Der Viertelfinal-K.o. des FC in Leverkusen war dramatisch und hallt nach, doch der Zweitliga-Alltag wartet. Leistung und Auftreten von Mittwoch stimmen zuversichtlich.
Pokal-Drama in mehreren AktenDer 1. FC Köln zwischen Wut, Trauer, Trotz und Stolz
![GER, DFB Pokal, Viertelfinale, Bayer 04 Leverkusen vs. 1. FC Koeln / 06.02.2025, BayArena, Leverkusen, GER, DFB Pokal, Viertelfinale, Bayer 04 Leverkusen vs. 1. FC Koeln, im Bild: waehrend sich die Koelner Spieler von den Fans in der Kurve verabschieden versuchen die Fotografen unter s netz zu kommen. *** GER, DFB Pokal, Quarterfinal, Bayer 04 Leverkusen vs 1 FC Koeln 06 02 2025, BayArena, Leverkusen, GER, DFB Pokal, Quarterfinal, Bayer 04 Leverkusen vs 1 FC Koeln, in the picture while the Koeln players say goodbye to the fans in the curve the photographers try to get under the net nordphotoxGmbHx/xMeuter nph00351](https://static.ksta.de/__images/2025/02/06/938fdec1-71bc-4161-9227-cdda46822856.jpeg?q=75&q=70&rect=0,252,3900,2194&w=2000&h=1334&fm=jpeg&s=9a1bfe0987a0a5f6585724c4cf36e85b)
Im Fokus der Fotografen: Die Kölner Spieler stehen nach dem dramatischen Pokal-Aus in Leverkusen vor dem Gästeblock, vor dem ein Fangnetz gespannt ist.
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Da standen sie nun vor ihren mitgereisten Fans, die Spieler des 1. FC Köln, und wirkten nach dem Abpfiff konsterniert, einige regungslos. Anderen schienen schier übermannt von ihren Gefühlen, als die Anhänger versuchten, ihre Mannschaft aufzubauen. Die Gefühlslage, sie pendelte im Kölner Lager zwischen Wut, Trauer, Trotz und Stolz.
Der aufopferungsvolle Kampf des Zweitligisten beim Favoriten aus Leverkusen war nicht belohnt worden. Mit 2:3 nach Verlängerung musste sich die Mannschaft von Trainer Gerhard Struber im Pokal-Viertelfinale dem schier übermächtigen Doublesieger Bayer 04 geschlagen geben. Kaum jemand hatte vor dem Anpfiff auf den FC gesetzt, der am Mittwochabend aber nach einer Zwei-Tore-Führung plötzlich alle Trümpfe auf den ersten Einzug ins Halbfinale seit 2002 in der Hand zu halten schien. Und am Ende eine Tragödie erlebte. Eingetreten war doch noch „das schlimmste Szenario, das passieren konnte“, wie Linton Maina befand.
Dieses Pokal-Derby wird nachhallen. Das zeigte sich unmittelbar nach dem Abpfiff und auch am Tag danach. Die Gemüter waren weiterhin erhitzt – vor allem in den sozialen Medien. Frust und Enttäuschung brauchten ein Ventil zum Entweichen, auf der anderen Seite war von Stolz auf das Geleistete die Rede. Das vermeintliche „Nachbarschaftsduell“, es wurde dann doch emotional wie ein Derby diskutiert.
Akt I: Die Zwei-Tore-Führung
Spätestens nach dem 2:0 durch den kaum zu bremsenden Maina in der 54. Minute (der ebenso starke Damion Downs hatte den Gast in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit in Führung gebracht) rieben sich viele die Augen. Denn die Sensation lag in der Luft. Am Ende wies zwar die Statistik mit 79 zu 21 Prozent Ballbesitz, 1050 zu 290 Pässen, 23 zu fünf Torschüssen und 40 zu sechs Flanken eine oberflächlich betrachtet enorme Bayer-Dominanz aus. Das Paradoxe: Wäre der FC als Sieger vom Platz gegangen, es wäre nicht einmal unverdient gewesen. Weil er den Meister vor große Probleme gestellt, geschickt agiert, die Räume unglaublich eng gemacht und vor allem leidenschaftlich gekämpft hatte. Und weil er seine wenigen Chancen so konsequent nutzte.
Akt II: Die verpasste Vorentscheidung
Zwar hatte Bayer nach einem Geistesblitz des Ex-Kölners Florian Wirtz und der Strafraum-Klasse von Patrik Schick nur sieben Minuten nach dem 0:2 auf 1:2 verkürzt, doch allzu viel ließ der FC infolge nicht zu. In der 84. Minute bot sich Kapitän Timo Hübers die Chance zum 3:1, was wohl die Entscheidung gewesen wäre. Freistehend kam er im Strafraum zum Kopfball, doch der geriet zu unplatziert.
Akt III: Der Schiedsrichter-Frust
Die Kölner konnten die Welt nicht verstehen, als Schiedsrichter Frank Willenborg in der regulären Spielzeit satte acht Minuten nachspielen ließ. „Mir erschließt es sich einfach überhaupt nicht, dass es hier acht Minuten Nachspielzeit gibt“, rätselte Struber. „Ich habe den Schiedsrichter auf dem Platz gefragt: ‚Frank, warum acht Minuten?‘ Sechs Minuten hätten es auch getan. Er war der Meinung, dass durch die Verletzung von Max Finkgräfe die Nachspielzeit in der Länge gerechtfertigt ist“, sagte Sport-Geschäftsführer Christian Keller. Willenborg bezog wohl zudem noch vermeintliches Kölner Zeitspiel und die zwei Tore in Halbzeit zwei in seine Berechnung ein.
Akt IV: Der Last-Minute-Schock
…der eigentlich doch kein richtiger war. Denn das Leverkusener Tor fiel nach exakt fünf Minuten und 47 Sekunden der Nachspielzeit; auch nach dem 2:2 wurde noch weitergespielt. Es fiel, weil der sonst so abwehrstarke FC einmal nicht wach war: Die Kölner ließen Frimpong ungestört flanken, dann gewann der formidable Schick das Kopfballduell mit Hübers.
Akt V: Die Bayer-Urgewalt
Wohl dem, der Spieler eines Formats von Victor Boniface einwechseln kann, zudem kamen noch Hincapie, Tella, Aleix Garcia und Hermoso ins Spiel. Eben jenem Boniface gelang das entscheidende Tor. Aber wieder half der müder werdende FC mit: Erneut wurde ein Leverkusener (Grimaldo) nicht an der Flanke gehindert, Boniface stahl sich im Rücken des bis dato fehlerlosen Neuzugangs Joel Schmied davon und drückte den Ball mit Wucht über die Torlinie (98.). Der Nackenschlag für den FC, der letzte Akt? Nein!
Akt VI: Das Abseits-Drama
Denn der FC hatte doch noch eine Antwort parat. Die Kölner bauten in den letzten Minuten noch einmal Druck gegen viel zu sorglose Leverkusener auf. Nach Vorarbeit von Steffen Tigges drückte Neuzugang Imad Rondic den Ball tatsächlich in die Maschen. Ekstase im Kölner Lager, die jäh gestoppt wurde. Der VAR überprüfte die Szene. Referee Willenborg erklärte über die Stadionlautsprecher, dass eine Abseitsstellung von Rondic vorlag. Eine hauchdünne Entscheidung.
Akt VII: Umgang mit dem bitteren Aus
Der starke Routinier Dominique Heintz gab die Parole aus: „Alle Kölner können heute stolz sein. Im Block, zu Hause vor dem Fernseher – auf das, was wir geleistet haben.“ Struber sagte: „Das Spiel hat uns allen einmal mehr gezeigt, wie mit unseren Fans zusammen der Puls und Herzschlag beim FC ist. Man könnte ja fast schon von Liebe sprechen.“ Die Kölner hoben die positiven Aspekte der Partie hervor und schworen sich auf den Zweitliga-Alltag ein. Maina: „Jetzt ist es wichtig, dass wir abschalten. Wir können uns von dem Spiel nichts kaufen. Wir müssen den Schalter umlegen und uns auf die Liga konzentrieren.“ Am Sonntag (13.30 Uhr, Sky) kommt Schalke nach Müngersdorf.