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Ausstellung in der DuMont-Kunsthalle„Die Halle war ein Ort der Avantgarde”

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Lena Ipsen mit Seefrachtcontainern in der DuMont Kunsthalle

KölnFrau Ipsen, was verbirgt sich hinter dem Titel der Ausstellung – „Raw“?

Der englische Begriff „raw“ steht für roh, unbearbeitet, ungeschliffen, pur – dies lässt sich sowohl mit den Werken und Arbeitsweisen der ausgestellten Künstlerpositionen wie auch mit der DuMont Kunsthalle an sich assoziieren. Die ist nun alles andere als ein White Cube, es existiert lediglich noch die pure Industriearchitektur, die Hülle sozusagen, denn jegliche Einbauten wurden bereits entfernt.

Sie greifen überhaupt nicht ein?

Wir verändern die vorhandene Architektur nicht, schaffen dennoch durch die gewählte Ausstellungsarchitektur aus geliehenen Seefrachtcontainern neue Möglichkeiten, die Kunst wahrzunehmen.

Aber kommt da nicht sofort die Behörde und pocht auf Brandschutz?

Es existieren tatsächlich hohe Auflagen, aber wir haben mit der gewählten Ausstellungsarchitektur einen guten Weg gefunden. Die Container funktionieren in der Halle wie mobile Räume. Sie sind geöffnet, verschlossen, nebeneinander platziert oder zu über sieben Meter hohen Türmen aufeinander gestapelt. Alles Brennbare befindet sich im Inneren der Container.

Auch das ist roh.

Genau, wir verändern die Container nicht, sondern belassen sie in ihrem ursprünglichem, gebrauchten Zustand. Sie sind ziemlich abgenutzt, übermalt, zerkratzt. Aber im Zentrum stehen natürlich die Kunstwerke.

Sind Sie also vom Ort ausgegangen und haben dann Künstler gesucht, deren Werk dazu passt?

Das Projekt ist in enger Zusammenarbeit mit der Malerin Anne Haack entstanden. Ihre Arbeiten werden ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sein. Ausgangspunkt für die Idee dieser Ausstellung war die Entdeckung der Halle, an deren Außenfassade sich immer noch der „DuMont Kunsthalle“-Schriftzug aus den Achtzigern befindet. Als wir auf diese gestoßen sind, haben wir uns gefragt, welche Funktion sie wohl noch erfüllt, haben angefangen zu recherchieren und ihre Historie zu rekonstruieren. Durch meine Arbeit im Nachlass von Martin Kippenberger bin ich auf den Ausstellungskatalog „Made in Cologne“ aufmerksam geworden. Dieser erschien zur ersten dort initiierten Ausstellung, die mit Werken von Walter Dahn, Isa Genzken, Martin Kippenberger, Marcel Odenbach, Andreas Schulze, Rosemarie Trockel und vielen weiteren Künstlern große Aufmerksamkeit auf sich zog.

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Nehmen Sie mit „Raw“ Bezug auf diese Ausstellung?

Es werden Künstler, die in Köln und Düsseldorf arbeiten, gezeigt. Das knüpft schon ein wenig an den Gedanken von „Made in Cologne“ an. Alle Arbeiten sind in enger Zusammenarbeit mit den Künstlern realisiert worden: Wir haben gemeinsam die Kunsthalle besichtigt, von der sie sehr begeistert waren, und dann entstanden viele der Arbeiten als Reaktion auf den Raum.

Wen haben Sie besonders angesprochen?

Viele Bildhauer nehmen teil, denn dieses Ausstellungsformat bringt nicht die üblichen Restriktionen mit sich, wie es der Galeriekontext oder Messestände oft fordern. Es ist möglich, großformatige oder sperrige Arbeiten zu zeigen, wie die Skulpturen von Michail Pirgelis aus authentischen Materialien der Luftfahrt oder Objekte aus Metall mit perfekten Oberflächen, teilweise verchromt oder lackiert, wie die von Tobias Hoffknecht. Auch Werke, die auf den ersten Blick vielleicht zu spröde erscheinen, finden sich in der Ausstellung. Sami Schlichting zum Beispiel, ein Bildhauer aus Düsseldorf, hat wochenlang mit Holz, Ton und Heu gearbeitet und daraus in einem Container eine Installation geschaffen, die begehbar ist. Jasmin Werner, eine junge Künstlerin aus Köln, hat sich intensiv mit dem Treppenmotiv beschäftigt: Sie arrangiert ihre Arbeiten in einem spannenden Dialog zu den alten Transportrutschen, die zur Hallenarchitektur gehören.

Die Ausstellung findet im Rahmen der DC Open statt.

Wir sind als Off-Space offizieller Teil von DC Open, ein Zusammenschluss von mehr als 40 Galerien aus Düsseldorf und Köln, die damit die neue Kunstsaison einläuten. Das fördert den Austausch zwischen den Kunstschaffenden und Kunstinteressierten der beiden Städte im Rheinland.

Zur Person und zur Ausstellung

Lena Ipsen. geb. 1989, ist Kunsthistorikerin und Kuratorin. Seit 2016 arbeitet sie für den Estate of Martin Kippenberger der Kölner Galerie Gisela Capitain.

„Raw“, DuMont Kunsthalle, Boltensternstr. 122, Köln, 6. bis 29. September. Vernissage: Do., 5. 9., 19 Uhr

Die Ausstellung ist nur an den Wochenenden oder nach Vereinbarung geöffnet. Vom 6. bis 8. September: 10-18 Uhr, danach: 12-17 Uhr.

Zeigen Sie auch Malerei in der Ausstellung?

Es wird Malerei von Peppi Bottrop, Anne Haack und David Ostrowski zu sehen sein. Werke, bei denen es um das Material an sich, dessen Beschaffenheit sowie um Spuren geht. Ein Großteil der Leinwände ist unbehandelt – roh. Es lässt sich die Struktur, Schmutz vom Arbeitsprozess und Aufspannen, wie auch Faltungen erkennen. Das hat etwas sehr Authentisches. Neben Malerei und Skulptur wird es auch eine neue Soundarbeit von Sarah Kürten geben.

Welche Bedeutung hatte die DuMont Kunsthalle vor ihrer Schließung nach Ihrem Eindruck für den Kölner Kunstbetrieb?

Ich denke eine sehr wichtige. So fand mit „Made in Cologne“ nicht nur eine Ausstellung mit Künstlern statt, deren Kunst heute internationale Bedeutung erfahren hat und aus den Museen nicht mehr wegzudenken ist, sondern wurde Anfang der Neunziger dort ebenfalls Outsiderkunst oder auch Videokunst gezeigt. Die Halle war also auch ein Ort der Avantgarde.