Veedels-CheckStammheim – Fast wie eine schöne Weltreise
Stammheim – Hält man im Jahr 2018 zusammen in den Veedeln? Gibt es sie noch, die typisch kölschen Veedel? Mehr als 30.000 Kölner haben sich an unserer nicht repräsentativen Umfrage beteiligt und Noten für Ihre Stadtteile verteilt. Alle 14 Tage veröffentlichen wir die Ergebnisse von fünf weiteren Veedeln.
Stammheim – das Porträt
Ohne einen Stammheimer wäre der Kölner Dom vielleicht nicht im Jahr 1880 fertiggestellt geworden. Es fehlte an finanzkräftiger Unterstützung für das Symbol der Stadt. Zum Glück war das Geschlecht derer von Fürstenberg, deren Sitz sich seit 1818 im 1944 von alliierten Bombenangriffen zerstörten Schloss im Stammheimer Schlosspark befand, sehr an der Vollendung des gotischen Bauwerks interessiert. Franz-Egon Freiherr von Fürstenberg-Stammheim – bestens bekannt mit Friedrich Wilhelm IV, König von Preußen – wurde Mitglied des Dombauvereins und spendete großzügig. Ungeduld hatte ihn zuvor bereits dazu bewogen, am rechten Rheinufer einen Hügel aufzuschütten. Von dort aus konnte sich der Adelige einen Überblick über den Fortschritt der Arbeiten am Dom verschaffen.
„Die Unterstützung für den Bau des Doms brachte einem Stammheimer 1856 die erste Ehrenbürgerschaft der Stadt Köln ein“, erläutert Günter Seiffert, stellvertretender Vorsitzender des Bürgervereins Stammheim im Jahr 2018. Ein Kölner Rekord, auf den die alteingesessenen Bewohner des 959 erstmals urkundlich erwähnten und 1914 nach Köln eingemeindeten Stadtteils der damaligen Bürgermeisterei Merheim bis heute einigermaßen stolz sind. In dem Quartier entlang der Bundesstraße B8 hat sich im Lauf der 1.000-jährigen Geschichte viel verändert. Unweit des „Alt-Stammheim“ genannten Ortskerns befinden sich seit den 1960er Jahren auch zahlreiche Neubau-Wohnblöcke, die vor allem Mitarbeitern des nahen Bayer-Werks ein Zuhause bieten.
„Dörfchen in Großstadtlage“
„Stammheim zeichnet sich durch eine lebendige Nachbarschaft und ein reges Vereinsleben aus“, fasst Günter Seiffert vom Bürgerverein zusammen. „Man muss als Zugezogener aber bereit sein, sich in die Gemeinschaft einzubringen, damit sie funktioniert“, betont er. Das sei in den vergangenen Jahren leider nicht bei allen Neu-Stammheimern der Fall – insbesondere in den von dem städtischen Immobilienunternehmen GAG errichteten sogenannten weißen Häusern im neueren Baugebiet entlang des Rheinufers. Die Vorzüge des „Dörfchens in Großstadtlage“, wie Seiffert es nennt, wissen auch Menschen von außerhalb zu schätzen. Allen voran der Schlosspark, der mit einer jährlich an Pfingsten erneuerten Ausstellung von 70 Kunstwerken lockt.
Die ältesten Eichen der Stadt stehen hier, und auch sonst bieten die rund zwölf Hektar Grünanlage im typischen Stil der Biedermeierzeit Besuchern einen charmanten Ort mit vielen Reizen, um sich abseits des Großstadttrubels in der Natur zu erholen. „Ohne dafür eine Weltreise unternehmen zu müssen“, sagt Seiffert. Man kann den Park auch mit einem Spaziergang entlang des Rheins erreichen.
Einige Stammheimer bemängeln, dass dabei nicht ein Café zu finden ist „Daran arbeiten wir derzeit“, sagt Seiffert. Der 69-jährige Rentner und seine Mitstreiter im Bürgerverein haben lange mit der Stadt darum gekämpft, dass es im Ulrich-Haberland-Haus im Schlosspark bald ein gastronomisches Angebot geben wird. Zuvor sollte das leer und unter Denkmalschutz stehende, ehemalige Bayer-Haus, in dem früher unter anderem Senioren gelebt haben, einer möglichen Erweiterung des Klärwerks weichen. „Das ist vom Tisch“, sagt Seiffert. Allerdings müssen sich die Stammheimer damit arrangieren, dass rund 80 Prozent der Abwasser Kölns in der Anlage in ihrer direkten Nachbarschaft aufbereitet werden. Ungünstig stehender Wind erinnert die Bewohner des Veedels mit strengem Geruch daran. Das hindert sie aber nicht daran, das jährliche Schützenfest jedes Mal eine ganze Woche lang drinnen wie draußen an verschiedenen Orten innerhalb Stammheims zu zelebrieren. Ebenfalls bekannt sind in Köln die Mädchensitzungen der KG Fürstenberg. Nirgendwo in Köln gibt es gemessen an der Einwohnerzahl so viele Vereine wie in Stammheim.
Zufrieden sind die Bewohner mit der Anbindung an den Rest der Stadt. S-Bahnen und Busse machen Köln schnell erreichbar. Und die Planung für die Neuauflage der Nord-Süd-Stadtbahn von Porz bis Stammheim ist wieder in Planung. „Uns gefällt es hier so wie es ist,“, sagt Günter Seiffert. „Wir sind Kölner in dörflicher Randlage.“
Das könnte Sie auch interessieren: