Kommentar„Elke“ tritt nach unten - Ärzte distanzieren sich von Song
Berlin – Da hat Farin Urlaub ein wenig geflunkert: „So was spielen wir nicht mehr, das ist letztes Jahrtausend“, hatte der Ärzte-Gitarrist einem Fan vor ein paar Tagen in Berlin zugerufen, der sich den Song „Elke“ gewünscht hatte. Tatsächlich hat die Band das Lied von der „fetten Elke“ noch bis ins Jahr 2011 auf Konzerten zum Besten gegeben. Man gibt sich eben immer aufgeklärter als man ist.
Nichtsdestotrotz hat Urlaub Recht: „Elke ist fatshaming und misogyn“, hat beim Konzert im ehemaligen Berliner Flughafen Tempelhof begründet. Der Text ist leider auch, wie fast immer bei den Ärzten, sehr lustig. Dass er zudem frauenfeindlich ist und sich auf allergröbste Weise über dicke Menschen lustig macht, kann niemand ernsthaft bestreiten. Es liegt im Wesen des Humors, dass er manchmal schlecht altert.
„Elke“ stammt aus dem fernen Jahr 1988 und soll spontan im Studio entstanden sein, nachdem zwei Mädchen ohne Unterlass im Aufnahmestudio angerufen hatten. Noch einmal durchklingeln, soll damals die Band ihren übergriffigen Fans gedroht haben, und man schreibe ein Lied über sie. Dass die Mädchen stark übergewichtig waren, wussten die Ärzte aus Fotos, die der Fanpost beilagen.
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Die Anekdote macht das Stück jedenfalls nicht besser, es ist sogar viel schlimmer als das indizierte Lied von der „Geschwisterliebe“, das diskriminiert höchstens den guten Geschmack. Bei „Elke“ aber handelt es sich um den typisch abschätzigen Schülerhumor der 1980er Jahre –wir benutzen mit Absicht die männliche Form. Die Kalauer und Sprüche von damals bestanden doch zu 90 Prozent aus rücksichtslosem Nach-Unten-treten junger weißer Burschen. Jedenfalls schäme ich mich im Nachhinein für einen Großteil der Kommentare, die ich damals für äußerst gewitzt hielt.
Hätte man das nicht schon damals wissen sollen? Haben die Ärzte 1988 moralisch versagt? Zeilen wie „Neulich hab ich sie bestiegen, ohne Sauerstoffgerät“ sind ja nicht plötzlich über Nacht diskriminierend geworden.
Schon, aber man lernt nun mal ein Leben lang. Macht Fehler und versteht bestenfalls irgendwann, dass man Fehler gemacht hat. Bemüht sich, es in Zukunft besser zu machen. Das nennt man: Reifeprozess.