„Niemals wird Putin diese Menschen unterjochen“Städtepartnerschaft Köln-Dnipro: Kultur, Solidarität und Kampfgeist im Fokus

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Henriette Reker während einer Demonstration. (Archivbild)

Henriette Reker während einer Demonstration. (Archivbild)

Auf der Veranstaltung zur Städtepartnerschaft waren Henriette Reker, Nathananel Liminski und weitere Experten eingeladen.

Am vergangenen Freitag sprachen der nordrhein-westfälische Minister für Europaangelegenheiten Nathananel Liminski, Oberbürgermeisterin Henriette Reker und drei Experten im historischen Rathaus über die Projektpartnerschaft zwischen Köln und der ukrainischen Stadt Dnipro. Auf der Veranstaltung mit etwa 180 Gästen wurde insbesondere über den Erhalt der ukrainischen Kultur in Kriegszeiten gesprochen.

Reker plant eine dauerhafte Partnerschaft mit Dnipro und betonte, dass es sich bei der Unterstützung der Ukraine um mehr als Humanismus handele. Liminski forderte, dass NRW ein Ort werden müsse, in dem die ukrainische Kultur überwintern könne und betonte seinen Glauben an einen ukrainischen Sieg.

Köln und die ukrainische Stadt Dnipro seit über zwei Jahren Projektpartnerstädte

Die Stadt Köln und die ukrainische Stadt Dnipro sind seit über zwei Jahren Projektpartnerstädte. Das Verhältnis der beiden wird enger, nicht zuletzt, weil sie sich ähneln. Dnipro ist eine Stadt im Osten der Ukraine mit einer Million Einwohnern und einer diversen Kultur. Die Stadt Köln unterstützt sie mit Bussen der KVB, die in die Ukraine gebracht werden, sowie mit dem Verein „Blau-Gelbes-Kreuz“, der verschiedene Hilfsangebote organisiert. Reker hofft, mit der Städtepartnerschaft einen Teil zur nötigen Unterstützung beitragen zu können. „Der Rat der Stadt Köln wird eine vollwertige Partnerschaft mit Dnipro eingehen.“

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Neben dieser Bekanntmachung sprach sie in ihrer Rede auch über die allgemeine deutsche Verantwortung „Viele fragen sich, wie es so weit kommen konnte. Wir haben oftmals die Dinge abgetan. Aber auch der Gedanke einer russischen Seele und die Romantisierung ihrer Kultur spielen eine Rolle. Wir haben den Blick auf russische Nachbarstaaten vernachlässigt.“ Weiter betonte Reker den Kampfgeist der Ukrainer eingehend: „Niemals wird Putin diese Menschen unterjochen können“, unterstrich sie.

Reker über Ukrainer: „Niemals wird Putin diese Menschen unterjochen können“

Rekers Nachredner war an diesem Abend Nathanael Liminski (CDU), der NRW-Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, sowie Chef der Staatskanzlei. NRW ist im bundesweiten Vergleich das Bundesland mit den meisten ukrainischen Geflüchteten. Das sind laut aktuellen Angaben des Landes NRW etwa 230.000 Menschen. „Wir werden auch weiter so lange wie nötig und umfassend unterstützen. Diesen Worten müssen Taten folgen“, sagte Liminski. „Bei diesem Krieg geht es darum, die ukrainische Identität auszulöschen. Daher müssen wir den Ukrainern Räume schaffen, in denen ihre Kultur überwintern kann“, so der Politiker.

Dnipro im April 2024: Ukrainische Soldaten passieren ein durch einen russischen Angriff beschädigtes Gebäude.

Dnipro im April 2024: Ukrainische Soldaten passieren ein durch einen russischen Angriff beschädigtes Gebäude.

Die Veranstaltung wird von der Violinistin Olga Glibovych und dem Pianisten Yaromyr Bozhenko begleitet. Sie spielten an dem Abend ausschließlich Stücke von ukrainischen Komponisten. Dies sei ein gutes Beispiel, um die Kultur außerhalb des Heimatlandes weiterleben zu lassen. Liminski führte neben der Botschaft, die Kultur zu unterstützen noch eine weitere Forderung an: „Wir glauben an den Sieg der Ukraine. Der Einsatz von Recht und Freiheit kennt kein Preisschild. Wir können nicht bei jeder Waffenlieferung die Grundsatzdebatte aufs Neue führen.“

Andrii Portnov spricht über Historie von Dnipro

Als Gastvortragende saßen drei Experten auf dem Podium. Zunächst war der Ukrainer Andrii Portnov von der Europa-Universität in Frankfurt an der Oder eingeladen, in einem Vortrag, über Dnipros Vergangenheit zu sprechen. Diese sei, laut dem Historiker, von Industrialisierung und sowjetischer Besetzung stark geprägt. Stolz präsentierte er ein Bild des größten jüdischen Gemeindezentrums der Welt namens „Menorah Center“, das in Dnipro steht. „Das tolle an Dnirpo ist, dass wir die Menorah haben und ein paar Hundert Meter weiter eine katholische und evangelische Kirche, sowie eine Moschee“, so der Historiker.

Diese religiöse Diversität Dnipros sei durch die Industrialisierung und die damit verbundene Einwanderung in die Stadt entstanden. Dnipro ist die viertgrößte Stadt der Ukraine und liegt dazu noch im Osten des Landes und somit nah an der russischen Grenze liegt. Daher ist die Stadt oft Zielscheibe von Luftangriffen, die Menschenleben und Infrastruktur vernichten. Portnov sagte: „Ich kann noch nicht absehen, was der Krieg mit der Dnipro-Kultur machen wird.“

Solidarität zeigen

Portnovs Kollegin ist die Historikerin Franziska Davies von der Ludwig-Maximilian-Universität in München. Sie fügte hinzu: „Dnipro wurde über die Jahre stark von Russland beeinflusst. Als ich vor dem Krieg dort war, hing auf Russisch der Satz ‚Wir sind Ukrainer‘ auf Plakaten in der Stadt. Die Sowjets haben den Menschen über Jahrzehnte vermittelt, dass Russisch die höherwertige Sprache sei. Daher wird Russisch primär in Städten gesprochen und im ländlichen Raum vermieden.“

Eine Erfahrung, die die ukrainische Kulturmanagerin und Kuratorin Julia Ovcharenko teilt: „Als ich klein war und meine Oma 20 Kilometer von der Stadt entfernt für ein paar Wochen im Sommer besucht habe, wurde ich als ich wiederkam dafür ausgelacht, Ukrainisch zu sprechen und das in der Ukraine.“ Um die aktuelle Situation zu bessern, müsse man laut Davies drei Dinge tun: Solidarität zeigen, einsehen, dass die Ukraine für uns alle kämpfe und Stimmen aus der Ukraine sichtbar machen, was beispielsweise durch das Zeigen von Kultur geschehen könne.

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