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SpurensucheAls das Autobahnkreuz Köln-Süd zur Rennstrecke wurde

Lesezeit 4 Minuten
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Rennwagenpiloten und Motorradfahrer lieferten sich vor einer tosenden Zuschauermenge sich auf dem Kölner Kurs in wilde Rennen. Die Strecke war nur mit Strohballen gesichert.

Köln – Die Rodenkirchener Brücke lag noch zerstört im Rhein, als die Kölner für ein paar Stunden ihren Alltag vergessen durften.

Der Kölner Club für Motorsport (KCM) hatte nach dem Zweiten Weltkrieg mehrmals versucht, am Bonner Verteilerkreis ein Straßenrennen zu organisieren. Über das Autobahnkreuz Köln-Süd und die heutige A 555 sollten sie brettern, die damaligen Rennsport-Helden wie Hein Thorn Prikker, Hans Schäfer oder Alexander von Falkenhausen, durch scharfe Kurven mit Namen wie Rheinkehre, Aachener Schleife und Bonner Kehre.

Die Strecke gehörte zu den wenigen intakten Straßen und eine Sperrung fiel kaum ins Gewicht – wegen der zerstörten Brücke fuhr ohnehin kaum jemand über die Autobahn. Zwar gibt es den Streckenverlauf noch immer, doch heute wäre ein Straßenrennen eine verkehrspolitische Katastrophe: Am Autobahnkreuz Süd sind täglich bis zu 120.000 Fahrzeuge unterwegs.

Damals spielten ganz andere Bedenken eine Rolle. Die Besatzungsmächte verweigerten in den ersten Jahren nach dem Krieg beharrlich die Genehmigung für den „Kölner Kurs“. Sie fürchteten, dass die Besucher die Felder links und rechts platt treten. Ernteausfälle in der damaligen Zeit – inakzeptabel.

Größte Rennsport-Attraktion Deutschlands

Doch 1948 setzte sich der KCM durch, die Landesregierung nickte die Pläne ab und der erste Kölner Kurs wurde am 29. und 30. Mai 1948 zur größten Rennsport-Attraktion Deutschlands seit dem Krieg.

80.000 bis 100.000 Besucher strömten an die 5,5 Kilometer lange Strecke, 300 Fahrer gingen in 16 Klassen an den Start – auf Motorrädern und in Rennwagen. Geld gab es keins zu gewinnen, dafür Küchenschränke, Motoröl oder Stoffballen für Anzüge. Eine warme Mahlzeit gab es für alle Fahrer obendrein. Es war eine PS-Party in kargen Zeiten. Improvisation war angesagt, auch bei den Fahrzeugen.

„Überwiegend handelte es sich um Vorkriegsfahrzeuge, die gut versteckt und eingemottet die Kriegszeit überstanden hatten“, so der Kölner Zweirad-Historiker Horst Nordmann: „Daneben gab es auch abenteuerliche, aus Teilebeständen der 20er und 30er Jahre hergerichtete Eigenbau-Modelle.“

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Motorradfahrer liefern sich ein Rennen.

Abgeworfene Zusatztanks von Bombern hätten teilweise als Rennwagen-Karosserie gedient. Ehemalige Wehrmachtsmotoren trieben nun Seitenwagen-Gespanne und Kleinwagen an. Auch das Fahrerfeld sei bunt gemischt gewesen, so der Autor des Buchs „Kölsche Zweiradgeschichten“: Motorsportidole der Vorkriegszeit traten neben jungen, unbekannten Rennfahrern an.

Original erhalten geblieben ist ein Teil der einstigen Landstraße 9, die von Anfang der 1940er Jahre bis in die 1960er Jahre hinein zwischen den Fahrbahnen der A 555 entlang führte.

Genutzt wird dieses Kuriosum längst nicht mehr, irgendwann wurde die Landstraße außer Betrieb genommen, größtenteils entfernt und der Rest einfach vergessen. 1948 jedoch war hier die Hölle los. Auf Höhe des Autobahnkreuzes befanden sich Start und Ziel sowie mehrere Tribünen für Fahrer, normale Zuschauer oder Regierungsvertreter. Der Rest des Publikums verteilte sich an der Strecke, geschützt vom donnernden Fahrerfeld nur durch Strohballen.

Dort, wo die Landstraße endete, machten die Rennsportler eine 360-Grad-Kehre, fuhren zurück Richtung Köln, um dann nach rechts auf die A 4 abzubiegen. Dort drehten sie erneut, fuhren am Autobahnkreuz zurück auf die A 555 (die früher noch Landstraße war) und starteten zur nächsten Runde durch.

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Startschuss für ein Rennen auf dem „Kölner Kurs“.

Trotz des schlechten Wetters kamen die Zuschauer von überall her, vor allem natürlich aus dem Rheinland. Hinter ihnen bewachten Polizisten die Felder. Motorsportbegeistert waren die Kölner seit jeher, vor dem Krieg hatten die Motorrad- und Radrennen auf der Riehler Bahn oder im Stadtwald Tausende begeistert.

Auch die Resonanz auf den Kölner Kurs war gewaltig. „Die Veranstaltung hat bundesweit Beachtung gefunden“, sagt Matthias Siebenhühner vom Motorsport-Club Porz, der seit 1990 in Erinnerung an den Kölner Kurs ein Motorrad-Rennen gleichen Namens auf dem Nürburgring veranstaltet. Die Berichterstatter der „Motorradwelt“ bezeichneten das Rennen als „Demonstration des Fortschritt und des Aufbauwillens.“

Warum der „Kölner Kurs“ verschwand

Doch der Ruhm sollte nicht lange währen. Begonnen hatte die zweite Ausgabe des Kölner Kurses am 19. Oktober 1949 noch so verheißungsvoll wie die erste.

Erneut waren mindestens 80.000 Zuschauer an die Fahrbahn gekommen. Sie bejubelten Hein Thorn Prikker, der auf seiner Moto Guzzi die Klasse der 250-Kubikzentimeter-Saugmotoren gewann, obwohl er mit 50 Sekunden Verspätung gestartet war. Sie begrüßten Konrad Adenauer, den frisch zum Bundeskanzler gewählten ehemaligen Oberbürgermeister Kölns.

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Ein Rennfahrer.

Aber beim Eintritt zahlen nahmen es viele nicht so genau. Etliche Zuschauer hatten sich ohne Ticket an die eigentlich gut gesicherte Strecke geschlichen. Zudem kursierten offenbar viele gefälschte Eintrittskarten. Am Ende jedenfalls landete nur der Eintritt von 29.000 Gästen beim Veranstalter. Der KCM saß auf 78.000 D-Mark Schulden und der Kölner Kurs war Geschichte.