Herr Klipper, können Sie es ohne Politik überhaupt aushalten in Ihrem bevorstehenden Ruhestand?
KARL JÜRGEN KLIPPER: Ich verabschiede mich aus der Politik freiwillig und endgültig. Mit 69 Jahren muss mal Schluss sein. Aber ich werde mich nicht langweilen. Es gibt einige Nischen, in denen ich mich nach wie vor gesellschaftspolitisch engagieren will, zum Beispiel im örtlichen Karneval, bei der Bürgerinitiative Hochwasser, beim Kölner Ruderverein von 1877 und so fort. Und dann will ich im kommenden Jahr eine sehr lange Reise mit meiner Frau Brigitte unternehmen.
Wohin?
KLIPPER: Das muss ich mit ihr erst noch aushandeln, auf jeden Fall auf die Südhalbkugel. Um die Kinder müssen wir uns nicht mehr kümmern. Sie sind erwachsen, und deshalb brauchen wir zeitlich keine Grenzen einzuhalten.
Wenn Sie im Bezirk spazieren gehen, was geht Ihnen durch den Kopf?
KLIPPER: Dass ich städtebaulich doch einiges vorantreiben konnte. Den Hochwasserschutz zum Beispiel, der auch optisch sehr gut gelungen ist. Den Neubau der Gesamtschule, die Erweiterung des Gymnasiums, den Ausbau der Grundschulen und insbesondere der Kindergärten. Die Stärkung des Bildungsangebots war seit Jahren mein oberstes Ziel. Die Neugestaltung des Maternusplatzes und der Neubau der Tiefgarage haben Rodenkirchen enorm aufgewertet. Der Platz ist vor allem an Samstagen und mittwochs mit dem Markt ein echter Mittelpunkt. Gern schaue ich auch auf das Sürther Feld. Dort entwickelt sich ein innovatives Neubaugebiet. Gleichzeitig werden parallel dazu großzügige Grünflächen angelegt. Erst kürzlich hat das Land die Gesamtkonzeption ausgezeichnet (siehe „Ausgezeichnete Siedlung“). Und ich habe mich auch sehr dafür eingesetzt, dass dort das Sportzentrum endlich entstanden ist.
Und wenn Sie nach Köln schauen?
KLIPPER: Gesamtstädtisch gesehen freue ich mich über die sehr geglückte Umsetzung des Rheinauhafens, den Umbau der Domumgebung und die Erweiterung der Messe im Rechtsrheinischen. Wunderbar geglückt ist auch der nahezu fertiggestellte Rheinboulevard mit der großen Treppe.
Womit sind Sie gescheitert?
KLIPPER: Leider wurde keine vernünftige Lösung für den Godorfer Hafen gefunden. Das Argument der Notwendigkeit des Ausbaus aus wirtschaftlicher Sicht ist nicht überzeugend. Die Bevölkerung konnte mit dieser Argumentation nicht gewonnen werden. Wenig erfreulich sind auch die Aussichten auf unendliche Staus durch die Querung der neuen Stadtbahn auf der Rheinuferstraße, falls der Tunnel nicht kommt und die Bonner Straße weiter eingeengt wird. Zu meinem allergrößten Bedauern hat die Umwandlung des Deutzer Hafens in ein Wohngebiet bisher nicht funktioniert. Wohnen am Strom wünscht sich die ganze Welt, aber die Kölner Verwaltung hat geblockt. Überhaupt fehlt oft der Wille zur Gestaltung, und die Verfahren dauern viel zu lange.
Wie viel Frust gibt es nach 25 Jahren in der Politik?
KLIPPER: In den letzten Jahren habe ich leider erleben müssen, dass die Stadt erlahmt. Sie braucht wieder mehr „Drive“ und Dynamisierung. Die bevorstehende Wahl ist eine gute Chance für einen intensiven Aufbruch.
Wären Sie gern Oberbürgermeister geworden?
KLIPPER: Zwei Rollen wollte ich nie übernehmen: die des Oberbürgermeisters und die des Prinzen im Kölner Dreigestirn. Die persönlichen Belastungen wären für mich viel zu hoch. Die Gefahr, dass die Familie zu sehr darunter leidet, steht in keinem Verhältnis zu den Positionen und Aufgaben.