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InterviewAlle können Kunst leihen, auch Kindergärten und Schulen

Lesezeit 4 Minuten

Astrid Bardenheuer ist Leiterin der Artothek in Köln.

  1. Große Namen wie Warhol, Richter, Lichtenstein, sind in der Artothek vertreten.
  2. Mehr als 1700 Werke, davon kann man 1450 Werke ausleihen.

Frau Bardenheuer, die Artothek verleiht Kunst. Kann ich bei Ihnen irgendwann auch Werke mitnehmen, die jetzt bei der Art Cologne zu sehen sind?

Das ist möglich. Wir haben seit 2005 eine Kooperation mit der Art Cologne. Die Messe vergibt Förderkojen an Galerien, die junge Künstler erstmalig ausstellen und gleichzeitig an dem Wettbewerb „New Positions“ teilnehmen. Der Preisträger bekommt die Möglichkeit, im Folgejahr hier in der Artothek auszustellen. Und wir überlegen, ob wir Arbeiten der Preisträger ankaufen.

Wie oft passiert das?

Wir haben hier aktuell zwei der zehn Künstler vertreten, die prämiert wurden. Nämlich Gerda Scheepers und Annette Kelm. Und die sind tatsächlich gefragt. Wir müssen bei einem Ankauf natürlich darauf achten, dass die Arbeiten zu uns passen. Als städtische Einrichtung ist erstens unser Etat beschränkt. Zweitens gibt es praktische Vorgaben: Wir verleihen aus Schutz- und Versicherungsgründen nur gerahmte Bilder und in einem Format, das handhabbar ist. Das heißt, die Bilder sollte man unterm Arm im Karton verpackt mit nach Hause nehmen können.

Ihre Sammlung speist sich vor allem aus Nachwuchskünstlern?

Wir haben in unserer Sammlung große Namen vertreten wie Warhol, Richter, Lichtenstein, was auf die Ankaufpolitik der 70er Jahre zurückzuführen ist. Heute sehen wir unsere Arbeit eher darin, vor allem jungen Absolventen die Möglichkeit zu geben, sich zu präsentieren. Ganz unabhängig vom Markt. Rund 40 Bewerbungen gehen bei uns pro Jahr ein, vier von ihnen stellen wir hier aus und häufig kaufen wir einige ihrer Werke an. Damit und mit dem Verleih tragen wir hoffentlich ein wenig dazu bei, sie bekannter zu machen. Bestenfalls finden sie eine Galerie und sind dann irgendwann auch auf der Art Cologne zu sehen.

Wie viele Werke umfasst die Sammlung aktuell?

Wir haben mehr als 1700 Werke, davon sind 1450 ausleihfertig. Die Sammlung wächst, aber wir sortieren auch immer wieder aus. Vor allem Werke, die altern, oder weil sie unter der Ausleihe gelitten haben. Das sind meistens Papierarbeiten, die wir dann lieber konservieren als verleihen.

Wie viele Unikate sind unter den Verleihwerken?

Die Hälfte der Arbeiten sind Unikate, also Zeichnungen und Gemälde. Die andere Hälfte sind Editionen, liegen also in limitierter Auflage vor.

Wer ist der typische Ausleiher?

Ich möchte mal sagen, dass wir sehr treue Kunden haben. Manche kommen seit 30 Jahren hierher. Sie haben irgendwann einmal zwei Nägel in die Wand gehauen und wollen sie eben immer wieder bestücken. Es kommen vereinzelt Leute hinzu. Es sind aber eher Eingeweihte, die durch Mundpropaganda zur Artothek finden. Sie sind etwas älter, was ich ihrer Sesshaftigkeit zuschreibe. Weniger Studenten, obwohl sie kunstinteressiert sind. Aber womöglich ist deren Wohnsituation zu unruhig. Wir haben 250 aktive Ausleiher, die Zahl der Ausleihen im Jahr liegt bei 1700. Einige leihen gleich mehrere Bilder aus, um Büros, Praxen und Geschäftsräume auszustatten.

Das ursprüngliche Ziel der Artothek war die Demokratisierung der Kunst. Kunst für jedermann. Haben Sie das erreicht?

Ich finde, ja. Die Idee war ja immer, niedrigschwellig zu arbeiten. Erstens kostet die Ausleihe pro Bild sechs Euro für zehn Wochen. Und da ist die Versicherung schon drin. Dann sehe ich auch, wie unverkrampft hier mit der Kunst umgegangen wird. Die Menschen treffen ihre Auswahl sehr gefühlsbetont und sehr spontan. Weniger über die großen Namen, sondern viel mehr nach individuellen Bedürfnissen. Anders als beim Kauf, kann sich jeder nach einiger Zeit eben umentscheiden, Neues entdecken und auch einmal mit einem anderen Werk zusammenwohnen. Immer wieder gibt es auch Kaufanfragen. Aber wir verkaufen nicht, sondern verweisen an die Künstler.

Gibt es auch bei der Ausleihe Trends?

Es werden immer wieder gerne Fotografien von Boris Becker oder dem Ehepaar Becher nachgefragt, aber auch abstrakte Gemälde weniger bekannter Künstler.

Beraten Sie auch Ihre Kunden?

Das wird wenig nachgefragt. Der persönliche Kontakt ist zwar wichtig. Aber Ausleiher gehen anders vor als Käufer. Sie sind experimentierfreudiger. Andererseits haben wir nun damit angefangen, Fortbildungen für Erzieher und Lehrer anzubieten, damit sie mit der Artothek arbeiten können. Erste Kindergärten und Schulen haben auch bereits entdeckt, dass eine Ausleihe eine interessante Alternative zum Museumsbesuch sein kann. Sie haben viel mehr Zeit, sich mit der Kunst auseinanderzusetzen.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, welches Bild würden Sie in Ihre Sammlung aufnehmen?

Ich würde wahnsinnig gerne ein kleines Stoffbild von Cosima von Bonin für die Sammlung haben oder eine tolle Arbeit von Imi Knoebel. Beide sind aber bislang nicht für uns erschwinglich.