Geraubte Benin-BronzenNigerianischer Botschafter nennt Kölner Initiative historisch
Köln – Als die Kölner „Benin-Bronzen“ vergangenes Jahr erstmals als Ganzes der Öffentlichkeit gezeigt wurden, war das ein trauriger Anblick. Die nigerianische Gastkuratorin Peju Layiwola hatte die 94 Objekte für die Ausstellung „Resist!“ so lieblos in Vitrinen arrangiert, wie sie diese im Depot des Rautenstrauch-Joest-Museums vorgefunden hatte und die Wände darüber mit fotografierten Seiten aus den Inventarlisten tapeziert.
Auch im Kölner Museum wurde die Beute auf Nimmerwiedersehen verstaut
Diese Darbietung war gleich im doppelten Sinne aufschlussreich. Zum einen konnte nun auch der Laie erkennen, dass die britischen Truppen 1897 außer den als „Benin-Bronzen“ berühmt gewordenen Gedenkköpfen so ziemlich alles geraubt hatten, was es im königlichen Palast von Benin zu raffen oder aus seiner Verankerung zu reißen gab. Und zum anderen wurde die Beute, anders als behauptet, von ihren neuen Besitzern keinesfalls gehegt, gepflegt, erforscht und als kostbares Kulturgut ausgestellt. Sondern mehrheitlich auf Nimmerwiedersehen verstaut.
Lediglich drei Arbeiten musste Layiwola damals aus der Schausammlung des Museums loseisen: einen großen Kopf, einen Leopardenanhänger und eine Reliefplakette. Alles weitere, die Armringe und Manschetten, Anhänger, Schlüssel, Glocken oder Geldstücke, kam direkt aus einer über hundert Jahre währenden Versenkung; zwei Objekte waren sogar verloren gegangen. Als Ganzes waren sie gleichsam schon für den Transport bereit, die Stadt Köln hatte bereits angekündigt, sich substanziell an der gesamtdeutschen Rückgabe des kolonialen Raubguts an Nigeria, dem Rechtsnachfolger des untergegangenen Königreichs Benin, beteiligen zu wollen.
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Jetzt zeigt Nanette Snoep, die Direktorin des Rautenstrauch-Joest-Museums, gemeinsam mit Peju Layiwola die 94 höfischen Objekte ein weiteres Mal. Allerdings nicht zum Abschied, sondern als späte Entdeckung und Teil eines überfälligen Aufbruchs. Wenn die ethnologischen Museen Europas eine Zukunft haben wollen, so Snoep, müssten sie zu „ehrlichen Akteuren“ in der Debatte um koloniale Verbrechen und die Rückgabe geraubter Güter werden. Dies sei ein langer Weg, fügte sie hinzu, und als ersten Schritt sollten die Museen aufhören, Argumente gegen die Restitutionen zu suchen.
Das Rautenstrauch-Joest-Museum ist auf diesem Weg schon deutlich weiter gekommen, wie man nun auch in „I Miss You“, der Präsentation der gesamten „Benin-Bronzen“ in der eigenen Schausammlung sehen kann. Jedes einzelne Stück wird in einem abgedunkelten Raum als Kostbarkeit inszeniert, auch wenn es nach westlichen Maßstäben keine ist. Aber der westliche Maßstab soll hier eben nicht mehr gelten und die Auratisierung stattdessen verstehen helfen, welche Bedeutung die geraubten Objekte möglicherweise für ihren einstigen Besitzer hatten – und wie schwer der Verlust für diese bis heute wiegt.
Ein historischer Moment, so der der Botschafter Nigerias
Für den nigerianischen Botschafter in Deutschland, Yusuf Maitama Tugga, ist die Ausstellung gleich in mehrfacher Hinsicht historisch. Es sei das erste Mal, so Tugga, dass ein deutsches Museum seine Bestände aus Benin in dieser Form präsentiere, und das zu einer Zeit, in der erstmals Einigkeit darüber herrsche, dass die europäische Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents falsch gewesen sei. Die Stadt Köln habe in der Diskussion um die Rückgaben geraubter Kulturgüter eine „ausschlaggebende Rolle“ inne, ganz allgemein biete die Restitution die Chance, den kulturellen Austausch zwischen den europäischen und afrikanischen Ländern neu zu beleben.
Die Ausstellung hat ein offenes Ende, sowohl die Zeiten wie die Modalitäten der zugesagten Rückgabe sind noch nicht abschließend geklärt. Bis dahin strahlen die Kunstwerke aus Benin im Licht einer neuen Museumsethik. Dazu gehört auch das Eingeständnis, dass sich ein Kunstwerk nur am Ort seiner Herkunft gänzlich verstehen lässt.
„I Miss You. Über das Vermissen, Zurückgeben und Erinnern“, Rautenstrauch-Joest-Museum, Cäcilienstr. 29-33, Köln, Di.-So. 10-18 Uhr.