Warum Köln weiter verwahrlost, derweil der wilde Müll stinkfaul herumliegt.
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Satirischer WochenrückblickDie Anbetung der Heinzelmännchen
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Wilder Müll auf dem Ostfriedhof in Dellbrück.
Copyright: Rika Kulschewski
Alle Jahre wieder frage ich mich, was es für mein Autofahrer-Leben bedeutet, wenn der ADAC mich darüber in Kenntnis setzt, dass die Summe aller Verkehrsstörungen in NRW im vergangenen Jahr knapp 155.000 Stunden beträgt. Das sind rund 6500 Tage, wenn man alle Staus und den stockenden Verkehr zusammenrechnet.
Für Menschen, die das Auto als ihr zweites Zuhause betrachten, die es genießen, bei einem Podcast und einem Raststätten-Macchiato für fünf Euro, wenn man brav den Wert-Bon von Sanifair einlöst, hinterm beheizbaren Lenkrad mal so richtig schön zu entspannen, mag das einen gewissen Nutzwert haben.
Das ist auch der Grund, warum der Automobilclub bei seiner Jahresbilanz mit erstaunlichen Details aufwartet. Damit möglichst keiner dieser Staulustigen das Risiko eingeht, am Wochenanfang durch den Berufsverkehr zu rutschen, ohne einmal auf der Bremse gestanden zu haben.
Das Risiko ist nahezu ausgeschlossen, wenn der Staulustige sich an einem Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag zwischen sieben und neun Uhr vormittags oder 15 und 19 Uhr auf die A3 zwischen Köln und Oberhausen begibt, weil es dort mit 175 Staustunden im Jahr 2024 besonders kuschelig war. Pro Kilometer! Und die Fahrtrichtung zwischen dem Kreuz Leverkusen und den Heumarer Dreieck ist dabei völlig unerheblich.
Diese Menschen würden sich bestimmt über einen Aufkleber für die Heckscheibe freuen, mit dem der ADAC verkündet, dass NRW auch 2024 wieder „Deutscher Staumeister“ geworden ist. Das ist Balsam für die Seele, vor allem für Autofahrer, die mit einem Kölner Kennzeichen auf der bröckligen Megastelze auf der Autobahn 1 an der BayArena stehen und sich danach sehnen, endlich die neue Rheinbrücke und damit Kölner Boden zu erreichen. Weil aus der Berlin-Fahrt nach dem Pokaldrama vom Mittwoch wieder nichts wird. Hauptsache Meister und vor den Bayern, egal in welcher Sportart.
Für Menschen wie mich, die lieber Bahn fahren, weil sie im ICE für jede Verspätung den Bahnchef, weil überfordert, die Politiker, weil unfähig, oder die Strecken, weil marode, verantwortlich machen können, ist das nicht nachvollziehbar.
Auch wenn diese pauschalen Schuldzuweisungen ungefähr so sinnfrei sind, als wolle man für die vielen verwahrlosten Ecken in der Kölner Innenstadt den wilden Müll verantwortlich machen. Bloß weil der stinkfaul auf der Straße herumliegt, anstatt sein wildes Leben zu nutzen, um sich selbst in den nächsten Mülleimer zu befördern. Das wäre die Lösung für ein Kölle, dessen Ordnungsamtschef vor dem Heinzelmännchen-Brunnen zur Anbetung niederkniete, würden die ihm endlich neue Mitarbeiter schicken.