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Kölner Supertalent-Finalist Rafael Grombelka„Ich bin taub, nicht stumm"

Lesezeit 5 Minuten
vor der Rondorfer Gebärdensprachfirma

Köln-Rondorf – „Ich bin taub, nicht stumm. Ich kann schreien und husten, nur nicht sprechen, obwohl meine Stimmbänder anatomisch voll ausgebildet sind,“ sagt Rafael-Evitan Grombelka, der seit seiner Geburt gehörlos und in einem gehörlosen Elternhaus aufgewachsen ist. Seine Muttersprache ist die Gebärdensprache. „Meine Welt ist eine stille, mal eben Radio hören oder spontan mit Freunden telefonieren, das geht nicht", sagt der 35-jährige Kölner, der es mit seiner Interpretation eines Grönemeyers-Songs ins „Supertalent"-Finale geschafft hat.

Kölner ist einer der ersten gehörlosen Dolmetscher

"Aber taub zu sein, ist für mich kein Problem, ich erlebe und spüre vieles intensiver“, sagt der 35-Jährige. Der Kölner ist ein Mann mit wachen Augen, ein Meister der subtilen Mimik und Gestik. Nach dem Abitur hat er an der Uni Hamburg studiert und dort einen Abschluss als staatlich geprüfter, tauber Gebärdensprachdolmetscher gemacht. „Ich war einer der Ersten, wir wussten gar nicht, wo wir mit dieser Qualifikation eingesetzt werden können, denn als Mensch, der selbst gehörlos ist, zu dolmetschen, das klingt schon skurril.“

vor der Rondorfer Gebärdensprachfirma

Erst seit fünf Jahren werden gehörlose Dolmetscher in Deutschland offiziell in verschiedenen Bereichen, wie bei Gericht, der Polizei, auf Konferenzen oder bei Bundestagssitzungen eingesetzt. Zuvor gab es fast ausschließlich hörende Gebärdensprachdolmetscher, die die Gebärde als Fremdsprache gelernt haben.

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Ralf Grombelka ist ein gefragter Mann

Inzwischen ist Grombelka ein gefragter Mann. Der Kritik, dass es dafür zwei Dolmetscher braucht, denn es wird ja zusätzlich ein hörender Gebärdensprachdolmetscher benötigt, und damit auch ein doppeltes Honorar fällig, setzt Grombelka entgegen: „Der taube Dolmetscher hat den Vorteil, dass er als Teil der Gehörlosen-Community sein Gegenüber besser einschätzen kann. Wenn Sie als Deutsche nach China reisen und für eine Stadtführung zwischen einem Muttersprachler und einem Deutsch sprechendem Chinesen wählen könnten, würden Sie natürlich den Deutschen nehmen.“

Im Rondorfer Gebärdesprachstudio 2

Rafael-Evitan Grombelka bei der Arbeit.

Ein Problem ist aber, dass Gebärdensprache nicht international ist. Allein in Europa herrscht unter den Gehörlosen eine babylonische Sprachverwirrung, für Italienisch gibt es eine andere Gebärdensprache als für Rumänisch. Und so weiter. Spätestens hier kommt Grombelka ins Spiel, der neben Deutsch auch noch weitere Gebärdensprachen beherrscht. Das macht ihn vor allem auf internationalem Parkett zu einem gefragten Mann.

Eigene Gebärdensprachfirma in Rondorf

Vor drei Jahren ist Grombelka als geschäftsführender Partner bei der Rondorfer Gebärdensprachfirma „Skarabee“ eingestiegen, für den Fernsehsender Phoenix in Bonn dolmetscht er regelmäßig live die Tagesschau. Grombelka: „Frau Merkel ist nicht die Raute, diese Gebärde hat sich in der Community nicht durchgesetzt. Entweder man deutet im

Zur Person

Rafael -Evitan Grombelka privat

Rafael-Evitan Grombelka (Foto privat) arbeitet als Gebärdensprachdolmetscher u.a. für Migranten, begleitet sie zu Ärzten und Ämtern, dolmetscht die Tagesschau, ist Poetry Slamer, Schauspieler (u.a. „Seidene Stille“) und Model. 2006 gewann er den Preis für den besten Schauspieler beim 4. Deutschen Gebärdensprachtheater-Festival.

Gesicht die abfallenden Mundwinkel an, oder zeigt mit der Hand ihre Bob-Frisur. Bei Corona wird keine Krone gezeigt, sondern eine Faust, die andere Hand deutet mit den Fingern die Stacheln an. Die Parteien werden mit dem Fingeralphabet übersetzt, nur bei den Grünen zeigt man mit den Händen Grashalme.“

Grönemeyer-Song mit den Händen interpretiert

Im Dezember 2020 kam Grombelka in der RTL-Show „Das Supertalent“ in die Runde der Finalisten. Er sang in Gebärdensprache, visualisierte im Finale Herbert Grönemeyers „Der Weg“. Mit seinem Auftritt rührte er ein Jury-Mitglied zu Tränen. „Ich habe mich gefragt: Warum weint der? Und habe gehofft, dass er nicht denkt: Dieser arme taube, behinderte Rafael.“ Doch gerade dieses von Mitleid geprägte Bild wollte Grombelka mit seinem Auftritt ändern: „Es war mir wichtig zu zeigen, dass ich im Leben alles kann, außer hören.“

Im Rondorfer Gebärdesprachstudio 3

Rafael-Evitan Grombelka in seinem Gebärden-Sprachstudio in Rondorf. 

Grombelka legt großen Wert darauf, dass er als Gehörloser selbstständig ist, alleine zum Friseur und zum Einkaufen geht, Auto fährt und keinen ständigen Betreuer braucht. Die Sprachbarriere beispielsweise bei Behörden-, Banken- und Arztterminen löst er schriftlich oder mit Dolmetschern. Bei Telefonaten benutzt er den Tess-Service, der es ermöglicht, per Videoleitung einen hörenden Dolmetscher dazwischenzuschalten.

Mehr Gebärden-Dolmetscher im TV

Doch vollends barrierefrei ist die Kommunikation mit der hörenden Welt dann doch noch nicht. Oper, Kino, Fernsehprogramm – überall wird gesprochen, und nur ganz selten gibt es eine Übersetzung, sei es als

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Gebärde oder Untertitelung. „Das ist für mich so, als würde ich die ganze Zeit Fernsehen ohne Ton schauen. Und gerade jetzt, während der Pandemie, müssten die Fernsehsender mehr aktuelle Sendungen dolmetschen, damit die Gehörlosen über die Gefahren und die Maßnahmen der Corona-Bekämpfung ausreichend informiert werden.“

In Köln lebt Grombelka sehr gerne, die Stadt sei bunt und tolerant. Auf unqualifizierte Sprüche, wie „Du sprichst ja eine Affensprache“ reagiert er nicht, denn zum Glück hätten ihn seine Eltern zu großem Selbstbewusstsein verholfen. Nur selten fühlt er sich ungerecht behandelt. Im Sommer habe ihn im nahe gelegenen Freizeitpark ein Mitarbeiter der Achterbahn verwiesen, mit dem Argument, er sei taub und im Notfall die Kommunikation nicht gewährleistet. „Das empfand ich als diskriminierend, zumal ich ja auch Auto fahren darf.“

Unverschämt, Originalfilm ohne Untertitel

Ein anderes Mal habe er in einem Kölner Kino einen Film im Original mit Untertiteln anschauen wollen. Nach fünf Minuten hätten die Untertitel immer noch gefehlt. Als Grombelka das reklamierte, habe es eine Saaldurchsage gegeben: „Wer braucht die Untertitel?“ Da sich keiner außer ihm meldete, blieben die Untertitel aus und Grombelka bekam einen Kinogutschein. „Da fühlte ich mich schon ausgeschlossen.“ Aber glücklicherweise, sagt Grombelka, passiert so etwas immer seltener. „Das Bewusstsein, dass taube Menschen Teil der Gesellschaft sind, ist angekommen.“www.skarabee.de