Vor fünf Jahren hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Verwaltungsreform angestoßen. In einem Podiumsgespräch mit Vertretern von „Köln kann auch anders“ im Domforum zieht sie eine erste Bilanz.
Verwaltungsreform in Köln„Der Weg ist richtig, das Tempo noch nicht“
Andree Haack jedenfalls glaubt an diese Stadt und ihre Verwaltung. Aber ein bisschen Kritik übt der Dezernent für Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Soziales dann doch: „Köln verkauft sich unter Wert.“
Dann zählt er auf, in welchen Bereichen die Stadtverwaltung erstklassig gearbeitet habe und die Metropole deshalb gut dastehe: „Wir haben ein super Nachverfolgungssystem zu Beginn von Corona eingeführt. Wir haben es geschafft, dass unglaublich viele Mitarbeitende der Verwaltung im Home-Office arbeiten konnten. Im Breitbandausbau ist Köln bundesweit führend. Das Gleiche gilt für Online-Bezahldienste. Wir haben 14000 Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht.“
Hundesteuer wird digital bezahlt
Ort der Lobeshymne war das Domforum. Das Bündnis „Köln kann auch anders“ hatte unter der Überschrift „Verwaltungsreform der Stadt Köln – Gut gemeint? Gut gemacht“ zu einem Podiumsgespräch eingeladen. Auf dem Podium saß Oberbürgermeisterin Henriette Reker sowie Dr. Martin Birke und Frank Deja von „Köln kann auch anders“.
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Judith Schulte-Loh vom WDR-Radio moderierte den Abend. Auf der kleinen Bühne im Domforum standen zwei leere Stühle, auf die sich nach dem „fishbowl“-Prinzip Leute aus dem Publikum setzten, um ihre Sicht der Dinge darzulegen. Unter anderem eben Andree Haack, der die Chance nutzte, seine Chefin zu unterstützen. Seit fünf Jahren versucht die Oberbürgermeisterin, die gleichzeitig Verwaltungschefin ist, die Zufriedenheit der Bürger mit dem Verwaltungshandeln zu steigern, Prozesse im Rathaus effizienter zu steuern, die Kommunikation zwischen den Ämtern zu verbessern und die Stadt als Arbeitgeberin attraktiver zu machen.
Analog optimieren, dann digitalisieren
Auch Henriette Reker verwies auf Erfolge. „Ich nenne da immer die Hundesteuer. Die wird inzwischen mehrheitlich digital bezahlt.“ Auf die Lacher im Pubikum reagierte sie gelassen: „Das ist der Auftakt für digitales Bezahlen in vielen Bereichen.“ Auch die digitale Bau-Akte ist für die OB ein Erfolg. Auf den man habe warten müssen, „weil das Land noch nicht so weit war“.
Aus eigener Erfahrung als Mitarbeiterin von Verwaltungen wisse sie, dass man zuerst die analogen Prozesse optimieren müsse, bevor man die digitalisiere. Auch sie selbst habe umdenken müssen, wenn es darum gehe, den Mut aufzubringen, in laufenden Prozessen Veränderungen anzustoßen. Verwaltung sei darauf ausgerichtet, „dass es immer die Hundert-Prozent-Lösung gibt“. Die Fehlerkultur im Rathaus habe sich verbessert. „Wir sagen, was falsch gelaufen ist, und war wir daraus lernen.“
Dann nahm Jörg Dicken Platz auf dem freien Stuhl. Der Gesamtratspersonalvorsitzende der Stadt Köln übte Kritik an der Reform, die er aber grundsätzlich für notwendig und richtig hält. „Wir haben es falsch angefangen. Anfangs hatten wir zu viele Projekte. Ein großes Verbundprojekt mit vielen Dezernaten und Dienststellen wäre wahrscheinlich besser gewesen.“ Dicken räumte ein, dass die Mitarbeitenden in der Verwaltung unterschiedlich motiviert seien, an der Reform mitzuwirken. „Viele Jüngere finden das sehr gut. Einige Ältere, die schon acht oder neun Reformen erlebt haben, schauen erstmal, ob das was bringt.“
Bürger unterstützen, anstatt sie als Bittsteller abzufiedeln
Ein Drittel der Mitarbeitenden in der Kernverwaltung – ohne die städtischen Tochtergesellschaften – geht in den nächsten zehn Jahren in Pension. „Der Anstoß ist gelungen. Wir wollten Deutschlands modernste Stadt werden. Das sind wir noch nicht. Der Weg stimmt, das Tempo noch nicht“, zog die Oberbürgermeisterin ein durchwachsenes Fazit.
Sie will sich nicht zuletzt der Fehlerkultur widmen und agiles Handeln in der Verwaltung fördern. Es gelte, die zu fördern, die zügig Entscheidungen träfen und auch Verantwortung übernähmen, wenn die sich als falsch herausgestellt hätten. „Es darf da keine Angst vor einem Karrierenknick geben.“ Dem stimmte Deja zu und ergänzte: „Es muss doch in der Verwaltung viel mehr Spaß machen, die Bürger zu unterstützen, anstatt sie als Bittsteller abzufiedeln.“