Köln – Die Stadt rechnet damit, dass sie weit mehr ukrainische Flüchtlinge als bislang zumindest zeitweise unterbringen muss. Wie Sozialdezernent Harald Rau in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses am Donnerstagabend sagte, gibt es Schätzungen der Bundesregierung, dass eine Million Geflüchtete aus dem osteuropäischen Land Deutschland erreichen könnten.
Nach dem Königsteiner Schlüssel, nach dem Geflüchtete auf Ländern und Kommunen verteilt werden, müsse die Stadt in diesem Fall 10.000 Menschen unterbringen. „Das heißt, wir brauchen eine Kapazität von 10.000 Betten“, so Rau. Dabei handele es sich sogar um eine niedrige Schätzung.
Derzeit wisse die Stadt von 4700 Ukrainern, die in Köln angekommen sind. Gut 3200 davon habe die Kommune untergebracht, der Rest lebe in privaten Unterkünften, etwa bei Freunden, Bekannten oder Kölnern, die Ukrainer aufgenommen haben. Zudem gebe es eine hohe Dunkelziffer, weil sich die Geflüchteten nicht sofort bei den Behörden melden müssen, sondern sich 90 Tage visumsfrei in Deutschland aufhalten dürfen. Nachdem in den ersten Tagen nach Kriegsbeginn bis zu 500 Ukrainer am Tag nach Köln gekommen seien, liege die Zahl derzeit bei etwa 200 Menschen pro Tag. „Wir können aber nicht absehen, wie viele Menschen morgen oder heute Nacht kommen.“
Daher sei Stadt dabei, die Kapazitäten für Unterkünfte auszubauen. Nachdem die Reserve an Unterkünften mit 1500 Plätzen und auch die Notunterkunft an der Messe mit weiteren 1500 Plätzen bereits belegt sei, miete die Verwaltung zahlreiche Hotelbetten an. Derzeit halte die Stadt 1400 Plätze vor. Momentan würden nur Verträge mit Hotels unterzeichnet, die auch eine Vollverpflegung anbieten können.
An der Vorgebirgsstraße errichtet die Feuerwehr seit Mittwoch ein zweites Verteilungszentrum. Dabei handele es sich um Leichtbauhalle mit 800 Plätzen, die freilich wie Zelte anmuten. Wie in der Messe soll es für Familien abtrennbare Bereiche geben. „Wir wollen nicht schon wieder Turnhallen belegen und damit Schulen und Kinder zu Leidtragenden machen“, sagte Rau. Die Stadt sei dabei, auch weitere Container mit besserer Qualität zu bestellen. Allerdings betrage die Lieferzeit mehrere Monate.
Insgesamt stellte Rau der Stadt ein gutes Zeugnis aus. „Wir waren anfangs überfordert, aber kein Mensch musste auf der Straße bleiben.“ Die Reserve von 1500 Plätzen, die nach dem Anstieg der Flüchtlingszahlen 2015 aufgebaut worden war, habe der Stadt einige Tage lang Luft verschafft, um andere Kapazitäten aufzubauen. „Es war ruckelig, aber das Konzept ist aufgegangen. Im Vergleich zu anderen Kommunen waren wir nicht schlecht aufgestellt.“ Mehrere Ausschussmitglieder dankten Stadt, Hilfsorganisationen und freiwilligen Helfern für ihre Arbeit.
Nach wie vor will die Stadt keine Wohnungsbörse betreiben, in der private Vermieter und Flüchtlinge zusammengebracht werden. Die Stadt könne nicht garantieren, dass alle Angebote seriös seien. „Es sind auch schwierige Angebote auf dem Markt“, so Rau.
Gespräche mit der Diakonie
Der Leiter des Wohnungsamts, Josef Ludwig, kündigte an, dass möglichst schnell weitere Plätze für die Geflüchteten geschaffen werden sollen. „Wir sind in der Akquise von Objekten und Flächen stark unterwegs.“ Im Fokus seien etwa drei Häuser der Diakonie Michaelshoven, die eigentlich zum Abriss vorgesehen waren. „Wir haben die Häuser begutachtet. Sie sind wegen einer Schimmelproblematik nicht zum schnellen Bezug geeignet.“
Mittelfristig will die Stadt aber mit der Diakonie zusammenarbeiten. Auch in den Sozialhäusern in der Geisbergstraße (Sülz), in Systembauten am Weißdornweg in Rondorf, an der Ringstraße in Rodenkirchen und der Kronstädter Straße in Weiden könnte weitere Unterkünfte für Flüchtlinge entstehen.