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Kommentar

Weiberfastnacht
Ein Karneval, als wolle Köln dem Hass entgegnen: „Dä!“

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Lesezeit 2 Minuten

Diese Jecken forderten auf dem Alter Markt Frieden.

Diese Kölner Weiberfastnacht war ein echter Festtag – und das in mehrfacher Hinsicht. Was darauf jetzt folgen muss, schreibt unser Autor.

Köln zeigt den Drohungen islamistischer Terroristen die Pappnas. Statt sich einschüchtern zu lassen, ließen Tausende im Stadtgebiet ihrer Lebensfreude freien Lauf. Für eine Bilanz des gesamten Tages ist es noch zu früh, da erfahrungsgemäß in den Abendstunden mit dem Alkoholpegel der Feiernden auch die Gefahr von Kriminalität und Unfällen steigt. Doch zeichnet sich ab, dass dieser 27. Februar einen Festtag in mehrfacher Hinsicht darstellt.

Auf dem Alter Markt war die Stimmung zuweilen so euphorisch, als wolle man all dem Hass in der Welt entgegnen: „Dä!“ Jetzt erst recht. Weiberfastnacht hat auch deshalb eine gesellschaftspolitische Komponente, da er Menschen verbindet, die vor der Bundestagswahl vielleicht noch gestritten haben. „Loss mer fiere, nit lamentiere.“

Für die Stadt gilt es jetzt, Weichen zu stellen

Über das Wie des Feierns hingegen gibt es seit jeher unterschiedliche Ansichten. Das, was auf der Zülpicher Straße geschehe, habe mit Karneval nichts zu tun, meinte einst Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn. Und irrte.

„Mer bruche keiner, keiner, dä uns sät, wie mer Fastelovend fiere deit“, sangen schon die Bläck Fööss. Jede Generation feiert auf ihre Art. Bei den vornehmlich Jüngeren im Uni-Viertel scheint sich jedoch inzwischen rumgesprochen zu haben, dass eine umzäunte und mit Platten ausgelegte Wiese, auf der nichts zu sehen ist außer Dixi-Klos, in der Tat nichts mit Karneval zu tun hat. Auf die sogenannte Ausweichfläche verirrten sich nur wenige Feiernde, die Anziehungskraft der Zülpicher Straße scheint trotz des lange guten Wetters verloren zu haben.

11.11 Uhr auf dem Alter Markt

Für die Stadt gilt es jetzt, zeitnah die Weichen für die nächste Session zu stellen. Für den 11.11. soll die Uniwiese im Landschaftsschutzgebiet als Ausweichfläche nicht mehr in Frage kommen. Das hat die Verwaltung selbst erklärt.

Vertreter des Runden Tisches berichten, dass nach Jahren des Stillstands inzwischen eine Art Pragmatismus Einzug gehalten hat. Gesucht wird eine Alternativ-Fläche zur Uniwiese – mit Bühne(n) und Programm. Es geht darum, gerade jungen Menschen – darunter Tausenden Auswärtigen – zu zeigen, dass Karneval mehr ist als bewachtes Trinken hinter Zäunen. Dass die Ratsbläser auf der Zülpicher Straße gestern als erster „Kultur-Act“ seit Jahren gefeiert wurden, ist ein Beleg dafür, dass auch im Uni-Viertel Karneval nicht nur als „Saufen vorm Kiosk“ verstanden wird. Die Verwaltung muss nun liefern. Wo ein Willle ist, da ist eine Fläche – und ein Konzept.