Nach einer Beschlussvorlage der Verwaltung sollen die Kölner Bühnen eine eigene Tanzkompanie bekommen, das Depot in Mülheim komplett erhalten bleiben. Worüber genau der Rat am 15. Juni abstimmen wird.
Ehrgeizige Pläne der StadtKöln will eigene Tanzkompanie und das Depot komplett erhalten
Wenn es nach dem Vorschlag der Verwaltung und dem politischen Willen von Oberbürgermeisterin Henriette Reker geht, bekommt Köln bald wieder ein Dreispartenhaus. Auf der Grundlage eines umfassenden Gutachtens des Beratungsunternehmens actori GmbH hat die Verwaltung jetzt ein Konzept vorgelegt, das nicht nur den Neustart der Kölner Bühnen am Offenbachplatz beinhaltet, sondern auch den Erhalt und die Weiterentwicklung des Depots im Carlswerk, seit 2013 Interimsspielstätte des Schauspiels in Mülheim – sowie die Einrichtung einer eigenen Tanzsparte. Wir beantworten Ihre Frage zum ehrgeizigen Plan der Stadt.
Ab wann soll Köln wieder eine eigene Tanzkompanie haben?
Der Tanz soll laut Gutachten spätestens zum Beginn der Spielzeit 2025/26 an den Bühnen Köln etabliert sein, es wäre das erste Mal seit 2009. Das Depot soll künftig von den Bühnen Köln – als rechtsrheinische Spielstätte für das Schauspiel und die neue Sparte Tanz – gemeinsam mit der freien Szene genutzt werden. Auch internationale Gastspiele und Festivals sollen dort stattfinden.
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Aber der Offenbachplatz eröffnet wie geplant im nächsten Jahr?
Die Stadt plant weiterhin mit der Eröffnung der vier Spielstätten Opernhaus, Schauspielhaus, Kinderoper und Kleines Haus am Offenbachplatz zur Spielzeit 2024/25.
Warum braucht Köln den Tanz und das Depot?
Der Tanz, sagt Henriette Reker, habe schon immer einen wichtigen Stellenwert in der Kölner Kultur. Insofern stehe die Stadt vor einer der wichtigsten kulturpolitischen Entscheidungen dieses Jahrzehnts: „Der Neustart ist der richtige Zeitpunkt, um die Bühnen zu einem Dreispartenhaus zu machen“, so Reker. „Mit dem Erhalt des Depots wollen wir nicht nur eine rechtsrheinische Spielstätte für das Schauspiel sichern, sondern vor allem Raum für den Tanz und die freien darstellenden Künste sowie internationale Gastspiele und Festivals schaffen.“ Kulturdezernent Stefan Charles ergänzt: „Wir stellen jetzt die Weichen, Köln als Tanzstadt international zu positionieren.“ Die Weiterentwicklung der Spielstätte in Mülheim sei ein Schlüsselprojekt, man habe es hier geschafft, mit kultureller Bespielung einen Stadtteil neu zu prägen: „In einem nächsten Schritt wollen wir nun die darstellende freie Szene und den Tanz kooperativ miteinbeziehen.“
Was sagt das Publikum?
Das hat längst abgestimmt: Die internationalen Tanzgastspiele und die Vorstellungen des Ballet of Difference sind in der Regel zu 100 Prozent ausgelastet.
Und Schauspiel-Chef Stefan Bachmann, zu dessen Kölner Erbe das Depot gehört?
Der gibt sich gebremst optimistisch, noch müsse die Beschlussvorlage ja durch den Rat. „Aber für die kulturelle Entwicklung der Stadt ist das ein ganz wesentliches Momentum. Das wird die Kulturszene hier entscheidend weiterbringen und von außen würde man auf Köln gucken und sagen: Toll, was die hier geschafft haben.“
Hat Köln nicht schon längst eine eigene Tanzkompanie: Richard Siegals Ballet of Difference?
Das Ballet of Difference ist derzeit zwar noch ans Schauspiel Köln angegliedert, für eine eigene Tanzsparte soll aber in einem transparenten Wettbewerbsverfahren die Stelle einer künstlerischen Leitung ausgeschrieben werden. Mit einer internationalen Ausschreibung, so Henriette Reker, werde man nach dem besten Tanzkonzept für Köln suchen und es dann zeitgerecht umsetzen. Das dürfte für das Ballet of Difference aber zu spät sein. Richard Siegal kann sich zwar bewerben, doch bis die neue eingerichtete Tanzkompanie produziert und spielt, wird es 2025/26 werden. Unwahrscheinlich, dass das jetzige Ensemble bis dahin in dieser Form zusammenbleibt.
Wie soll die neue Tanzkompanie aussehen?
Die Studie geht von einer eigenen Intendanz und 20 Tänzerinnen und Tänzern aus, die pro Spielzeit zwei Neuproduktionen und eine Wiederaufnahme herausbringen, insgesamt zirka 40 Vorstellungen. Dazu kämen noch eine Neuproduktion und eine Wiederaufnahme aus der freien Szene, mit insgesamt 32 Vorstellungen und das internationale Gastspielprogramm mit 22 Vorstellungen.
Aber wer bestimmt, welche Truppe aus der freien Szene im Depot auftreten darf?
In einer Pilotphase, schlägt die Studie vor, solle das Depot zunächst durch die Bühnen betrieben werden. Dabei solle ein kooperatives Miteinander auf Augenhöhe von Tanz Köln mit eigener Kompanie der Bühnen Köln, den Tanzgastspielen, der freien Szene und dem Schauspiel Köln angestrebt werden: „Ziel ist es, ein Modell zu installieren, das die künstlerischen Interessen der vier Nutzer und einen wirtschaftlichen Betrieb des Depots in einen angemessenen Ausgleich bringt.“
Was soll das alles kosten?
Das Gutachten schlägt vor, alle Spielstätten in Mülheim zu erhalten: das große Depot 1 und das kleinere Depot 2, sowie den Carlsgarten. Der angedachte Umbau des Depot 1 zu einem Lager sei zwar möglich, aber unwirtschaftlich. Investiert werden müssten laut Studie noch einmal 2,3 Millionen Euro in die Veranstaltungsorte, die Kosten für Anmietung und Betrieb betragen nach actori rund 6,7 Millionen Euro. Die Kosten für eine eigene Tanzkompanie sind darin noch nicht enthalten. Hier kämen noch einmal geschätzte 2,6 Millionen Euro dazu. Eine Lösung „Ja zum Tanz, nein zum Depot“ wird es nicht geben. Ohne die Mülheimer Räumlichkeiten, so die Studie, wäre eine eigene Tanzsparte nicht möglich.
Das macht dann insgesamt?
Actori hat den Mehrbedarf an Betriebskostenzuschüssen für die Bühnen bis zum Jahr 2034 berechnet. Für das Jahr 2025 zum Beispiel stiege der Zuschuss von 104,37 auf 132,77 Millionen Euro, also ein Mehrbedarf von 28, 4 Millionen Euro. Das gilt für die Variante Erhalt und Weiternutzung des Depots und eigene Tanzkompanie.
Was passiert als Nächstes?
Nachdem das Gutachten den Betriebsausschuss Bühnen und den Finanzausschuss durchlaufen hat, soll ein Beschluss dem Rat der Stadt Köln in seiner Sitzung am 15. Juni 2023 zur Entscheidung vorgelegt werden.