Wettbewerb um Kölner FachkräfteGibt es das Jobticket der KVB bald kostenlos?
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Köln – Auf ihrer Suche nach neuen Mitarbeitern wirbt die Stadtverwaltung unter anderem mit einem Jobticket für Bahnen und Busse. Die preisgünstige KVB-Karte biete mehrere Vorteile: Sie verringere die Anfahrtskosten, leiste einen Beitrag gegen die Umweltverschmutzung und sei auch in der Freizeit nutzbar.
In Frankfurt sollen die städtischen Bediensteten demnächst gratis fahren dürfen; eine Zusatzleistung, die Oberbürgermeisterin Henriette Reker den 19.000 Beschäftigten ihrer Behörde ebenfalls gerne gewähren würde.
Kölner Stadtchefin spricht sich für Gratis-Jobticket aus
Die Stadtchefin habe sich für ein solches Gratisticket ausgesprochen, bestätigte das Presseamt. Reker habe das Personaldezernat gebeten, die Kosten zu ermitteln und weitere Einzelheiten zu prüfen. Das Ergebnis: Es würde die Stadtkasse mit mehr als sieben Millionen Euro belasten, wenn nicht mehr die Beschäftigten selber für das Ticket aufkommen müssten, sondern der Arbeitgeber. „Das Projekt ist angesichts des noch deutlichen Defizites im Haushalt zurückgestellt worden“, teilte Stadtsprecherin Inge Schürmann mit.
Gratistickets für den Öffentlichen Dienst – das Thema gewinnt nicht allein wegen der Diskussionen über Klimaschutz und Verkehrswende an Bedeutung. Im Wettbewerb um gutes Personal, den Behörden gegen die meist besser zahlenden Privatunternehmen kaum gewinnen können, ist jeder zusätzliche Anreiz gefragt.
Das Bundesland Hessen spendiert seinen rund 150.000 Beschäftigten seit Anfang 2018 ein Ticket, das zur Fahrt in allen Städten und durch sämtliche Regionen berechtigt. Baden Württemberg gibt jedem Beamten und Angestellten einen monatlichen Zuschuss von 25 Euro. „NRW sollte sich diesen guten Beispielen anschließen“, findet Grünen-Landtagsabgeordneter Arndt Klocke. Seine Fraktion beantragte vor einem Jahr im Düsseldorfer Parlament „ein kostenloses Jobticket für alle Landesbeschäftigten“. Das wäre „ein wichtiger Baustein für eine Verkehrswende“, so der in Köln lebende Klocke. Außerdem würde das Land „damit eine Vorbildfunktion auch für andere Arbeitgeber wie der Bund, die Kommunen und private sowie öffentliche Unternehmen übernehmen“.
Bund der Steuerzahler gegenüber Gratis-Jobticket kritisch
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) bewertet derartige Vergünstigungen kritisch. „Kommt es zum kostenlosen Jobticket für das Personal des öffentlichen Dienstes, dann erhält es nicht hinzunehmende Privilegien im Vergleich zu den Schülern, Studenten, Auszubildenden und Behinderten“, heißt es in einer Stellungnahme für den Landtag.
Ein landesweites Azubi-Ticket beispielsweise solle seinen Besitzer künftig 960 Euro im Jahr kosten, während „die besser bezahlten Bediensteten“ gratis fahren dürften, kritisiert der BdSt. „Diese Ungleichbehandlung ist aus Sicht der Steuerzahler nicht zu akzeptieren.“
Mögliche Belastung der öffentlichen Haushalte in Köln
Der Steuerzahlerbund warnt vor einer enormen Belastung der öffentlichen Haushalte. Im Etat Hessens seien 51 Millionen Euro für das Gratis-Jobticket vorgesehen. Diese Zahl zugrundegelegt, müsste NRW mit etwa 304.000 Landesbeschäftigten rund 107 Millionen Euro jährlich ausgeben. Würden sich alle Städte und Gemeinden anschließen, fielen insgesamt noch einmal 110 Millionen Euro für die kommunalen Kassen an.
Für den Preis eines Jobtickets der Kölner Verkehrs-Betriebe gilt: Je größer der Arbeitgeber, umso günstiger wird es für den einzelnen Beschäftigten. Im Durchschnitt kostet es knapp 60 Euro im Monat. „Im Vorjahr hatten wir rund 113.500 Inhaber von Job- und Großkunden-Tickets“, sagt KVB-Sprecher Matthias Pesch. Der Verkauf dieser Tickets habe annähernd 81 Millionen Euro eingebracht, knapp 29 Prozent der gesamten Erlöse.
Die größten Abnehmer der KVB
Zu den größten Abnehmern der KVB gehören die Stadtverwaltung, die Universität und der Landschaftsverband Rheinland. In dem Verband denkt man derzeit darüber nach, das Ticket gratis anzubieten. „Das LVR-Jobticket soll für alle LVR-Beschäftigten nach dem Vorbild des Landestickets Hessen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden“, fordert die Linke in einem Antrag.
Das Bündnis von CDU und SPD reagiert zurückhaltend. Es bedürfe weiterer Informationen. Die Verwaltung des Verbandes soll zuerst einmal rechtliche und finanzielle Fragen prüfen. „Der Wunsch mag nachvollziehbar sein, aber über die Finanzierung eines solchen Jobtickets müssten wir unseren Mitgliedsstädten und -kreisen Rechenschaft ablegen“, sagt CDU-Fraktionsgeschäftsführer Frank Rolle. Es sei kaum vermittelbar, „dass wir unsere eigenen Mitarbeiter besser stellen“ als die Beschäftigten der Kommunen, die den LVR finanzieren.