Das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum und die Europäische Weltraumorganisation haben eine Mondsimulation gebaut: Der Schritt zum Mond geht über Köln.
Trainingszentrum für AstronautenSo entstand der Mond auf Erden in Köln
Köln hat jetzt einen eigenen Mond. Als Mond auf Erden beschreibt Astronaut Matthias Maurer die neue Simulationshalle Luna. Das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) und die Europäische Weltraumorganisation (ESA) haben mit Luna einen fiktiven Teil der Mondoberfläche nachgebaut: mit Mondstaub, Krater, eigener Sonne und lunarer Schwerkraft. Am Mittwoch, 25. September, haben die Wissenschaftler den Kölner Mond eröffnet. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat das Forschungszentrum vorab besichtigt.
Köln werde damit zum weltweit besten Platz, Mondmissionen vorzubereiten, sagt Projektleiterin Petra Mittler. Laut der Physikerin gibt es eine derart komplexe Anlage nirgendwo anders auf der Welt. Teilaspekte wurden vorher auf Sizilien, Hawaii und in Arizona getestet. „Luna wird ein Meilenstein für Astronauten: „Luna wird ein Meilenstein für Astronauten: Unser Plan ist, dass jeder Astronaut, der auf den Mond fliegt, vorher in Köln vorbeikommt und in Luna trainiert.“
Die Annahmen zum Mond und die aktuelle Forschung basieren zu einem Großteil auf Erkenntnissen der Apollo-Missionen. Für das Programm der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa von 1961 bis 1972 sind 24 Menschen in die Umlaufbahn des Mondes geflogen, die Hälfte von ihnen auch zu seiner Oberfläche. Seit 52 Jahren aber niemand mehr.
Luna in Köln als Meilenstein vor nächsten Mond-Missionen
Luna soll nun auf die nächsten Raumfahrten zum Mond vorbereiten. Matthias Maurer sagt: „Wir hoffen, die ersten Dinge, die wir hier testen, auf die erste Artemis-Mission mitzuschicken.“ Gemeinsames Ziel von Nasa, Esa, der kanadischen und der japanischen Raumfahrtagentur ist es, voraussichtlich 2027 erstmals seit Apollo 17 wieder Astronauten auf dem Mond zu landen.
Dafür simuliert die Kölner Version des Mondes einige Bedingungen, wie sie auf dem echten Himmelskörper herrschen. Die ersten Planungen begannen vor zehn Jahren, seit vergangenem Dezember entstand die von außen schlichte weiße Halle auf dem Porzer Gelände des DLR neben dem Flughafen. Innen ist sie das modernste Trainingszentrum für Mond-Missionen.
Der Mondsand
Die Wissenschaftler bildeten vor allem den Mondsand nach. Zwar existieren Proben des tatsächlichen Gesteinsmaterials vom Mond, aber nicht genug, um das 700 Quadratmeter große Feld zu füllen, das die Mondoberfläche simuliert. Werkstoffkundler Maurer erklärt: „Eigentlich besteht die Mondoberfläche nicht aus Sand, Sand ist rund geschliffen.“ Das Material der Mondoberfläche ist scharfkantig und wird Regolith genannt.
Für die Kölner Version des Mondsandes haben die Wissenschaftler Steine maschinell zerkleinert. Dieser Sand fühlt sich ganz anders an als der, den man vom Meer kennt. Mit ihren rauen Kanten bilden die unzähligen kleinen dunklen Partikel eine harte Oberfläche, keinen weichen Strand. Die 900 Kubikmeter Regolith-Simulat für Luna, die den Hallenboden auf mindestens 60 Zentimeter Tiefe füllen, stammen aus Königswinter im Siebengebirge.
So nah an das Original zu kommen sei wichtig, sagt Maurer. „Wir wollen sicherstellen, dass unsere Technik trotz des Sandes nicht versagt.“ Der „Staub“ setzt sich auf Gelenken der Roboter fest und in den Nasen der Astronauten, nachdem sie ihre Schutzanzüge ausgezogen haben. Maurer sagt: „Bei den Apollo-Missionen ist aufgefallen, dass man den Umgang mit Mondsand nicht wirklich gut beherrscht.“
Das Mondgestein
In der Luna-Halle liegen auf dem Sand auch Steine, die Hindernisse für Rover darstellen, wie es sie auch auf dem Mond gibt. Sie stammen vom Ätna auf Sizilien, aus Norwegen, Grönland und aus dem Nördlinger Ries in Bayern, das durch einen Asteroiden-Einschlag entstand. Schon die Apollo-14-Astronauten trainierten in diesem Einschlagkrater.
Denn Krater gibt es auch auf dem Mond, also eine kleine Nachbildung nun auch in Köln. Projektleiterin Mittler sagt: „Die Apollo-Astronauten haben berichtet, dass es schwierig war, in den Krater hinein und wieder herauszukommen.“ Das kann in Luna verbessert werden.
In der irdischen Mondlandschaft testen die Wissenschaftler nun Rover. Zuletzt haben Rover Radarmessungen vom Mars gemacht, als Nächstes sollen Messungen vom Mond folgen. „Wir wollen den Mond erst Erkunden, mit Messungen von der Oberfläche, bevor wir direkt hineinbohren“, sagt Geophysikerin Brigitte Knapmeyer-Endrun. Sie ist eine der vielen Wissenschaftlerinnen, die an dem Projekt Luna beteiligt sind. Auch seismische Messungen machte sie von Luna bereits. Sie sagt, was man bisher über den Mond unterhalb der Oberfläche weiß, stammt vielfach aus solchen Messungen.
Die Sonne
Eine Herausforderung auf dem Mond ist die Sonneneinstrahlung im flachen Winkel. Die Kölner Version der Sonne sieht in der von der Decke erleuchteten Halle unspektakulär aus: ein einziger Strahler nicht weit über dem Boden am hinteren Ende der Regolith-Fläche. Ist das Hallenlicht abgeschaltet und nur die Mini-Sonne an, verleiht sie Luna die Optik, wie man sich eine kalte Mondoberfläche vorstellt. Dann ziehen die Steine und Krater lange Schatten und die Umgebung wirkt, als sehe man nur noch schwarz-weiß. Steht man dann auf dem Kölner Mond, fühlt es sich an, kann man sich kurz vorstellen, tatsächlich im All zu sein.
Dieser Lichteinfall sorgt nicht nur für eine faszinierende Atmosphäre, sondern stellt eine echte Herausforderung für Missionen dar: „Der Kontrast zwischen beleuchteten Stellen und allem, was im Schatten liegt, ist sehr hoch. Das macht das Arbeiten sehr anstrengend“, sagt Mittler. Im Laufe der nächsten Monate soll Luna um eine größere Sonnensimulation erweitert werden. Die Wissenschaftler haben vor, die komplette Rückwand mit Lampen auszustatten, um verschiedene Lichtverhältnisse zu simulieren.
Die Schwerkraft
Sogar die anderen Schwerkraftverhältnisse werden in Köln simuliert. Bis 2026 soll in der Halle ein System aus Kranen und Seilen eingebaut sein, das die Raumfahrer bis auf ein Sechstel ihres Gewichts entlastet – wie auf dem Mond. Matthias Maurer ist darauf besonders gespannt: „Da bin ich ganz der kleine Junge, der hier rumhüpft und alles ausprobieren darf und hofft, das später auf dem Mond auch machen zu dürfen.“ Luna wird mit dieser umfangreichen Nachbildung einer anderen Schwerkraft, die mehrere Personen und Rover halten soll, weltweit einzigartig sein.
Missionssteuerung
In der Simulationshalle gibt es auch Räume oberhalb der Mondoberfläche. Durch große Glasfenster schauen Wissenschaftler von hier auf die Arbeit der angehenden Raumfahrer. „Luna ist eine Plattform, das Teamspiel zu üben“, sagt Knapmeyer-Endrun. Sie betreut im Nutzerzentrum für Weltraumexperimente (MUSC) derzeit auch Forschungen auf der ISS. „Wir simulieren auch, wie man Experimente im Weltall betreut“, sagt sie. Denn Maurer erklärt: „Die Astronauten sind die sichtbaren Teile unseres Orchesters, aber die Profis vom Fach sitzen auf der Erde: Zum Beispiel die Flugsteuerer und Geologen.“ Die Steuerung der Luna-Experimente ist von den Räumen in der Halle möglich, vom benachbarten MUSC – und vom Columbus-Modul in Oberpfaffenhofen, die direkte Verbindung des DLR und der Esa zur ISS.
Leben auf dem Mond
Ein Großteil geplanter Experimente für Luna dient dem Zweck, eine längerfristige Basis auf dem Mond aufzubauen. „Für eine Besiedelung brauchen wir Materialen, die wir entweder hochbringen oder uns bauen müssen aus dem, was wir dort finden“, sagt der Astronaut. Versuchsweise sollen aus dem Regolith mit einem Sonnenofen Quader geschmolzen werden, woraus ein Habitat gebaut werden könnte. Auch werden die künftigen Missionen nach Wasser auf dem Mond suchen. Satellitenbilder deuten auf ein Vorkommen hin. Maurer sagt: „Auf dem Mond können wir Besiedelung üben, auf dem Mars brauchen wir das Wissen dann: Das ist die Richtung zukünftiger Weltraummissionen.“