Leverkusen wendet eine Blamage ab, besiegt Zweitligist Köln 3:2 und steht im Halbfinale des DFB-Pokals.
Bayer 04 kämpft den FC niederFlorian Wirtz feiert mit den Ultras – und liefert „kranke“ Vorlage
Kurz vor Mitternacht am späten Mittwochabend erfüllte Florian Wirtz den Fans in der Nordkurve ihren Wunsch. Zum ersten Mal überhaupt kletterte Bayer 04 Leverkusens Superstar zum harten Kern der Ultras aufs Capo-Podest und gab den Anpeitscher zur Party nach dem DFB-Pokal-Derbysieg. Den erwartbaren „scheiß FC Köln“-Schmähgesang ließ der einstige Jugendspieler des großen Rivalen aus.
Doch allein die Tatsache, dass es Wirtz nach der gerade eben abgewendeten Blamage gegen Köln (3:2 nach Verlängerung) hoch zu den Leverkusener Fans zog, beweist zweierlei: Den Grad der Erleichterung beim Werksklub, nach einem 0:2-Rückstand doch noch das Halbfinale erreicht zu haben. Und Wirtz‘ umfänglichen Abschluss mit seiner Vergangenheit und dem Klub, bei dem er immerhin zehn Jahre seiner Kindheit verbracht hatte. Andere Spieler verkneifen sich das Jubeln nach Toren gegen ihren Ex-Verein. Wirtz steht ehrlich zu seinen Gefühlen dem FC gegenüber. Immerhin hatten viele Kölner Anhänger gejubelt, als er sich beim Derby im März 2022 in Leverkusen das Kreuzband gerissen hatte und vom Platz getragen werden musste.
Weltklasse-Vorlage von Florian Wirtz für Patrik Schick
Die Verletzung hat Wirtz überwunden, dazu ist er längst in der fußballerischen Weltklasse etabliert. Der 21 Jahre alte Nationalspieler hatte auch am Mittwoch großen Anteil am Comeback der Werkself gegen den Tabellenführer der 2. Bundesliga – obwohl er nicht seinen besten Tag erwischte. Vor allem, weil die FC-Defensive glänzte und Leverkusens Hintermannschaft mehrfach schwer patzte, durfte Köln lange von der Sensation träumen: Edmond Tapsoba, Nordi Mukiele und Exequiel Palacios ließen Linton Maina und Daimon Downs vor dem 0:1 gewähren, vor dem 0:2 patzten Jonathan Tah und abermals Mukiele.
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Der erste geniale Wirtz-Moment, nachdem er eine Stunde eng und erfolgreich bewacht wurde, leitete die Wende ein: Mit der Fußspitze pflückte Leverkusens Regisseur einen weiten Ball von Tah aus der Luft, schüttelte Bewacher Jan Thielmann ab und spielte Patrik Schick frei – 1:2. Der Tscheche wuchtete in der üppigen Nachspielzeit den Ball nach einer Flanke von Jeremie Frimpong zum 2:2 ins Netz. Und in der Verlängerung sorgte Victor Boniface mit dem 3:2 in weiten Teilen der Bay-Arena für eine Jubel-Explosion.
Granit Xhaka hofft auf „ganz, ganz viel Moral“
Ein solch denkwürdiger Sieg mache „noch mehr Spaß als einfach 3:0 zu gewinnen“, sagte Leverkusens Abwehrchef Jonathan Tah. Es gebe einfach Tage, „an denen nicht alles funktioniert“, aber „auf dem Weg zu etwas Großem“ habe man nunmal immer ein solches Spiel dabei. Dieses werde der Mannschaft jedenfalls „ganz, ganz viel Moral geben“, betonte Granit Xhaka. Doppeltorschütze Schick schwärmte in höchsten Tönen von seinem Vorlagengeber. „Das erste Tor war wieder sensationell gemacht von ihm. Sein erster Kontakt bei dem langen Ball war krank. Auch sein Assist, mit Auge“, sagte der 29-Jährige.
Ob Xabi Alonso diese Aktion als aktiver Spieler auch gelungen wäre? „Ich? Nein, ich hatte andere Qualtäten, aber nicht die von Flo“, sagte der frühere Weltklasse-Sechser. „Die ganze Aktion war spektakulär, das Tor war sehr schön.“ Von Mittelfeld-Chef Xhaka gab es ebenfalls ein Sonderlob für Wirtz: „Er ist zwar ein Zehner, aber mit Mentalität wie ein Sechser. Er arbeitet nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz sehr viel. Und er ist gerade einmal 21. Für mich ist er ein Top-10-Spieler auf der Welt.“
Bayer 04 Leverkusen mit großen Defensivproblemen
Obwohl am Ende in erster Linie der Einzug ins Pokal-Halbfinale und die Chance auf die Titelverteidigung steht, gibt es für Xabi Alonso einige Dinge aufzuarbeiten. Neben den diversen Defensivschwächen der ersten 60 Minuten, dürfte es dabei vor allem um die zweite Halbzeit der Verlängerung gehen. Obwohl reihenweise internationale Spitzenfußballer eingewechselt wurden, gelang es der Werkself nicht, den auf dem Zahnfleisch gehenden FC mit Kontern in Bedrängnis zu bringen. Nur der Hauch einer Abseitsstellung verhinderte das 3:3.
„Alle waren ein bisschen hektisch, das ganze Spiel über. Gerade in den letzten 15 Minuten hatten wir nicht die Kontrolle, es fehlte die Struktur“, sagte Leverkusens Trainer. „Aber wir sind sehr glücklich, dass wir im Halbfinale sind. Es war ein schweres Spiel gegen einen guten Gegner. Wir haben eine gute Reaktion gezeigt – wieder.“ Denn späte Tore und späte Siege waren ein Eckpfeiler des Leverkusener Doublesiegs 2024, als ebenfalls Bayer-Stars auf dem Capo-Podest mit den Fans feierten.