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SPD sieht Probleme wegen Altlasten

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Die Rodungen für das Zuführgleis laufen bereits.

Weidenpesch – „Meine schlimmste Vorstellung ist, dass ich im politischen Ruhestand bin und nicht getan habe, was ich hätte tun können“, betont SPD-Mandatsträger Winfried Steinbach aus der Bezirksvertretung Nippes. Es geht um Altlasten aus mehreren Jahrzehnten: In jüngerer Zeit hat der 66-Jährige mit mehreren Zeitzeugen und Anwohnern in Weidenpesch gesprochen und in entsprechenden Archiven gewühlt. Dabei geht es um gleich zwei Großprojekte am alten Kiesgruben-Gelände. Dieses befindet sich zwischen Simonskaul, der Neusser Straße und den Gütergleisen, und nimmt einen sehr großen Teil der heutigen Grünfläche ein.

Abstellhalle für KVB-Bahnen

Zum einen ist in der Nähe die Bahn-Abstellhalle der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) im Bau. Vor zwei Wochen begannen die Rodungen für das Zuführgleis zur Neusser Straße, quer über die große Grünfläche zwischen Simonskaul und Gütergleisen – damit durch altes Kiesgruben-Gebiet. Ferner plant der Bauträger Bonava, angrenzend an Bestands-Häuser, eine Siedlung mit rund 330 Wohnungen, Kita, Spielplatz und Grün.

„Wohnen am Park“ heißt das beim Wettbewerb siegreiche Siedlungs-Modell des Architektenbüros Lorenzen/Mayer.

Ein Teil des Areals liegt im Bereich der alten Grube; vor allem der geplante Park um die Siedlung. Die Pläne wurden bei der Bürgerbeteiligung von Februar im Pfarrheim Heilig Kreuz erstmals präsentiert. Während der Gespräche im Viertel habe er beunruhigende Informationen erhalten, so Winfried Steinbach: So hätten Ford und die früheren Glanzstoff-Werke das Areal als Deponie genutzt. „Ein Zeitzeuge erinnerte sich zum Beispiel genau, dass hochkant aufgestellte Autowracks als Stützwände für den Rand der Deponie genutzt wurden.“ Andere hätten von Glanzstoff-Tankzügen mit „brauner Brühe“ gesprochen. Nach dem Krieg habe Ford dort sogar Abfälle verbrannt – ein Anwohner aus Longerich, hinter der HGK-Trasse, beschwerte sich 1964 über ständigen Qualm aus der Richtung der Grube bei der Stadt. „Es ist nicht mehr möglich, bei offenem Fenster zu schlafen“, hieß es.

Bei einer Begehung des Geländes mit Steinbach und dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ geht es auch zum alten Fahrübungsgelände „Motor-Ranch“, das ebenso auf dem Areal der alten Kiesgrube liegt. Inmitten des asphaltierten Parcours – an mehreren Stellen über die Jahre deutlich abgesackt – liegen einige „grüne Inseln“. „Auf dieser Fläche dort drüben können keine Bäume wachsen“, erklären Nachbarn. Einzig ein dort vor rund 20 Jahren gesetzter Ahorn trieb etwas aus, ist aber bis heute ein mickriger Busch. Auch Steinbach erinnert sich an die Deponie, die er als Kind ab und an heimlich betrat. „Wir dachten natürlich nicht an Giftstoffe. So eine Kippe war für uns Abenteuerland.“

Zur Sitzung der Bezirksvertretung Nippes hatte die SPD jetzt einen Antrag gestellt: Da ungewiss sei, was in der Erde liege, sollten alle Bauarbeiten und Planungen am Simonskaul eingestellt werden, „bis gewährleistet ist, dass sämtliche Gefahrstoffe beseitigt wurden“. Wegen Beratungsbedarf wurde der Antrag vertagt – wie auch die Verwaltungsvorlage über das städtebauliche Konzept für die neue Siedlung.

Bei der Stadt ist man weiter überzeugt, dass das Areal nicht bedenklich sei. „Wir können ganz gut einschätzen, wie die Lage ist. Im Grundwasser haben wir nie katastrophale Werte gefunden“, heißt es seitens der Verwaltung. Nach Kenntnis der Stadt sei dort nie Müll aktiv verbrannt worden; es habe sich um Selbstentzündungen oder Brandstiftung gehandelt.

Probebohrungen erfolgt

Auch habe man Probebohrungen gemacht. Die Analysen ergaben, dass eine Gefahr nicht zu erwarten sei, so Stadt-Pressesprecherin Sabine Wotzlaw. „Das entweichende Gas wird beim Austritt in die Atmosphäre stark verdünnt, die Schadstoffe innerhalb der Auffüllung teilen sich dem Grundwasser nicht mit, und bei der obersten Bodenschicht werden die Grenzwerte eingehalten.“ Man habe auch Luftbilder ausgewertet, um Abbau und Verfüllung der Kiesgrube nachzuvollziehen. Wo Wohnhäuser entstehen sollen, koffere der Investor den Boden aus. Er müsse „sicherstellen, dass sich aus der Altlast keine Beeinträchtigungen für das Vorhaben und die Umgebung ergeben.“