Drei Viertel finden, die Verwaltung berücksichtigt ihre Interessen nicht. Was die Stadt dazu sagt – und was jetzt passieren muss.
IW-StudieGroßteil der Unternehmen empfindet Kölner Stadtverwaltung als selbstbezogen
Unternehmen haben es inmitten von Krieg und Krise gerade nicht leicht, doch die Kölner Wirtschaft ist besonders unzufrieden. Nicht nur mit Fachkräftemangel und Konsumflaute, sondern ausdrücklich mit der Kölner Stadtverwaltung: Der Großteil der Firmen in Köln findet, dass die Stadt ihre eigene Meinung und Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt, nicht aber die der Unternehmer.
So steht es zumindest in der Studie „Starke Wirtschaft. Starkes Köln.“, die IW Consult, eine Tochter des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, herausgegeben hat. Auf knapp 300 Seiten hat IW Consult die Situation der Kölner Wirtschaft zusammengefasst und dafür 260 Unternehmen aus Köln und der Region befragt. Während Köln in vielen Bereichen gut abschneidet, etwa bei Forschungsstärke und Beschäftigtenzahl, kommt die Stadtverwaltung nicht gut weg.
Kölner Verwaltung schneidet im Vergleich zu München und Frankfurt schlecht ab
Die Studie wurde unter anderem von städtischen Unternehmen in Auftrag gegeben – den Stadtwerken Köln und der Wirtschaftsförderung Kölnbusiness. Mit dem Ergebnis dürften sie wohl nur minder zufrieden sein, da immerhin drei Viertel der Kölner Unternehmen angeben, die Verwaltung wahre eigene Interessen stärker als die der Unternehmen. Wirtschaftsdezernent Andree Haack Köln äußert sich auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ eher vage zur Kritik: „Köln ist im Vergleich zu vielen Städten gut aufgestellt, und doch sensibilisiert die Studie dafür, wie Verwaltung, Politik, aber auch die Wirtschaft selbst hier noch erfolgreicher werden können.“
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Welchen Städtevergleich er meinte, ließ der Dezernent offen. Die Studienautoren jedenfalls haben Köln mit München und Frankfurt verglichen und festgestellt, dass die Verwaltung in Köln besonders schlecht abschneidet. Während in Köln nur 23 Prozent der Firmen angeben, dass sie bei der Verwaltung Gehör finden, sagen das in Frankfurt 37 Prozent und in München 39 Prozent. Die Kölner Verwaltung wird von den Befragten zudem als besonders selbstbezogen gesehen: 73 Prozent der Unternehmen finden, dass die Verwaltung vor allem ihre eigenen Meinungen und Bedürfnisse sieht. In München bestätigen das nur 45 Prozent, in Frankfurt 61 Prozent.
Köln sollte „großen Wurf wagen“
Ein Resümee der Autoren: Wenn Politik und Verwaltung in Köln wirtschaftsorientierter agieren und so beispielsweise Ermessensspielräume besser nutzen würden, könnten erhebliche Wertschöpfungspotenziale in der Stadt gehoben werden. Köln sollte einen großen Wurf wagen und sich auf den Weg machen, das städtische Profil zu stärken und mehr Strahlkraft zu kreieren. Damit Köln wirtschaftsfreundlicher wird, empfehlen die Autoren unter anderem, einen Innovationspark zu gründen, in dem alle relevanten Akteure aus Politik und Wirtschaft zusammenkommen.
Oberbürgermeisterin Henriette Reker zeigt sich offen für die Vorschläge. „Die Studie habe ich mit Interesse zur Kenntnis genommen und den Wirtschaftsdezernenten bereits beauftragt, die nötigen Konsequenzen aus der Studie zu ziehen und die aufgezeigten Handlungsempfehlungen zu prüfen“, sagt sie auf Anfrage.
Wirtschaftsdezernent Haack findet: „Natürlich bleibt noch viel zu tun, aber wir kommen voran.“ Die Stadt Köln habe die in der Studie genannten Entwicklungsziele bereits erkannt. Haack führt als Beispiele die Stadtstrategie „Kölner Perspektiven 2030+“, die Wirtschaftsförderung Kölnbusiness und das neu gegründete Dezernat für Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionales an. „Damit hat sich Köln vor Jahren bereits auf den Weg gemacht, um die Wirtschaft dauerhaft zu stärken. Und mit unserem Stadtentwicklungskonzept für die produzierende Wirtschaft haben wir gerade erst genau in diese Richtung erste Ergebnisse geliefert.“
Haack will nicht nur die Besten, sondern einen Mix
Eine Handlungsempfehlung der Studie sieht Haack kritisch: Die Autoren schlagen vor, dass Köln aufgrund knapper Gewerbe- und Industrieflächen die Ansiedlungspolitik ändert und Branchenführer bevorzugt. Dieser „Best-in-Class-Ansatz“ soll dafür sorgen, dass nur die Besten einer Branche kommen und so einen möglichst hohen steuerlichen Beitrag leisten können. Die wenigen freien Flächen sollten nur jene Unternehmen bekommen, so die Studie, die eine hohe Produktivität, Umsatzrendite oder Innovationstätigkeit nachweisen könnten.
„Ganz so einfach wie in der Theorie ist es in der Praxis nicht“, sagt Haack. Eine solche Strategie könne durchaus zu einem deutlich höheren Gewerbesteueraufkommen führen, indem sie profitable Unternehmen und Wachstumsbranchen anziehe. „Wenn die Best-in-Class-Strategie auf resilienten und konjunkturunabhängigen Branchen aufbaut, kann das Gewerbesteueraufkommen stabiler und weniger anfällig für konjunkturelle Schwankungen werden. In der Pandemie hat sich jedoch gezeigt, dass Köln mit dem vielfältigen Branchenmix gut durch die Krise gekommen ist“, so Haack. Ein Fokus auf die jeweils Besten einer Branche sei keine alleinige Lösung, sondern eher eine Ergänzung für die „derzeit durch Transformationsprozesse belastete industrielle Basis in Köln“, die so gestärkt werden könne.