Haarklebstoff-SkulpturenKölner Galerie Thomas Zander zeigt Arbeiten von Allana Clarke
Köln – Auf der Art Cologne im vergangenen November konnte man schon eines dieser seltsamen Geschwüre sehen, die Allana Clarke von riesigen weißen Wänden tropfen lässt. Sie bestehen aus schwarzem Klebstoff, wie man ihn offenbar in jedem Afroshop bekommt und der normalerweise dazu dient, falsche lange Haare an der Kopfhaut zu befestigen.
Allana Clarke, geboren 1987 in Trinidad, hat das auch gemacht, als sie in die Pubertät kam. In ihrer Vorstellung, sagt sie, war damit die Hoffnung verbunden, sich in eine Schönheit zu verwandeln, den eigenen krausen Kopf gegen einen Schopf aus glatten Haaren einzutauschen. Allerdings führte dieses fortgesetzte Ritual der Frau-Werdung irgendwann dazu, dass ihre Haarwurzeln verbrannten.
Allana Clarke verwandelt Wut und Scham in Kunst
Man sieht diese Wunden jetzt in der Kölner Galerie Thomas Zander, auf einer Folge von drei Selbstporträts, auf denen uns Clarke den Kopf zudreht. Es liegt eine Mischung aus Klage und Anklage in ihrem Blick, auch Wut auf eine Gesellschaft, die jungen schwarzen Frauen falsche Schönheitsideale andient, und Scham darüber, dass sie selbst glaubte, dass es genau so sein müsste.
Auf ihren Haarklebstoff-Skulpturen agiert Clarke all diese Gefühle aus, und zwar auf eine Weise, die Sammler und Kuratoren für die schwarzen Gebilde anstehen lässt. Sie bearbeitet die zähe Masse mit Händen und Füßen, knetet, zieht und zerrt an der Haut, die sich beim Trocknen des Klebers bildet – solange bis Scham und Wut im Material erstarren.
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Auch die andere Serie der Ausstellung geht auf ein Körperpflegemittel zurück: Kakaobutter. Aus ihr formt Clarke einerseits Buchstaben, um mit ihnen halb fertige Sinnsprüche an die Wand zu schreiben, andererseits erhitzt sie ein grabsteingroßes Butterstück so lange auf einer Herdplatte, bis es sich in einen bräunlichen See verwandelt hat. Aus ihm steigen wohlig duftende Erinnerungen an Clarkes Kindheit auf, die nicht nur Wunden, sondern auch Heilung kannte.
Steigt man die Treppe zum oberen Stockwerk der Galerie empor, trifft man auf ein Begleitprogramm, mit dem auch Museen ihre Kabinette füllen könnten. Hier zeigt Thomas Zander Porträtfotografien von Diane Arbus und Judith Joy Ross, darunter ikonischen Aufnahmen wie die gruseligen Arbus-Zwillinge oder Ross’ Aufnahmen zweier Soldaten vor dem Vietnam-Memorial. Das Gros bilden aber Ross’ subtile Porträts von Kindern und jungen Erwachsenen sowie Arbus’ frühe, geradezu pittoresken, weil leicht grieseligen Aufnahmen aus dem Badevorort Coney Island. Beinahe erleichtert nimmt man dann aber zur Kenntnis, dass Arbus’ Beuteschema damals schon weitgehend intakt war.
„Allana Clarke. An Infinitive Breath“, Galerie Thomas Zander, Schönhauser Str. 8, Köln, Di.-Fr. 11-18 Uhr, Sa. 11-17 Uhr, bis 13. Mai.