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Rätsel um tödlichen KVB-UnfallAugenzeugin widerspricht Polizei und Stadt Köln

Lesezeit 3 Minuten

Auf diesem Bahnübergang verunglückte eine junge Frau.

  1. Im Januar vergangenen Jahres wurde eine 27-jährige Frau in Sülz von einer KVB-Bahn erfasst und schwer verletzt. Sie starb wenig später.
  2. Ein Unfall, der bis heute Rätsel aufgibt, obwohl die Staatsanwaltschaft sich sicher ist, dass das Opfer eine rote Ampel missachtet haben muss.
  3. Dem widerspricht Saskia Placzek, die den Unfall von ihrem Geschäft aus gesehen hat. Mit uns hat sie über ihre Erlebnisse gesprochen.

Köln – Als Saskia Placzek am 16. Januar vergangenen Jahres morgens zu ihrem Geschäft kommt, scheint alles wie immer. Aber das ist es nicht. Die 35-Jährige hat kaum geschlafen. Noch immer dröhnt der Knall in ihren Ohren, der sie am Abend vorher gegen 18.30 Uhr aufgeschreckt hat.

Sie war gerade dabei, ihren Laden auf der Luxemburger Straße abzuschließen, als nur wenige Schritte hinter ihr ein Unglück geschah. Auf Höhe des Weisshaus-Kinos wurde eine junge Frau am Fußgängerüberweg von einer Bahn erfasst und schwer verletzt, sie starb später im Krankenhaus (hier lesen Sie mehr). Placzek war sofort klar, dass da „ein schlimmer Unfall“ passiert sein musste. Ein Unfall, der bis heute Rätsel aufgibt, auch wenn der Hergang nach Bewertung der Staatsanwaltschaft inzwischen eindeutig aufgeklärt ist.

Staatsanwaltschaft Köln: Unfall war unvermeidbar

Demnach soll das 27 Jahre alte Opfer den Bahnübergang trotz Rot zeigender Fußgängerampel überquert haben, der Bahnfahrer habe noch eine Vollbremsung eingeleitet, sagt Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer. Der Unfall sei für den Fahrer aber nicht mehr vermeidbar gewesen.

Am nächsten Tag steht Geschäftsfrau Placzek fast den ganzen Tag in der Nähe des Fensters ihres Geschäfts, von dem sie die Gleise und die damalige Baustellenampel gut sehen kann. Gegen Mittag stellt sie zum ersten Mal fest, „dass die Baustellenampel für die Fußgänger Grün zeigte und die Bahn trotzdem fuhr“. Sie rief bei der Polizei in Sülz an, habe aber niemanden erreicht. Sie sprach einen Ermittler des Verkehrskommissariats an, als der sich die Unfallstelle ansah. Ob er auch gesehen habe, dass die Ampel falsch geschaltet sei, fragte sie. Doch der Mann habe das verneint und behauptet, die Ampel sei richtig geschaltet.

Stadt Köln bestreitet defekte Ampelschaltung

Placzek hat, wie sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet, an diesem und den folgenden Tagen mehrfach die Ampel beobachtet und bemerkt: „Es war nicht durchgängig falsch geschaltet, aber es kam zwischendurch immer wieder zu einer falschen Schaltung.“ Weil es sie ärgert, dass nichts passiert, ruft sie bei der Stadt an. Das Amt für Straßen- und Verkehrstechnik teilt ihr mit: die Anlage sei überprüft worden. Das Ergebnis: „Alle Ampeln funktionieren richtig“.

Hier lesen Sie mehr: Tödlicher Unfall in Köln-Sülz – KVB warnte Stadt vor Gefahr durch Ampelschaltung

Die Staatsanwaltschaft ließ die Unfallstelle und das tödliche Geschehen aufwändig von einem externen Sachverständigen prüfen. Der Hergang wurde nachgestellt, es gab eine Ortsbegehung, technische Unterlagen und Zeugenaussagen wurden ausgewertet. Der Gutachter kam zum Ergebnis, dass die 27-Jährige über Rot gegangen sein muss. Die Bahn habe den Übergang bei gelbem Signal überquert. Für eine Anklage gegen den Bahnfahrer reiche die Beweislage nicht aus, betont Bremer.

Kölner Polizei stellt Absperrbaken auf

Placzek blickt von ihrer Kladde auf, in der sie die Abläufe teilweise mit Uhrzeit festgehalten hat. Sie möchte wissen, wann genau die Stadt die Ampelanlage überprüft haben will. Sie habe den Übergang doch die ganze Zeit im Blick gehabt und „irgendwas davon mitkriegen müssen“.

Am 23. Januar ruft sie erneut bei der Polizeiwache an und teilt mit, „dass die Ampelschaltung wieder zeitweise falsch funktioniert“. Zwei männliche Beamte und eine weibliche Kollegin seien sofort gekommen. Während sie gemeinsam auf die Ampel schauen, fährt wiederum eine Bahn bei Grün durch. „Daraufhin haben die ganz zügig reagiert und den Übergang mit rot-weißem Absperrband dichtgemacht. Wenig später – „ich glaube noch am selben Tag“ – seien dort provisorische Absperrbaken aufgestellt worden.

Stadtwerke Köln melden Schadensersatz an

Die Stadtwerke Köln (SWK) als rechtliche Vertreter der KVB haben nun aufgrund des Sachverständigen-Urteils Schadensersatzansprüche wegen der beschädigten Bahn an die Eltern der getöteten 27-Jährigen erhoben (hier lesen Sie mehr), außerdem hätte der Fahrer damals einen Schock erlitten.