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Kölner VorgebirgsparkHöhepunkte sind Vergangenheit

Lesezeit 4 Minuten

Reichlich Tristesse im ehedem üppig blühenden Rosengarten.

Köln – Manchmal erregt schon ein einziges Wort meine Neugier. Kennen Sie den Ausdruck „Wateteich“? Ich wusste damit nichts anzufangen, bis ich bei meinen Vorbereitungen für diese Serie etwas über den Vorgebirgspark im Kölner Süden zwischen Zollstock, Raderberg und Raderthal las: Der Wateteich auf der großen Rasenfläche sei von jeher eine der Attraktionen gewesen. Fritz Encke, im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts der Gartenbau-Papst von Köln, hatte das kreisrunde, an den Rändern seichte und zur Mitte hin auf eine Tiefe von 40 Zentimetern abfallende Wasserbecken den amerikanischen „Wade pools“ abgeguckt. Von einer schmalen Sandbank umgeben, bot es ein Stück Strandatmosphäre in der Großstadt.

Das schaue ich mir an und erzähle Ihnen dann davon, dachte ich mir. Erzählen kann ich Ihnen tatsächlich etwas, aber leider nur Betrübliches: Das Watebecken existiert nicht mehr. Geblieben ist nur eine trostlose betonierte Fläche mit vier Basketballkörben drum herum.

Öder Beton auf der Fläche des früheren Wateteichs.

Das finde ich enttäuschend, und wie so oft frage ich mich: War die Stadt Köln vor hundert Jahren eigentlich so viel reicher, dass sie sich solche Dinge leisten konnte? Oder gilt heute einfach das Wohlbefinden der Menschen weniger als früher? Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts war der Wateteich in Betrieb. Der 1993 erschienene „Führer durch die Kölner Grünanlagen“ von René Zey, aus dem ich immer wieder zitiere, berichtet davon. Mir ist schon klar, dass so eine Anlage gepflegt, gereinigt und gewartet werden muss. Aber das mindert nicht das Bedauern, dass der Vorgebirgspark, den Encke stolz „den ersten neuzeitlichen Volkspark in Köln“ nannte, seiner Höhepunkte und Besonderheiten beraubt ist. Ihm fehlt heute einfach das Wasser. Wäre es nicht schön, es zurückzuholen – nicht nur für die Kinder, die hier sicher begeistert planschen und spielen würden?

Alles zum Thema Barbara Schock-Werner

Ein beklagenswerter Zustand

Leider sind auch die von Encke geplanten drei charakteristischen Sondergärten des Vorgebirgsparks entlang der Kreuznacher Straße in einem beklagenswerten Zustand. Und das nicht erst seit gestern. Schon Zey mokierte sich darüber. Vom einst gerühmten Staudengarten etwa heißt es, er sei heute „eher ein Zeugnis dafür, in welche Richtung die Natur strebt, wenn sie regelmäßig gärtnerischer Gestaltung entbehrt“. Das kann man wohl sagen! Fritz Encke jedenfalls würde sich sprichwörtlich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, was aus seinem Erbe geworden ist.

Der 1911 bis 1914 angelegte fast 14 Hektar große Vorgebirgspark, früher Volkspark Raderthal genannt, war mit seiner Dreiteilung in waldartige Bepflanzung, große Rasenflächen für Sport und Spiel und die Sondergärten für die Erbauung ganz auf Benutzbarkeit angelegt. Mit einer terrassierten Gartenanlage, einem Rosengarten und einem Staudengarten, zu denen man von der Kreuznacher Straße her über einen dielenartigen Baumplatz gelangt, wollte Encke allen Kölnern etwas Gutes tun, die keinen eigenen Hausgarten besaßen.

Vom Rosengarten hieß es seinerzeit begeistert, dass dort Hunderte verschiedene Sorten versammelt gewesen seien, nach Farben geordnet und in langen Reihen gepflanzt. Rosenhecken waren so angelegt, dass sie kleine Lauben mit Bänken darin bildeten, so dass man dann förmlich in den Rosen sitzen konnte. Das muss sehr schön gewesen sein. Heute habe ich mich schon anstrengen müssen, um zumindest eine müde, einsame Blüte zu entdecken, „die letzte Rose“ sozusagen, von der das gleichnamige traurige Lied singt.

Kölner Parks

Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner stellt einige (weniger bekannte) Grünanlagen der Stadt vor, in denen es auch Brunnen, Teiche oder anderes Gewässer gibt. Die Wahl ist auf landschaftsbaulich besonders gelungene Parks gefallen, die bei Sommerhitze allesamt Erholung und Kühlung versprechen. (jf)

LITERATURTIPPS:

René Zey, Parks in Köln. Ein Führer durch die Grünanlagen, Greven Verlag. Das 1993 erschienene Buch ist vergriffen, aber im Antiquariat noch erhältlich.

Petra Sophia Zimmermann und Karla Krieger, Das Kölner Stadtgrün. Eine Entdeckungstour, Mercator Verlag, 2009.

Beim rechteckigen Seerosenteich in der Mitte habe ich mich seufzend daran erinnert, wie sorgsam gepflegt sein Pendant im Japanischen Garten in Flittard ist. Hier dagegen: Tristesse pur!

Heckennischen mit Ruhebänken waren einst die perfekten Knutschecken.

Im ehemaligen Staudengarten kommt man sich so vor, als befände man sich in der Sahel-Zone. Da blüht nun wirklich überhaupt nichts mehr. Ein ehemaliges Wasserbecken ist mit Erde verfüllt. Früher bot der Staudengarten vom Frühling bis in den Herbst „eine Fülle von Blumen in jeweils wechselnden Farbzusammenstellungen“, schreibt René Zey. Er erwähnt auch einen Fliedergang entlang der Straße und zitiert dazu aus dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 29. März 1911, wie sehr sich unsere Vorfahren auf die Umsetzung von Enckes Plänen gefreut haben müssen: „Wenn dort zur Blütezeit alles in eine Flut von Wohlgerüchen getaucht sein wird, wenn der Nachtigall süßes Lied erschallt, dann wird der idyllische Fliedergarten geradezu wie geschaffen sein zur Neubelebung alter oder genesender Besucher, oder zu einer poetischen Seufzerallee für glückliche junge Paare.“

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Wenn ich die noch vorhandenen Heckennischen sehe, die offiziell als „Familiensitzplätze“ konzipiert waren, weiß ich, was der Journalist meinte: Das waren einfach die idealen Knutsch-Ecken. Damals, in der guten alten Zeit.