Thomas Werner führt durch die denkmalgeschützte Großmarkthalle: Was sie besonders macht und wie sie in Zukunft genutzt werden könnte.
Denkmal wird saniertKölner Stadtkonservator sieht Großmarkthalle als künftiges „Herzstück der Parkstadt Süd“
Stadtkonservator Thomas Werner steht in der Halle des Kölner Großmarkts. Es riecht noch nach Fisch und Obst, das hier am Morgen über die Theken ging. Mittwochmittag haben die Händler ihre Verkaufsparzellen schon geschlossen. Doch die Marktstände sind nicht das, was Werner ins Auge fällt. Ihm imponiert die Markthalle mit ihrem Parabeldach, in seiner Mitte 21 Meter hoch. „Eine moderne Kathedrale“ sei der Industriebau für ihn.
Wenn die Händler ihre Stände Ende 2025 endgültig schließen und der Großmarkt aus der Halle gezogen ist, entsteht um sie herum die Parkstadt Süd: Das Stadtentwicklungsprojekt soll den Inneren Grüngürtel vom Justizzentrum in die Südstadt bis zum Rhein fortführen und genau dort, wo sich der Großmarkt befindet, ein neues Quartier mit Wohnungen für 10.000 Menschen schaffen. Stehen bleibt nur die denkmalgeschützte Halle.
Großmarkthalle soll in Zukunft öffentlich genutzt werden
„Die Großmarkthalle stellt für mich das Herzstück der Parkstadt Süd dar“, sagt Thomas Werner. Als solches steht sie in den Visualisierungen des Großprojekts in der Mitte der geplanten Wohnhäuser. Sie soll dem neuen Viertel Identität stiften. „Ein Denkmal ist auch ein Kulturgut und der Rahmen an Kulturgütern, die wir haben, ist endlich“, sagt Thomas Werner.
Der Stadtkonservator hat sich der „sinnvollen Umnutzung“ der Industriedenkmäler in Köln verschrieben. Was das für die Großmarkthalle konkret bedeutet, entscheidet die Kölner Politik. Die generelle Sanierung der Halle hat der Rat bereits beschlossen, sie startet für erste Abschnitte schon kommendes Jahr. Auf die Frage, welche Nutzung sich der Konservator wünschen würde, sagte er: „Auf jeden Fall eine öffentliche“.
Der Architekt und Kunsthistoriker schlug am Mittwoch vor, auch in Zukunft wieder mehrere kleine Parzellen in der Halle zu errichten. „Wenn man nur in ganz großen Maßnahmen denkt, wird es schwer“, sagt Werner, „was nicht geht, wäre eine neue Etagendecke einzuziehen.“ Aber mit einer vielseitigeren Einteilung in Form von kleineren ein- bis zweistöckigen Bauten – wie die Marktstände – bleibe die Wirkung der offenen Parabeldecke erhalten. Auch mehr und größere Eingänge sind laut Werner denkbar, aber: „Wir werden die Schale nicht ohne Ende aufreißen können.“
Kölner Großmarkthalle war wegweisend für den Bau mit Betonschale
Thomas Werner erzählt die Geschichte des Denkmals. „Die Lady lebt von einer hohen Funktionserfüllung und hat trotzdem Eleganz“, sagt er. Die „Lady“ ist ein Parabelbau aus Stahlbeton von 132 Metern Länge. Die Bögen haben eine Spannweite von 75 Metern. Auf ihnen liegt eine nur acht Zentimeter dicke Betonschicht. „Das ist ein irrer Materialgewinn gewesen damals.“ 1936 begann ihr Bau, das Ergebnis: ein Beispiel für den Einfluss von Bauhaus auf den Stil der Zeit, eine Verbindung von Ingenieurstechnik mit architektonischer Gestaltung.
Zeugnis dessen ist die Fensterfassade, die den Bau ausschließlich gen Norden öffnet. Sonne fällt also nie direkt ein. „Ein klimatischer Trick“, erklärt Werner, „die Halle braucht keine Kühlung.“ Wohl durchdacht ist auch der Keller: Die Halle steht auf 260 Gewölbekappen, in denen die Händler ihre Waren kühl lagern konnten, ohne weitere Technik.
Ausgedacht haben sich das Bauwerk der damalige städtische Architekt Theodor Teichen und Ulrich Finsterwalder, der Ingenieur beim ehemaligen Stahlbetonpionier Dyckerhoff & Widman war. Der Baukonzern hatte vor der Kölner Großmarkthalle schon die Jahrhunderthalle in Breslau mit einer runden Stahlbetonkuppel von 65 Metern Durchmesser errichtet. Den Parabelbau aus Stahlbeton gab es also schon, „aber Finsterwalder hat ihn verfeinert und in die Filigranität gebracht“, sagt Werner. Damit sei die Betonschalenkonstruktion in Köln wegweisend.