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Erster Urlaub ohne ElternBrings-Keyboarder Kai Engel im Horror-Urlaub auf dem Ponyhof

Lesezeit 4 Minuten

Kai Engel am Rhein

Im Grunde war nach der Sache mit dem Stromschlag eh alles gelaufen. Es war 1979, Brings-Keyboarder Kai Engel gerade acht Jahre alt. Mit seinen älteren Brüdern Ilja (damals 9) und René (10) stand er am Kuh-Zaun und winkte den Eltern nach. Die fuhren im Wohnmobil drei Wochen nach Südfrankreich, die Kinder blieben auf einem Ponyhof im oberbergischen Reichshof.

„Und als ich da so stand, mir die Tränen runterliefen und ich Mama und Papa winkte“, erinnert sich Kai Engel, „da habe ich mich am Kuh-Zaun festgehalten. Bloß war der elektrisch geladen.“ Darauf weinte er nicht nur vor Abschiedsschmerz, sondern eben auch so vor Schmerz. Und fröhlicher sollte der kleine Kai in seinen ersten Ferien ohne Eltern auch erst mal nicht mehr werden.

„Es war grausam“, findet er. „Ganz grausam. Drei Jungs auf einem Ponyhof. Muss ich noch mehr sagen?“ Seine Eltern hätten ihren Söhnen etwas Gutes tun wollen. „Das war bestimmt kein billiger Aufenthalt da“, vermutet er. „Das war ein richtiger Ferienhof. Da waren zu der Zeit bestimmt an die 30 Kinder. Wenig Jungs, aber viele fröhliche Mädchen. Und eben wir.“

Ich bin dann mal weg – zum ersten Mal ohne Eltern! In der Serie „Ganz allein“ erzählt an jedem Mittwoch in den Sommerferien ein prominenter Kölner von diesem Abenteuer seiner Jugend.

In der kommenden Woche lesen Sie über den ersten Urlaub von Dän Dickopf von den Wise Guys ohne Mutter und Vater in einem Kibbuz in Israel.

Die Eltern hätten zum ersten Mal einen Urlaub allein unternehmen wollen, ohne Kinder. „Das kann ich auch gut verstehen“, meint Engel. „Wir drei kamen ja direkt hintereinander. Und wir waren bestimmt nicht immer einfach. Und dann waren wir nicht nur auf diesem Ponyhof, es hat auch noch die ganze Zeit geregnet.“ Den Schlamm spüre er praktisch noch unter den Füßen. Und den Geruch des Parkas werde er nie vergessen, gelb, Marke klassischer Ostfriesennerz. „Die hatten wir die ganze Zeit an, alle drei.“

In der ersten Nacht sei der damals Achtjährige so unglücklich gewesen, er habe erst einschlafen können, als er zu Bruder Ilja ins Bett gekrochen sei. „Wir waren untergebracht in Sechs-Bett-Zimmern. Und in der ersten Nacht musste Ilja mich trösten. Er hat mich ganz lieb in den Arm genommen.“

Fast möchte man nachträglich mit Kai Engel heulen. Obgleich man natürlich wissen muss: Er ist ein fabelhafter Geschichtenerzähler. Der Ponyhof gehört vermutlich zum festen Familienfeier-Repertoire. „Ja, ja“, bestätigt er, „das Gespräch kommt immer mal wieder auf das Thema.“

Samt der Ausschmückung, dass die drei Jungs in der Woche untypisch wenig gegessen hätten. „Wir hatten einfach keinen Hunger. Es hat uns nicht einmal geschmeckt.“ Vom runden Reitplatz berichtet Engel noch. „Da sind wir immer geritten auf so kleinen Ponys. Wobei – manchmal auch auf etwas größeren Pferden. Keine ganz großen, die hatten vielleicht 1,60 Meter Schulterhöhe oder so. Aber ich war damals so klein, mir kam das riesig vor, ich hatte Angst da oben- drauf.“

Parkas und Schlamm

Kai Engel ist Keyboarder von Brings. Ab Juli muss er wochenlang die Stimme schonen und darf beim Brings-Auftritt bei den Kölner Lichtern nicht mitsingen, weil er an den Stimmbändern operiert wird. Engel ist der jüngste der drei Söhne von Tommy Engel (Bläck Fööss) und Enkel von Richard Engel (De Vier Botze). Mit seiner Frau Afra lebt er in Deutz. Aus der ersten Ehe stammt Sohn Marvin.

Gute Reitgäste hätten mit den Betreuern auch kleine Ausritte unternehmen dürfen. „Wir nicht“, sagt Engel. „War vielleicht besser so.“ Außerdem hat er die Ausritte Jahre später nachgeholt: „Ich hatte mal eine Freundin, der gehörten zwei Pferde im Westerwald.“ Gemeinsam seien sie im Gelände unterwegs gewesen. „Das war auch nett, aber ein Pferdeliebhaber, nee, das bin ich nie geworden.“

Immerhin hat er aber doch noch seinen Frieden mit dem Ponyhof-Erlebnis geschlossen. „Nach einer Woche hat Tante Uli uns in Reichshof abgeholt“, weiß Engel noch. „Das war meine Lieblingstante, und die ist dann für zwei Wochen zu uns nach Sülz in die Wohnung gezogen, bis Mama und Papa wiederkamen. Das war ein richtig schöner und entspannter Resturlaub.“

Mit Appetit („wir hatten ja einiges nachzuholen“), Karten spielen, viel zu langem Aufbleiben. Dafür ohne Pferde. Ohne Regen. Und selbstverständlich auch ohne jeden Stromschlag.