Kölner Schäl SickDie Rechtsrheinischen entspannen am Märchenbrunnen
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Mülheim – Auf der anderen Seite Kölns ist Köln ganz anders. Ist das so? Die Kabbeleien um Vor- und Nachteile des Lebens im Links- oder Rechtsrheinischen kenne ich ja nun, seit ich in Köln lebe. In letzter Zeit habe ich mich häufig auf der „Schäl Sick“ umgesehen. Und bei einem Besuch im Mülheimer Stadtgarten bin ich dann auf vieles gestoßen, was die Parks hüben und drüben verbindet.
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Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner stellt einige (weniger bekannte) Grünanlagen der Stadt vor, in denen es auch Brunnen, Teiche oder anderes Gewässer gibt. Die Wahl ist auf landschaftsbaulich besonders gelungene Parks gefallen, die bei Sommerhitze allesamt Erholung und Kühlung versprechen.
René Zey, Parks in Köln. Ein Führer durch die Grünanlagen, Greven Verlag. Das 1993 erschienene Buch ist vergriffen, aber im Antiquariat noch erhältlich.
Petra Sophia Zimmermann und Karla Krieger, Das Kölner Stadtgrün. Eine Entdeckungstour, Mercator Verlag, 2009. (jf)
Sehr unterschiedlich waren fraglos die politischen Verhältnisse. Bis zur umstrittenen Eingemeindung am 1. April 1914 war Mülheim eine eigene Stadt, die jahrhundertelang unter dem Einfluss der Grafen und Herzöge von Berg gestanden hatte. Einem von ihnen, Kurfürst Johann Wilhelm – rheinisch: Jan Wellem – ist das Denkmal gewidmet, das heute am östlichen Rand des Stadtgartens steht und sich bis 1973 an zentraler Stelle in der Mitte des Wiener Platzes vor dessen Neugestaltung befunden hatte.
Der Park selbst wurde 1912 bis 1914 von dem Gartenarchitekten und Friedhofsverwalter Joseph Vincentz angelegt. Er orientierte sich dabei stark an seinem berühmten Kölner Kollegen Fritz Encke, den ich Ihnen vorige Woche beim Besuch des Blücherparks vorgestellt habe. Vincentz’ Anlage folgt der Ambition, die Mülheims Stadtväter sich von Encke abgeschaut hatten: Die Bevölkerung sollte einen öffentlichen Ort für Erholung, Sport und Spiel geboten bekommen, einen Volksgarten ohne Zäune und „Betreten verboten“-Schildern auf dem Rasen.
See mit Fontäne in der Senke
Alle sagen, wer sich den Park erschließen will, solle beim „Märchenbrunnen“ am südöstlichen Eingang beginnen, weil man von hier so eine schöne Gesamtsicht habe. Die große Wiese und ein See mit Fontäne liegen in einer Senke, in der früher einmal der Strunder Bach mit seinem Bett verlief.
Sehenswert finde ich aber auch den Brunnen selbst, der seiner Figuren wegen besser Kinder- oder Tierbrunnen heißen sollte. Bei meiner Schwäche für Schildkröten freut es mich besonders, dass der Künstler Wilhelm Albermann eine von ihnen auf den Beckenrand gesetzt hat.
Beim Betreten des Parks stoßen Sie linker Hand auf den ehemaligen, streng symmetrisch angelegten Rosengarten mit einem quadratischen Seerosenteich in der Mitte. Von beidem haben die Sparmaßnahmen der Stadt Köln nur mehr den Namen und den Grundriss übrig gelassen, aber keinen Teich und auch keine einzige Rose. Das finde ich schade. Die moderne Schwäche für das „Urban Gardening“, denke ich mir, hätte an dieser Stelle ein äußerst lohnendes Objekt.
Das eigentlich Besondere am Mülheimer Stadtgarten aber ist sein Baumbestand aus 1.000 Park- und Waldstauden, 500 Immergrün- und Nadelholzgewächsen, vor allem aber 250 sogenannten Solitärbäumen – Birken, Erlen, Eschen – und schließlich 15 Charakterbäumen wie Ulme und Ahorn, für die allesamt ein besonderer Standort vorgesehen war. Das Ganze ist mit sehr viel Bedacht, Sorgfalt und gärtnerischem Geschmack geplant. Nach inzwischen 100 Jahren haben die Bäume eine beeindruckende Größe erreicht. Einzeln und in Gruppen gepflanzt, lassen sie Sichtachsen und Querverbindungen entstehen. So ein frei stehender Riese hat schon etwas Berührendes. Genau wie Trauerweiden am Wasser, unter denen ich zum Beispiel immer gerne die Beine und die Seele baumeln lasse.