten auch eine große Traurigkeit einholen, denn die Schüler mit ihrer besonderen Lebendigkeit und Lebensfreude werden mir sehr fehlen.“ Dennoch sei sie nun gespannt auf den nächsten Lebensabschnitt. Dann möchte sie ihrer Lebensgefährtin und ihren Freunden mehr Zeit widmen und wolle außerdem Literatur-, Philosophie- und Kunstseminare besuchen. Doch auch in Zukunft will sie sich weiter für die Sonderpädagogik engagieren, verspricht Wischmeyer. „Zum Beispiel im Berufsverband und in Kooperation mit der Uni Köln.“