Vor 20 Jahren hat Rolf Effenberger die Auffangstation für Tiere in Zündorf ins Leben gerufen.
Lange durften seine Tiere auf der Obstwiese gleich neben dem Zoogelände grasen.
Doch nun sucht der Streichelzoo händeringend einen neuen Platz für die Tiere. Die Stadt hat die Wiese gesperrt, alle Versuche am Weideverbot zu rütteln, sind bisher gescheitert.
Zündorf – Das frische, leckere Futter wächst gleich nebenan – die Esel, Ponys oder Lamas von „Rolfs Streichelzoo“ dürfen dort aber seit einiger Zeit nicht mehr weiden. Die Obstwiese gleich neben dem Zoogelände am Tulpenweg ist nach städtischer Festlegung nämlich eine Sukzessionsfläche, für die es eine „Mindernutzung“ wäre, wenn dort Tiere grasten. Jetzt muss der Verein, der den Streichelzoo betreibt, neue Weideflächen finden und hat Hilferufe bis in den Rhein-Sieg-Kreis geschickt.
Tierfreunde aus der Umgebung sehen das Verbot als städtische Attacke auf den überaus beliebten Streichelzoo und haben eine Unterschriftenaktion gestartet. Rolf Effenberger, der die Auffangstation für Tiere vor 20 Jahren ins Leben gerufen hat, vermutet hinter immer mehr und arbeitsaufwendigeren Auflagen für die Einrichtung einen deutlichen Hinweis darauf, „dass man uns hier nicht will“.
Obwohl sich Politiker quer durch die Fraktionen und auch die Spitze der Porzer Bezirksverwaltung für die Zoo-Belange eingesetzt haben, ist bisher am Weideverbot nicht zu rütteln und kein ortsnaher Ersatz in Sicht. „Ich versuche, alle Akteure an einen Tisch zu bekommen, damit eine Lösung gefunden wird“, verspricht der Porzer Bezirksamtsleiter Karl-Heinz Merfeld. Viele Menschen hätten ihm bestätigt, wie sehr ihnen das Herz aufgeht, wenn sie die Tiere dort weiden sehen oder den Streichelzoo besuchen.
Deutsche Bahn beschwert sich bei Kölner Streichelzoo
„Der Streichelzoo ist eine solche Bereicherung und bietet Kindern wunderbare Möglichkeiten, Tiere aus der Nähe kennenzulernen“, sagt Merfeld. Da solle es doch möglich sein, eine gute Lösung zu finden.
Das lange als Weide genutzte und jetzt verbotene Grundstück gehört der Stadt und ist an die Deutsche Bahn verpachtet. Die ließ dort als Ersatz für anderweitige Eingriffe in die Landschaft Obstgehölze pflanzen. Nach Beschwerden, es habe Beschädigungen an den Bäumen gegeben, hat Effenberger nach eigenen Worten für Abhilfe gesorgt. Die Ziegen, die tatsächlich Bäume anknabbern, ließ er schon lange nicht mehr dort grasen.
Für neuerliche Baum- und Fraßschutz-Schäden seien allerdings Menschen verantwortlich, die zur Obsternte an Bäumen rissen oder darauf herumkletterten, sagt Effenberger. Alternativen wie eine Weidenutzung der gegenüberliegenden Hundewiese oder des angrenzenden Bolzplatzes hätten sich nicht realisieren lassen. „Wir wollen ja auch niemanden vertreiben“, sagt Rolf Effenberger. Wenn der Verein die Tiere aber künftig beispielsweise nach Niederkassel transportieren müsse, schaffe das zusätzlich zu den vielen Auflagen bei der Tierhaltung weitere Probleme. Und die Porzer Tierfreunde könnten die Lamas oder Esel dann nicht mehr ortsnah sehen.
Effenberger, der auf dem elterlichen Grundstück eine Gärtnerei betreibt, hat vor 20 Jahren die ersten Papageien aufgenommen, die Privatleute abgeben wollten. Dann kamen Ziegen, Gänse, Kaninchen, Schafe, kleine Schweine und Bauernhoftiere hinzu, um die sich die Vorbesitzer nicht mehr kümmern konnten oder wollten. Sogar Kängurus und Lamas, Emus und Pfauen wurden bei ihm abgegeben. „Es war nie meine Absicht, einen Zoo zu betreiben. Die Tiere sind einfach hergebracht worden und ich habe mich gekümmert“, erinnert er sich. Auf dem Areal hinter der Gärtnerei, wo bis dahin Gerätschaft lagerte, wurden Gehege geschaffen. Seit 2011 wird das Zuhause für abgegebene oder aufgefundene Tiere von einem Verein betrieben. Tierpfleger kümmern sich um die artgerechte Haltung und beziehen die viele Tierpaten auf Wunsch zuweilen in die Arbeit ein.
Kinder profitieren von dem Kontakt mit den Zootieren
Tieren so nah kommen zu dürfen ist ein beglückendes Erlebnis für Kinder, die in der Stadt aufwachsen. Für Menschen mit Behinderung ist ein Besuch im Streichelzoo aber weit mehr. Der Sonderpädagoge Holger Peters, zweiter Vorsitzender des Vereins Rolfs Streichelzoo Köln, hat über seine Kontakte zu vielen Einrichtungen von Förderschulen bis zu betreuten Gruppen im Alexianer-Krankenhaus eine tiergestützte Pädagogik und Förderung im Streichelzoo mitinitiiert. In behutsamer Annäherung und stetigem Kontakt zu den Tieren haben schon etliche Besucher eine wundersame Verwandlung erfahren.
Effenberger berichtet voller Freude von einem Jungen mit Down-Syndrom, der beim Kontakt mit den Tieren und bei der Übernahme kleiner Aufgaben für deren Pflege aufgeblüht sei. Ein kleines Mädchen, das bis zur Einschulung kein Wort gesprochen hatte, obwohl keine organischen Einschränkungen vorlagen, fasste in Begleitung einer Pädagogin erst Vertrauen zu den Tieren, dann zu sich selbst und den Mitmenschen. „Die Kleine ist jetzt ein fröhliches Kind, das wie ein Wasserfall redet– vor alllem und sehr gern über die Tiere“, sagt Effenberger.
Nachdem mit der Schließung des Zentrums für Pädagogisches Reiten ein schwerer Verlust für tiergestützte Förderung einhergeht, ist der Streichelzoo jetzt noch wichtiger, gerade für Menschen mit Förderbedarf. Auch städtische Einrichtungen nutzten die Angebote des Streichelzoos. Effenberger verweist auf Seniorengruppen aus den städtischen Sozialbetrieben oder von Ferienfreizeiten. Der Bedarf sei offensichtlich vorhanden, sagt er – städtische Unterstützung für das Angebot oder ganz einfach eine Portion guten Willens wären jedoch willkommen.
In Zündorf rechnen viele seit Jahren damit, dass die große grüne Lunge zwischen Rosenhügel und Asternweg künftig zum Wohnbaugebiet werden könnte. Fast alle Grundstücke gehören der Stadt, die Gärtnerei nicht. „Wenn ich aus Altersgründen die Gärtnerei nicht mehr betreibe, kann ich gut damit leben, dass dann auch der Streichelzoo sein Ende findet“, sagt Effenberger. „Aber bis dahin hätten wir gern die Möglichkeit, ohne immer weitere Einschränkungen mit dem Verein so weiterzuarbeiten, wie es für die Menschen und Tiere gut ist.“