„Mary Poppins“ ist dieses Jahr 60 geworden. Warum der Film-Klassiker in Großbritannien nicht mehr ganz jugendfrei ist.
Disney-Klassiker„Mary Poppins“ darf man jetzt nur noch unter Aufsicht der Eltern schauen
„Ein Hut, ein Stock, ein Regenschirm“ – dieses Kinderlied könnte auch eine ganz bestimmte Kult-Nanny beschreiben, die wir uns alle insgeheim gewünscht haben: Mary Poppins. Vor 60 Jahren erschien dieser Film-Klassiker für Kinder und er ist noch heute beliebt. Bei „Supercalifragilisticexpialigetisch“ können alle mit einstimmen. Und wenn Mary Poppins zum Schluss ihre Koffer packt, dann wird ein Jeder wehmütig.
Doch seit dieser Woche muss Mary Poppins nicht nur die Familie Banks am Ende des Films hinter sich lassen, sondern auch ihre unbeschränkte Zugänglichkeit. Die britische Filmklassifizierungsstelle „British Board of Film Classification“ hat die Altersfreigabe des Films von „Universal“ auf „PG“ angehoben. „Parental Guidance“ bedeutet, dass Kinder unter acht Jahren den Film nur noch unter Aufsicht ihrer Eltern schauen dürfen.
Auch Disney+ beschränkt viele alte Filme
Der Grund dafür: Der Film enthalte laut BBFC „diskriminierende Sprache“. Gemeint ist damit eine abwertende und rassistische Bezeichnung von Europäern für indigene Volksgruppen im südlichen Afrika. Admiral Boom, der schrullige Nachbar der Banks-Familie, benutzt besagten Begriff an zwei Stellen im Film.
Das BBFC schließt sich damit dem Medienunternehmen Disney an, das seit mehreren Jahren alten Filmen, die fragwürdige Inhalte zeigen, einen Warnhinweis voranstellt: „Dieses Programm enthält negative Darstellungen und/oder eine nicht-korrekte Behandlung von Menschen oder Kulturen. Diese Stereotype waren damals falsch und sind es noch heute.“ 2021 verbannte Disney+ zudem Filme wie „Peter Pan“ und „Dumbo“ ganz aus den Kinderprofilen, sodass auch diese nur noch unter Aufsicht der Eltern geschaut werden können.
Löst sich das Rassismus-Problem mit dem achten Geburtstag in Luft auf?
Laut BBFC würden Eltern sich sorgen, ihre Kinder könnten beleidigt werden oder die beleidigende Sprache reproduzieren. Zurecht. „Mary Poppins“ spielt im London des jungen 20. Jahrhunderts, als wahrscheinlich keine Menschenseele über diesen Sprachgebrauch gestolpert wäre. Heute ist das allerdings anders. Es ist wichtig, Rassismus nicht einfach so stehenzulassen. Dazu gehört auch, rassistischen und diffamierenden Begriffen keinen Raum zu geben.
Die Frage aller Fragen lautet jedoch: Löst sich das Rassismus-Problem mit dem achten Geburtstag in Luft auf? Die Antwort lautet vermutlich nein. Denn für rassistische Inhalte sind nicht nur Kinder anfällig.
Diskussion statt Verbot
Was nicht heißt, dass man Klassiker wie „Mary Poppins“ schlicht verbieten sollte. Die unzensierten Szenen können engagierten Eltern heute die Möglichkeit geben, ihren Kindern rassistische oder veraltete Inhalte differenziert zu erklären. Gerade weil ihnen Rassismus noch oft begegnen wird, sollten Kinder von klein auf verstehen, was sich dahinter verbirgt.
Die Altersbegrenzung ist eine Lösung, die das übergeordnete Problem nicht lösen kann. Aber sie macht aufmerksam auf Szenen im Film, die mehr Einordnung brauchen. Und sie ist ein Mittel, alte Filme weiterzutragen, ohne deren Rassismus mitzunehmen.