Köln – An einem Juniabend in diesem Jahr bekam ein Anwohner der Kölner Südstadt mit, dass sein Nachbar, der auf der Terrasse stand, mit einer Waffe in die Luft feuerte. Er alarmierte die Polizei. Die Beamten entdeckten in der Wohnung des Mannes, der die Schüsse abgegeben hatte, und im Keller nicht nur etliche Waffen, sondern auch Drogen und eine Cannabisplantage mit 52 Pflanzen.
Am Montag begann vor dem Kölner Landgericht der Prozess gegen den 43-Jährigen und fand noch am selben Tag ein Ende: Die 15. Große Strafkammer verurteilte ihn wegen „unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ und einer „halbautomatischen Kurzwaffe“ zu einem Jahr und neun Monaten Haft und ordnete die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an.
Prozess in Köln: Angeklagter ist schwer drogenabhängig
Zu Beginn der Verhandlung erkundigte sich der Vorsitzende Richter Jan F. Orth eingehend nach dem Befinden des Angeklagten, der schwer drogenabhängig ist, substituiert wird und in Haft den Ersatzstoff Methadon freiwillig hat herunterdosieren lassen. „Deutlich schlecht“ gehe es ihm, sagte Mario H. (Name geändert). Die Haft erlebe er als „Trauma“. Besonders gelitten habe er in der Beobachtungszelle, in die ihn eine Psychologin habe bringen lassen, die von Suizidgefahr ausgegangen sei.
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Im Laufe der Verhandlung, die Orth behutsam führte, wurde Mario H. entspannter. Als er seinen Werdegang schilderte, wurde schnell klar, woran er zu tragen hat. Die Eltern, beide Alkoholiker und inzwischen verstorben, hätten ihn, das Einzelkind, auf Schritt und Tritt kontrolliert: „Ich durfte nicht frei wählen, mit wem ich mich treffe, wohin ich gehe.“ Der Vater, auf sein berufliches Fortkommen bedacht, sei distanziert gewesen, und die Mutter zwar liebevoller, aber jähzornig. Mit 15 habe er angefangen, Haschisch zu rauchen. Im Freundeskreis sei Heroin „tabu“ gewesen, aber auch das habe er sich dann besorgt. Eine lange „Suchtkarriere"“folgte.
Zahlreiche Waffen in Wohnung des Kölners gefunden
Aus Protokollen der Polizei geht hervor, dass fast zwei Kilogramm „Cannabismaterial“ sichergestellt wurden, darunter in Folie verpacktes Marihuana und ein Kilo Haschisch; dies entspreche insgesamt 13700 „Konsumeinheiten“. Zu den zahlreichen Waffen zählen – neben Munition – zwei scharfe und durchgeladene Schusswaffen, drei Schreckschusspistolen, Totschläger und Messer. Offenbar fühlte sich Mario H., der nach dem Tod seiner Freundin, wie er sagte, sehr „isoliert“ lebte und vom Drogenkonsum psychisch mitgenommen war, bedroht.
Ein Zeuge, dessen Vermieter er ist, sagte, einmal habe ihm Mario H, in „Verzweiflung und „panischer Angst“ gesagt: „Ich werde verfolgt.“ Eine psychiatrische Sachverständige sagte, Mario H. habe „den Ursprung der Sucht noch nicht aufgearbeitet“. Er könne es „nicht in zwei, sondern eher in drei Jahren schaffen“, sie zu überwinden.