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Urteil im RaserprozessEltern von Miriam S. sprechen über ihre Gefühle

Lesezeit 3 Minuten

Gerichtsverfahren gegen die beiden Raser vom Auenweg

  1. Erkan F. (23), und Firat M. (22) mussten sich wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht verantworten.
  2. Erkan F. wurde zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Er muss 150 Sozialstunden ableisten. Firat M. erhielt ein Jahr und neun Monate zur Bewährung.

Köln – Die Eltern hatten auf ein „angemessenes“ Urteil gehofft, auf ein Strafmaß, das geeignet sei, potenzielle Raser abzuschrecken. Höchstens darin, so hatten sie vor Prozessbeginn erklärt, könnten sie so etwas Ähnliches wie einen Sinn erkennen in dem tragischen Tod ihrer Tochter Miriam (19), die durch ein Wettrennen zweier Autoraser vor einem Jahr auf dem Auenweg getötet worden war. Aber Marita und Thomas S. wurden enttäuscht.

„Das Urteil sendet nicht die Signale, die wir erhofft haben“, sagte die Mutter dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Freitag. „Wo bleibt da die Abschreckung, auch dies ja anerkanntermaßen ein Sinn unseres Strafrechts?“ Und weiter: „Es mag eine laienhafte Einstellung sein, aber wir hätten uns gewünscht, dass dem Leben unserer Tochter ein gewisser Wert beigemessen wird.“ Schließlich seien Miriam ungefähr 60 mögliche Lebensjahre genommen worden „durch ihren frühen und sinnlosen Tod.“

Staatsanwaltschaft und Eltern sind sich einig

Zu zwei Jahren Haft auf Bewährung hatte das Landgericht Erkan F. verurteilt, dessen BMW bei annähernd Tempo 100 aus einer Kurve getragen worden und gegen die 19-jährige Fahrradfahrerin geschleudert war – zu wenig, findet auch die Staatsanwaltschaft. Sie hatte im Prozess drei Jahre Gefängnis ohne Bewährung gefordert. Am Freitag hat die Behörde Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. „Wir halten das Urteil für zu milde, es wird dem Tatvorwurf nicht gerecht“, begründete Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer.

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F.s Kumpel Firat M., der dem 23-Jährigen im Mercedes seines Vaters dicht gefolgt war, erhielt ein Jahr und neun Monate zur Bewährung. Hier prüft die Staatsanwaltschaft noch, ob sie Revision einlegt. Das wiederum hat bereits der Verteidiger von Firat M. (22) getan – allerdings aus umgekehrten Gründen. Sein Mandant finde das Urteil zu hart, berichtet Rechtsanwalt Sebastian Schölzel. „Wir lassen das Urteil auf mögliche Rechtsfehler überprüfen.“

Eltern haben auf eine spürbare Strafe gehofft

Unter anderem mit dem Verweis auf günstige Sozialprognosen hatte das Gericht bei beiden Angeklagten von einer Gefängnisstrafe abgesehen. Beide Männer hätten Schulabschlüsse, lebten in geordneten Verhältnissen, seien familiär eingebettet, seien nicht einschlägig vorbestraft, hätten keine Probleme mit Alkohol oder Drogen, führte der Richter aus – Argumente, die die Eltern der getöteten Miriam S. kaum nachvollziehen können. „Als juristische Laien haben wir für uns festgestellt, dass die Täter im Strafverfahren viel zu viel Raum bekommen“, schildert Marita S., „auch in unseren Gedanken, das geht für uns gar nicht, wir kommen so mit der Trauer um Miri noch schlechter zurecht.“

Die Erkenntnis, die die Familie aus dem Urteil ziehe, laute: „Man fährt jemanden tot aufgrund von eindeutig belegtem unverantwortlichen Verhalten, dann wird mal kurz geschimpft und ein wenig ermahnt und dann geht man wieder nach Hause.“

Unverständnis für die Worte des Richters

Für Befremden sorgte bei den Eltern der Versuch des Richters zu erklären, warum er das Strafmaß nicht an der oberen Grenze ansetzen wollte. Die liegt bei fahrlässiger Tötung bei fünf Jahren Haft, decke aber alles ab, so der Richter – von geringsten Verstößen bis hin zum Fall des Fahrdienstleiters der Deutschen Bahn, der mutmaßlich durch ein Handyspiel abgelenkt war und vor zwei Monaten bei Bad Aibling einen Zusammenstoß zweier Züge mit zwölf Toten verursacht haben soll. „Das lässt man als Eltern auch erst mal wirken“, sagt Marita S. „Unsere Illusion bis jetzt war, dass jedes einzelne Leben zählt.“

Auch in Justizkreisen stieß die richterliche Begründung teilweise auf Unverständnis. Schließlich, so erläutert ein Jurist, komme es bei der Strafzumessung nicht in erster Linie auf die Zahl der Toten an, sondern darauf, in welchem Maße der Angeklagte seine Pflichten verletzt habe.

Miriam, so drückt es ihre Mutter aus, sei nicht „auf Bewährung tot“, sondern für immer. „Und unsere Trauer ist auch für immer.“