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Psychiaterin sagte ausBaby in Köln ausgesetzt – darum kann die Mutter auf eine milde Strafe hoffen

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Die Angeklagte mit ihrer Verteidigerin Harriet Krüger beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht.

Die Angeklagte (l.) mit ihrer Verteidigerin Harriet Krüger beim Prozessauftakt im Kölner Landgericht.

Eine Psychiaterin hat sich vor Gericht zum emotionalen Zustand der Kölnerin geäußert, die in Porz ihr Baby ausgesetzt hatte.

Im Strafprozess um das ausgesetzte Baby in Porz hat eine psychiatrische Gutachterin vor dem Landgericht der Mutter eine verminderte Schuldfähigkeit attestiert. Die Angeklagte kann damit mehr denn je auf eine Bewährungsstrafe hoffen – zumal seit der Tat viereinhalb Jahre vergangen sind. Das Kind lebt seither in einer Pflegefamilie, nach Angaben der Richterin soll es dem Jungen gut gehen.

Köln: Körperliche und seelische Ausnahmesituation

Die Psychiaterin stellte in ihrem Gutachten die körperliche und seelische Ausnahmesituation der Angeklagten heraus. Diese hat bereits drei Kinder, die beim Großvater leben – diesem habe sie nicht noch mehr Stress aufhalsen wollen. Daher hielt sie die Schwangerschaft bis zuletzt geheim. Nachdem die Wehen eingesetzt hatten, schloss sich die Frau im Gäste-WC in der Wohnung ihres Vaters ein.

Hochdramatisch hatte die 34-Jährige die Geburt beschrieben. Der Kopf des Babys sei zunächst stecken geblieben, sie sei in höchste Panik verfallen. Sie habe mit einem Spiegel hantiert, das Kind sei schließlich komplett herausgekommen, im Gesicht völlig blau angelaufen. Die Mutter habe gedacht, das Kind sei tot, es im Waschbecken abgelegt und das Bad geputzt – um die Spuren zu beseitigen.

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Köln-Porz: Baby unter einem Baum ausgesetzt

„Als das Kind plötzlich atmete, da merkte sie, das ist ein Lebewesen, wie meine anderen Kinder“, so beschrieb die Gutachterin die emotionale Verfassung der Angeklagten. „Keiner kann sich vorstellen, wie schlimm das war“, hatte die Frau gesagt. Der nächste Schritt der Verheimlichung sei es gewesen, das Kind „irgendwo“ hinzubringen. Damit wartete sie, bis ihre Familie die Wohnung verlassen hatte.

Die Angeklagte hatte das Kind im Laken eingewickelt in einen Rucksack gesteckt und legte es letztlich auf einem Pfad unter einem Baum ab. „Sie sei davon ausgegangen, Spaziergänger finden das Baby schnell“, so beschrieb es die Gutachterin. Sie habe auch einen Rettungswagen gehört. Tatsächlich soll der Säugling aber zwei Stunden an der Stelle gelegen haben, der Körper des Kleinen war unterkühlt.

Kölnerin hat auch Kontakt zum ausgesetzten Kind

Der Ausnahmezustand gepaart mit dem Konsum von Amphetamin und Cannabis begründet laut Psychiaterin eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit. Daher kann die zu erwartende Strafe gemindert werden. Offen bleibt, ob das Gericht die Tat wie angeklagt als versuchten Totschlag ansieht oder „nur“ als Aussetzung. Letztere Straftatbestand wird deutlich milder sanktioniert.

Bereits in der kommenden Woche könnte das Urteil in dem Verfahren fallen, das aufgrund einer Überlastung der Strafkammern am Landgericht lange nicht betrieben wurde. Die Verzögerung könnte der Angeklagten ebenfalls in die Karten spielen. Sie ist auf freiem Fuß, arbeitet und kümmert sich nach ihren Möglichkeiten um ihre Kinder. Auch zum jüngsten Sohn besteht unregelmäßiger Kontakt.