Das „Papa Madeo“ in Ensen stand vor dem Aus. Doch die Kundschaft und neue Wirtin Claudia Bergrath halten die urige Kneipe am Leben.
Auf ein Kölsch„In Porz ist das Leben noch so, wie es in vielen kölschen Liedern besungen wird“
Das „Papa Madeo“ in Porz-Ensen steckt voller alter Geschichten – die der einzelnen polierten Flasche neben mehreren verstaubten ist eine davon. Sie ist Zeugnis eines Fauxpas von Claudia Bergrath, seit drei Jahren Wirtin: „Als ich sie sauber machen wollte, wurde ich direkt zurückgepfiffen“, sagt die 56-Jährige und lernte: Im „Papa Madeo“ ist es am besten, wenn alles bleibt, wie es ist.
Dieser Grundsatz gilt auch für die neue Wirtin, die selber lange zu den Stammgästen zählte. Denn im „Papa Madeo“ sind es die Gäste selbst, die die kölsche Kaschemm am Leben halten.
Wieso sind Sie Wirtin geworden?
Das „Papa Madeo“ hätte eine dieser Kneipen sein sollen, über die man an Tischen farbloser Bistro-Ketten spricht, in die man hätte ausweichen müssen, weil das Kneipensterben um sich greift.
Auch für das „Papa Madeo“ war diese Zeit 2016 gekommen: Der alte Wirt Harry Schmidt stellte das letzte Kölsch auf den Tresen. „Es gab dann einen Zwischenwirt, der die Kneipe übernehmen wollte, aber dem kam die Corona-Pandemie dazwischen“, sagt Bergrath. Der Schenke drohte das endgültige Aus. Doch das wollten die Gäste, zu denen auch die 56-Jährige zählte, nicht zulassen.
„Also haben wir mit dem Vermieter gesprochen und die Stammkundschaft hat sich eingebracht: Ein Elektriker hat die Leitungen repariert, eine Künstlerin das Ölbild hinter der Theke restauriert. Jeder tat, was er kann“, schildert Bergrath.
Ihr fiel die Rolle der Wirtin zu. „Weil ich gut organisieren kann“, sagt sie. Eigentlich betreibt sie einen Friseurgroßhandel. „Wenn ich mal nicht pünktlich aufmachen kann oder jemand krank ist, rufe ich einen der Gäste an, viele haben einen Schlüssel und sperren schon mal auf“, so Bergrath.
Was lieben Sie an Ihrem Job?
Es sei ein schöner Ausgleich zum Job, sagt Bergrath. „Ich habe mich schnell dran gewöhnt. Ich habe Spaß am Austausch mit den Gästen.“ Sie führte die Live-Konzerte wieder ein, die jahrelang Teil der Kneipenkultur im „Papa Madeo“ gewesen waren. „Gage kann ich nicht zahlen, aber die Bands dürfen einen Hut herumreichen.“ Ärger mit der Nachbarschaft gebe es keinen. „Die wissen, wann bei uns Schluss ist und können zur Not auch anrufen“, sagt sie.
Das „Papa Madeo“ sieht auf den ersten Blick nicht aus wie eine Kneipe. Es ist ein kleiner Laden, versteckt hinter einer Schaufensterscheibe zwischen Häuserzeilen der Kölner Vorstadt. Und erinnert mehr an eine Eisdiele oder eine Metzgerei, die bis 1976 auch tatsächlich mal hier drin waren, doch selbst von den Stammgästen vergessen worden sind.
Ebenso der Name des Italieners, der der erste Wirt der Kneipe war. Aber dessen Vater Amadeo war es, der ihr ihren Namen gab: Papa Madeo eben. Und das Krokodil, heute Logo der Kneipe, hatte mal ein Gast gezeichnet. Bergrath machte es zum Maskottchen der neuen Ära.
Welches Highlight bleibt Ihnen in Erinnerung?
Ein Highlight war für Bergrath der Tag, als „der Italiener“ einmal in seiner alten Kneipe vorbeischaute – wann genau, das spielt im „Papa Madeo“ wie so oft keine Rolle. „Er lebte mittlerweile in Passau, aber war zu Gast in Köln und wollte gucken, was aus seiner alten Kneipe geworden ist, die ganzen Stammgäste treffen, die zusammen mit ihm alt geworden waren“, erzählt Bergrath.
„Es war Mitte der Woche, aber der Laden war sowas von voll, als vier Generationen von Wirten aufeinander trafen. Es war ein wunderschöner Abend und der Italiener hatte Tränen in den Augen.“
Was gefällt Ihnen am Veedel?
Bergrath hat nie in Porz gelebt, ihr Viertel ist das Belgische, immer gewesen. „Das ‚Papa Madeo‘ habe ich als Jugendliche kennengelernt und war oft hier“, sagt sie.
Und doch sei Porz ein Veedel, das noch so sei, wie in vielen kölschen Liedern besungen. An ihrer Theke habe mal ein alter Mann gesessen, dessen Frau vor Kurzem gestorben sei. „Da sagte der Erste: Ich koche für dich. Der Zweite: Ich schenke dir einen alten Laptop, damit du wieder E-Mails schreiben kannst. Jeder kennt ihn aus dem ‚Papa Madeo‘, das ist das Schöne an Köln.“
Was beschäftigt die Menschen an der Theke?
„Die Leute reden über Lokalpolitik, sie beschäftigt, was bei ihnen im Veedel los ist – zum Beispiel die Planung des Radwegs am Rhein“, sagt Bergrath.
Ansonsten: „Der normale Klatsch und Tratsch.“ Feste und Vereinsleben, das halte die Menschen zusammen. „Denn dort kennt man sich oder hilft mit.“
Papa Madeo in Ensen
- Was kostet ein Kölsch? Im „Papa Madeo“ gibt es Reissdorf Kölsch für 1,80 Euro. Aber auch Guinness und irischen Whiskey zapft Claudia Bergrath regelmäßig, weil sich die Gäste dies bei ihr wünschen.
- Wird der FC übertragen? FC-Spiele sind im „Papa Madeo“ nicht zu sehen, dafür müssen Gäste in die Marktschänke ausweichen. Bergrath: „Ich will keine Konkurrenz sein, dafür machen die keine Livemusik.“
- Wird Karneval gefeiert? An Karneval wird an allen Tagen gefeiert – und die Gäste räumen sogar selbstständig auf.
- Gibt es Sitzplätze draußen? Bei gutem Wetter stellt Claudia Bergrath ein paar Tische in der Einfahrt auf. Aber den urigen Charakter der Kneipe erlebt man ohnehin nur drinnen.
- Adresse: „Papa Madeo“, Oberstraße 21 in Porz-Ensen. Telefon: 0175/4139775. Öffnungszeiten: Täglich außer montags, im Sommer ab 19 Uhr, im Winter ab 20 Uhr. Ende offen.
Serie „Auf ein Kölsch“
Therapeut, Kummerkasten, Lebensberater, Gesprächspartner – Wirte und Wirtinnen haben häufig noch ganz andere Jobs als lediglich den Ausschank von Kölsch oder anderen Getränken. Wir gehen für unsere neue, in unregelmäßigen Abständen erscheinende Serie „Auf ein Kölsch“ in die Veedel-Kneipen und sprechen mit Wirten und Wirtinnen darüber, was sie an ihrem Job lieben, was ihnen im Veedel fehlt und was ganz hervorragend läuft. Und natürlich wollen wir auch wissen: Wird der FC übertragen? Wird Karneval gefeiert?