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Lesermeinungen zur Verwahrlosung„Ich finde an Köln – vom herrlichen Panorama aus der Ferne abgesehen – nichts mehr schön“

Lesezeit 7 Minuten
Am Rande einer Straße hat sich auf einem Lkw-Anhänger eine große Menge wild abgeladenen Mülls angesammelt: ausrangierte Möbel, Teppiche, Plastiksäcke und Kartons aus Pappe sind übereinander getürmt und verunreinigen zum Teil den Gehweg.

Wild abgeladener Müll auf der Rolshover Straße in Köln

Kölner und Kölnerinnen attestieren der Stadt ein gravierendes Müll- und Sauberkeitsproblem. Zu dessen Beseitigung müssen alle beitragen.

Wir haben unsere Leserinnen und Leser gefragt, wo in der Stadt ihnen Verwahrlosung auffällt und welche Vorschläge zur Verbesserung der Situation sie haben. Das haben sie geantwortet:

Verwahrlosung Kölns: Politik und Verwaltung sind gefragt

Die Oberbürgermeisterin und Frau Schock-Werner haben recht. Die Verwahrlosung des öffentlichen Raums in Köln nimmt täglich zu. Daher ist es überfällig, dass Verwaltung und Politik endlich aktiv dagegen vorgehen! Ich bin täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs, sehe, erlebe und rieche daher Straßenbahnen, Haltestellen und öffentliche Plätze. Erst in der letzten Woche berichtete ein Besucher, wie eklig er Köln findet.

Dabei es geht vor allem um zentrale Bereiche wie die Situation um den Dom, den Hauptbahnhof, den Neumarkt sowie die zentralen U-Bahn-Haltestellen. Eine Großstadt ist vielfältig und keine Postkarten-Idylle. Aber an diesen zentralen Bereichen muss es ein Mindestmaß an Sauberkeit geben, man muss sich sicher und wohlfühlen können – der öffentliche Raum gehört uns allen und muss für alle nutzbar bleiben. Der dringende Appell an die Ratsmehrheit: Handeln Sie! Gernot Papperitz Köln

Jeder Einzelne ist verantwortlich für die Sauberkeit der Stadt

Die Verwahrlosung fängt an mit von rücksichtslosen Hundehaltern achtlos liegen gelassenem Hundekot. Sie geht weiter mit Scherben von Bierflaschen, die scheinbar zwangsläufig nach dem Trinken auf Straßen und Fahrradwegen zerdeppert werden müssen. Mit Stickern und Graffiti, die überall hingeklebt und hingesprüht werden. Mit Sperrmüll an allen möglichen und unmöglichen Stellen, wo man doch bei den AWB kostenlos Sperrmüll abfahren lassen kann. Mit Müll, Unrat, Kot und Urin aller Art und überall. Mit Zerstörung des öffentlichen Raums an jeder Ecke. Das Fahren mit der KVB wird zunehmend zur ekelerregenden Angelegenheit.

Auch wenn dies alles zunimmt, so stört es mich bereits seit vielen Jahren, in denen ich an Köln – vom herrlichen Panorama aus der Ferne abgesehen – nichts mehr schön finde. Eines haben alle diese Dinge gemeinsam: Sie werden von Menschen gemacht. Von den Menschen, die in dieser Stadt leben. Wir müssen nicht nach Frau Reker, der Stadt Köln oder sonst wem rufen: Wenn jeder Einzelne es unterlassen würde, auf rücksichtslose und ignorante Art unseren Lebensraum zu zerstören und zuzumüllen, wäre allen geholfen.

Wenn ich wieder einmal wilden Müll bei der Stadt Köln melden muss, der einfach irgendwo abgeladen wird, sind die hilfreichen Menschen der AWB oft innerhalb einer Stunde vor Ort und entsorgen das. Das finde ich großartig und ich danke ihnen hiermit dafür! Wie sollen ein paar hundert Mitarbeiter der AWB aber gegen eine Million Kölner ankommen, die sich selbst die Nächsten sind und denen die Anderen gleichgültig sind? Anne Kaiser Köln

Müllproblem: „Erziehung und Kontrolle helfen“

Zur Beurteilung der angeblich unvermeidlichen Verwahrlosung hilft ein Blick über den Grenzzaun. Vor drei Monaten waren wir auf einer Reise in Japan: Kein Müll, kein Unrat, alle Toiletten, auch im öffentlichen Raum, blitzsauber, überpünktlicher ÖPNV, keine Obdachlosen, Bettler und Junkies auf den Straßen. Erstaunlicherweise finden sich in den zahlreichen gepflegten Parks keine Mülleimer! Trotz ganz viel Plastikverpackungen von Fast Food nehmen die Menschen ihren Abfall grundsätzlich selber mit.

Auch frühere Reisen zeigten uns: Bangkok, die turbulente Riesenstadt, ist trotz unzähliger Essensstände viel sauberer als Köln. In New York laden zahlreiche Sitzplätze, Bänke und öffentliche Brunnen zum Wohlfühlen ein. Menschen sind nicht geborene, ignorante Schweineigel! Erziehung durch Eltern und Schule sowie Kontrolle helfen. Sigrid Hauser-Berndt Köln

Verwahrlosung Kölns: Problemzone Ebertplatz

Zu Verwahrlosung fällt mir der Ebertplatz ein. In meiner Kindheit war der Ebertplatz und alles rund um die Eigelsteintorburg bis hin zur Bastei ein Juwel mit einer wunderbaren Grünanlage, die zum Spielen und Verweilen einlud, mit sehr guten Geschäften und Cafés, mit guten Schulen (Dreikönigsgymnasium, Ursulinenschule, Real- und Grundschulen) mit Industrie (Afri-Cola, Bierbaum-Proenen GmbH), mit dem Nordwestdeutschen Rundfunk, mit fröhlichen Bewohnern des Kuniberts-, Dom-, Ursula- und Agnes-Viertels und mit gutem Sozialverhalten.

Heute traue ich mich nicht mehr dorthin. An der unheimlich gewordenen U-Bahn-Haltestelle Ebertplatz bin ich bereits bestohlen worden. Leider ist die Konsequenz daraus, dass ich auch nicht mehr an dem für mich wertvollen Selbsthilfe e.V.-Vereinsgeschehen teilnehmen kann, dessen Versammlungsräume sich im Agnesviertel befinden. Renate K. Sokoll Köln

Die Stadt muss die Bürger künftig spürbar in die Pflicht nehmen

Mir erschienen die Einlassungen von Frau Reker zur Verwahrlosung der Stadt sehr fadenscheinig. Warum sollte gerade die Hauptverwaltungsbeamtin keinen Einfluss auf das Geschehen in ihrer Stadt haben? War das etwa in dem Bewusstsein ausgesprochen, dass während ihrer Amtszeit die Probleme der Stadt nicht maßgeblich beseitigt werden konnten? Man kann die Augen nicht davor verschließen, dass es Gruppen am Rande der Gesellschaft gibt, die den Anschluss verloren haben. Wegwünschen und vertreiben nutzt da wenig. Das verlagert das Problem nur an eine andere Stelle und verschlimmert sich dort sogar.

Eine Stadt ist so verwahrlost, wie sie die Bürger und Besucher verhunzen. Auch eine Stadt mit eingeschränkten Mitteln kann einigermaßen attraktiv und sauber daher kommen. Man muss die Menschen über die Kosten und Mühen aufklären und bei eklatanten Verstößen spürbar in die Pflicht nehmen. Wir haben ein gut funktionierendes Abfallbeseitigungssystem, um das uns umliegende Gemeinden beneiden. Man muss es nur nutzen. Wenn man aber sieht, dass selbst rund um die Abfallsammelstelle am Butzweiler Hof immer wieder alles zugemüllt ist und sonst auch jeder weniger einsichtige Winkel mit Bauschutt, alten Reifen oder anderem Abfall verschandelt wird, muss man zumindest an dem guten Willen der Bürger zweifeln. Wenn man nicht sogar Schlimmeres vermuten muss. Mülldetektive wären die richtige Antwort.

E-Scooter fallen selten von allein um oder gar in den Rhein. Leihräder fallen ebenfalls selten reihenweise um oder beschmieren sich selbst mit Farbstiften. Die öffentlichen Verkehrsmittel verschandeln sich ebenso wenig selbst. Es bedarf fast immer der helfenden Hand irgendwelcher Menschen mit einem gestörten Verhältnis zum öffentlichen Eigentum. Überall dort, wo Vandalismus, Gewalt und Randale ihre Spuren hinterlassen, bedarf es einer zielgerichteten Verfolgung und Bestrafung. Es spricht nichts dagegen, den Menschen in der Stadt wieder mehr Platz einzuräumen. Dann muss aber auch das Konzept stimmen. Wolfgang Tries Köln

Sauberkeit Kölns: Mit gutem Beispiel vorangehen und Müll sammeln

Ich gehöre zu einer kleinen, engagierten Gruppe, die einzeln oder zu mehreren Müll sammelt und die bekannte Greifzange dabei hat. In einer Woche habe ich beim Einkaufen zehn herumstehende leere Flaschen und etliche Jägermeister aufgesammelt und in den nächsten Glasbehälter entsorgt. Den meisten Passanten fällt dieses Beispiel aber kaum auf. Günter Becker Köln

Köln braucht mehr öffentliche Toiletten

Dass Köln ungepflegt ist, wird schon seit langem festgestellt. Auch das Drogenproblem ist uralt. Aber es gibt immer mehr Verpackungsmüll. Den lassen unsere Mitbürger einfach fallen. Machen sie das zu Hause auch? Den zu entsorgen, ist allerdings auch nicht immer leicht. Viele Mülleimer sind zu klein, man muss sie häufig auch suchen. Und wo finden Mann oder Frau gepflegte öffentliche Toiletten? Das kann das Ausland besser. Zu Kaisers Zeiten gab es auch bei uns schicke Bedürfnisanstalten. Lothar Brause Bornheim

Die AWB machen einen guten Job, sind aber auf Mitarbeit angewiesen

Am 5. Februar hatten die AWB einen Großeinsatz im Klingelpützpark. Die Jungs haben das alte Laub aus allen Ecken geholt, auch haben sie den Rinnstein zwischen Fußweg und Parkplatzstreifen gesäubert, wo jahrelang ein Zaun den Baustellenbereich abgrenzte. Hier staute sich besonders viel Dreck, den die Jungs aus Kulanz mitnahmen, eigentlich wäre das die Aufgabe der Baustellenbetreiber gewesen. Vielen Dank, sagen wir Bürger!

Vor einigen Monaten hat die Stadt Köln am Klingelpützpark eine öffentliche Toilette aufstellen lassen. Einen Schönheitspreis wird dieses Exemplar wohl nicht gewinnen. Eine Firma stellte zunächst „drei Bretter“ auf. Damit die nicht umfielen, wurde ein Riesensack mit Bauschutt zwischen sie gestellt. Eine zweite Firma hievte die Toilette rein. Vorher wurde der Riesensack mit Bauschutt daneben gelagert – da liegt er noch heute. Die AWB-Mitarbeiter konnten diesen Sack nicht mitnehmen. Dazu ist ein Kran nötig. Wo Dreck liegt, kommt immer mehr dazu. Wie lange noch? Helgard Feiter Köln

Köln: Verwahrlosung hat Tradition

Verwahrlosung ist doch kein neues Problem in Köln! Bereits vor über 20 Jahren habe ich, wenn ich mit dem Zug morgens am Hauptbahnhof Köln ankam und aus dem hinteren Ausgang Richtung Gereonstraße trat, gewusst, wie es im Mittelalter in Köln gerochen haben mag. Als dann auch noch einige Jahre später das alte Wassersprenglein-Wägelchen nicht mehr eingesetzt wurde, das die Straßen bewässerte, begleitete einen der „Duft“ teilweise bis zur Gereonskirche! Klaudia Haller Siegburg