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Kommentar

Chaos an der Trankgasse
Barbara Schock-Werner: „Mich bekümmert der Zustand der Domumgebung“

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
30.01.2025, Köln: Barbara Schock-Werner möchte, dass die Fahrräder in der Tiefgarage abgestellt werden. Illustrationen zur Serie „Auf den Punkt“ mit Barbara Schock-Werner zu den Planungen rund um die Trankgasse und die Tiefgarage. Foto: Uwe Weiser

Barbara Schock-Werner mitten im Fahrrad-E-Roller-Chaos an der Trankgasse.

Wer am Kölner Hauptbahnhof ankommt, wird von der Kulisse des Doms in Empfang genommen – wer dann um die Domplatte herumgeht, bekommt einen ganz anderen Eindruck. Ein Vor-Ort-Besuch.

Henriette Rekers Sorge über eine zunehmende „Verwahrlosung“ Kölns hat in der Stadt eine intensive Debatte ausgelöst. Wo immer ich hinkomme, wird darüber diskutiert. „Auf den Punkt“ heißt bekanntlich meine Kolumne. Ich würde sagen: In diesem Fall geht der Punkt erst einmal an die Oberbürgermeisterin. Mein Punkt im Nachdenken über die Zustände in Köln ist seit langem das Erscheinungsbild unserer Stadt.

Wer sich im eigenen Lebensraum unwohl fühlt, identifiziert sich weniger mit ihm

Aufgeräumte Straßen und Plätzen, saubere öffentliche Anlagen sind kein Fetisch von Ordnungsfanatikerinnen. Wir alle wissen, dass Wahrnehmungen Einfluss auf Stimmungen und Verhaltensweisen haben. Wer sich im eigenen Lebensraum unwohl fühlt, identifiziert sich weniger mit ihm, verliert buchstäblich an Bodenständigkeit. Ähnlich geht es Gästen. Was Besucherinnen und Besucher Kölns mit nach Hause nehmen, hängt zu einem nicht geringen Teil von ästhetischen Momenten ab.

Dies vorausgeschickt, wird es Sie nicht wundern, dass mich der Zustand der Domumgebung bekümmert. Wer als Pendler oder Tourist am Kölner Hauptbahnhof ankommt und auf den Bahnhofsvorplatz tritt, wird von der grandiosen Kulisse des Doms in Empfang genommen. Diesen Anblick kann, glaube ich, keine andere Stadt toppen. Seit ihrem Neubau ist auch die Freitreppe zur Domplatte sehr ansprechend. Bei gutem Wetter ist sie Treffpunkt, Ort der Entspannung. Ein aus dem Bahnhof ausgelagerter Wartesaal.

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Gelungen ist auch die Gestaltung des an sich unförmigen Bahnhofsplatzes mit einheitlichem Pflaster und der Reihe mit sechs Lichtstelen, durch die der Platz sozusagen ein Rückgrat bekommt.

Fahrräder, Roller, Autos – Chaos im Umfeld der Trankgasse

Der Eindruck ändert sich schlagartig, wenn man rechts an der Freitreppe vorbei um die Domplatte herumgehen will. Man stößt dort auf ein Fahrrad- und inzwischen auch Roller-Chaos, das seinesgleichen sucht. Gefühlt und gezählt 100 Zweiräder stehen kreuz und quer am Straßenrand, an der Brüstung des U-Bahn-Eingangs und sonstwo herum.

Vor dem Excelsior-Hotel folgt ein Pkw-Chaos. Bis zu 14 parkende Autos, meist aus dem Luxus-Segment, stehen dort herum. Die Kennzeichen zeigen, dass es keineswegs die Karossen von Hotelgästen sind, sondern Einheimische. Ein Ratsmitglied sagte mir mal mit verschwörerischem Lächeln, das sei der beste Parkplatz in der ganzen City, wenn man sich mit dem Hotelpersonal gut stelle. Aber eine Hotelvorfahrt ist nun mal kein Parkplatz. Den gäbe es in der Tiefgarage gegenüber.

Das Versprechen, das Areal am Domsockel im Bereich der Trankgasse neu zu konzipieren, rührt noch aus meiner aktiven Zeit als Dombaumeisterin, die nun schon eine Weile her ist. Was aus dem städtebaulichen Gesamtkonzept für die Domumgebung von 2009 in diesem Bereich bislang geworden ist, ist – gelinde gesagt – unzulänglich. Jüngste Volte, zu meinem Schrecken: Die Fahrradständer entlang der Fahrbahn sollen zurückkommen. Das wäre aus meiner Sicht ein klassischer Fall von Verschlimmbesserung.

Fahrrad-Stellplätze statt Parkflächen

Zu den guten Ideen der Ursprungsplanung gehörte die Umwidmung von Parkflächen in der Dom-Tiefgarage zu Fahrrad-Stellplätzen. Fahrradfans hätten die Garage am liebsten komplett zur Fahrradstation gemacht. Ich würde sagen: Weniger tut’s auch. Räder brauchen schließlich weniger Platz als Autos.

Was man so oder so erreichen könnte, wäre das Ende des derzeitigen Durcheinanders. Natürlich nur bei einem Abstellverbot für Räder und Roller im gesamten Bereich um den Hauptbahnhof.

In der Fahrradstadt Münster hat das schon vor Jahren bestens funktioniert. Ja, das Fahrradparkhaus direkt am Bahnhof wurde vom Stadtmarketing offensiv als Asset einer modernen, fortschrittlichen, fahrradfreundlichen Kommune propagiert. Davon könnte Köln sich doch etwas abgucken.

Vor meinem fantasiebegabten geistigen Auge sehe ich eine durchgehende, schön gepflasterte, bordsteinfreie Gehfläche vom Bahnhof am Dom vorbei bis zum WDR-Funkhaus am Wallrafplatz vor – begrünt und mit Sitzbereichen für Außengastronomie. Wie ich lesen konnte, ist die große Idee einer Bepflanzung mit Bäumen jetzt der schlichten Variante mit Blumenkübeln gewichen. Aber auch die wären ein Gewinn.

Aufgezeichnet von Joachim Frank