Die Bahn rüstete die Weichen auf eine neue Stellwerkstechnik um. Deswegen bliebt es am Hauptbahnhof Köln am Samstag menschenleer.
DB rüstet auf neue Stellwerkstechnik umKölner Hauptbahnhof hatte am Samstag hitzefrei
Sergej Schell zieht seinen Strohhut noch tiefer ins Gesicht. Die Hitze steht über dem Schienengewirr im Vorfeld des menschenleeren Hauptbahnhofs. Seit sechs Uhr in der Früh sind Gleisarbeiter damit beschäftigt, 30 alte Weichenantriebe auszuwechseln. Der Hauptbahnhof hat an diesem Samstag hitzefrei. Sie nicht.
Über Jahrzehnte haben die Weichen ihren Dienst verrichtet, doch jetzt müssen neue her, damit sich einer der größten Bahnhöfe Deutschlands im November 2025 endgültig von einem fast 50 Jahre alten Zentralstellwerk verabschieden kann, das jeden Tag bis zu 1300 Züge durch den Hauptbahnhof lenkt. Die S-Bahn fährt schon seit 2021 mit der neuen elektronischen Leittechnik, die deutlich weniger störanfällig ist.
Elf Stunden haben die Arbeiter Zeit. Um 17 Uhr müssen 30 Weichen wieder funktionieren. Dann sollen alle Züge wieder fahren. Ganz schön sportlich, findet Schell. Er ist für die Bauabnahme verantwortlich, packt aber sofort an, wenn es Probleme gibt. Die sind bei einem Großprojekt dieser Dimension an der Tagesordnung. „Wir haben einen neuen Hersteller. Wir wollen am Morgen nur eine Mutter rausdrehen, dabei ist die Schraube abgerissen. Zack. Alles kaputt. Aber das wird schon.“
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Hitzefrei am Hauptbahnhof Köln: „Wir müssen die Weichen ans Laufen kriegen“
In der Mittagszeit steigen die Temperaturen auf weit über 35 Grad. Der Schotter reflektiert die Hitze. „Wir müssen die Weichen ans Laufen kriegen“, sagt Schell. Die Sperrung Hauptbahnhofs mit Ausnahme der S-Bahngleise nutzt die Bahn für etliche andere Arbeiten, die unter laufendem Rad, wie es in der Eisenbahnersprache heißt, nicht möglich wären. Parallel dazu baut ein Trupp neue Achszähler ein.
Sie sind eine Voraussetzung für den automatisierten digitalen Zugverkehr mit dem European Train Control System (ETCS), das in ferner Zukunft es ermöglichen soll, Züge ohne Signale auch durch einen großen Bahnknoten wie Köln zu schleusen, weil die dann direkt miteinander kommunizieren. Dann könnten ohne Ausbau der Infrastruktur 30 Prozent mehr Züge durch den Bahnhof rollen. „Wir arbeiten immer parallel“, sagt DB-Projektleiter Dieter Baier. „Wir versuchen so weit wie möglich schon jetzt neue Technik in die Gleisanlagen einzubauen.“
Köln: Reisende-Information soll gut funktioniert haben
Auf einem der Gepäckbahnsteige flexen Arbeiter eine alte Blechbaracke weg, die seit Jahren ohne Funktion und einfach nur ein Schandfleck war. Eine Reinigungskolonne bringt die Glasdächer auf Gleis 1 auf Hochglanz, Fundamente für neue Signale und Signalmasten werden gegossen, Kabelstränge gezogen.
Auf den wichtigsten Ersatzbahnhöfen wie Köln-Messe/Deutz und Ehrenfeld sei es zwar voll. Es komme im Fern- und Regionalverkehr auch zu Verspätungen, aber für eine Sperrung dieser Größenordnung sei das alles im normalen Rahmen, sagt ein Bahnsprecher. „Dass die Sperrung des Hauptbahnhofs nicht folgenlos bleibt, war uns von vornherein klar.“ Aus Sicht der Bahn habe die Reisenden-Information gut funktioniert. „Wir haben überall Reisenden-Lenker vor Ort.“
DB-Projektleiter Dieter Baier geht davon aus, dass es im November noch einmal eine vergleichbare Sperrpause geben wird. Dann wird ein Spezialkran die neuen Signale an das Stellwerk anschließen. „Das geht nicht ohne Abschaltung der Oberleitung.“ Weitere Sperrungen werden bis Ende 2025 folgen. „In 90 Prozent der Fälle können wir diese Arbeiten aber nachts erledigen.“
Den großen Aufschlag wird es im Herbst 2025 geben, bevor der Fern- und Regionalverkehr nach der S-Bahn ebenfalls auf das neue elektronische Stellwerk an der Maybachstraße umgeschaltet wird. „Das geht nicht ohne umfangreiche Testfahrten und Abnahmen“, sagt Baier. Bei der S-Bahn sei dieser Prozess im Jahr 2021 völlig geräuschlos abgelaufen. Doch das war nur der kleinere Teil der Modernisierung des Hauptbahnhofs, der lediglich zwei S-Bahngleise betraf. Der dickste Brocken liegt noch vor den Ingenieuren.