Iron Maiden in KölnTriumphale Rückkehr nach einem Vierteljahrhundert
Köln – Vor über einem Vierteljahrhundert waren Iron Maiden bereits lebende Musiklegenden. Doch die Bühne, auf der ihr letzter Auftritt in Köln stattfand, war um einiges kleiner als die am Samstag im Rhein-Energie-Stadion. Am 22. Dezember 1995 gastierten die Briten im E-Werk.
Der Grund für die Tour durch verhältnismäßig kleine Hallen stand damals am Mikrofon. Blaze Bayley war als Ersatz für Bruce Dickinson zu Iron Maiden gestoßen. Bei der überwiegenden Mehrheit der Fans kam der Sänger so gar nicht an. Nach zwei Alben („The X-Factor“, „Virtual XI“) wurde die unglückliche Liaison Anfang 1999 wieder beendet und der schmerzlich vermisste Dickinson kehrte zurück.
Nachdem Iron Maiden dieses tiefe Tal durchschritten hatten, schwang sich das Sextett – man gönnt sich den Luxus dreier Gitarristen – zu immer neuen Höhen auf. Nach der Jahrtausendwende trat Iron Maiden dann in eine progressivere Phase ein.
Die zum Teil deutlich längeren Songs stießen ähnlich wie die Bayley-Ära nicht überall auf Gegenliebe. Doch der in Verkaufszahlen gemessene Erfolg gab der Gruppe Recht. So überschreiten auf dem aktuellen Werk „Senjutsu“ – was im japanischen so viel wie Taktik und Strategie bedeutet – gleich drei Nummern die Zehn-Minuten-Marke.
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Mit „Senjutsu“, „Stratego“ und „The Writing On The Wall“ beginnt die Show ziemlich getragen. Bereits beim zweiten Stück betritt Band-Maskottchen Eddie als übergroßer Samurai schwertschwingend die Bühne. Das Publikum kommt erstmals bei „Blood Brothers“ so richtig in Schwung. Frontmann Dickinson hatte kurz über die Pandemie-Pause und den Zusammenhalt innerhalb der Gruppe, aber auch zwischen Musikern und Anhang gesprochen.
In den Songs von Iron Maiden werden oft historische, cineastische oder literarische Vorlagen aufgegriffen. Einer der unzähligen Klassiker, „Flight Of The Icarus“, erzählt beispielsweise von der Sage von Ikarus und Dädalus, während sich „Run To The Hills“ mit dem Völkermord an den nordamerikanischen Ureinwohnern auseinandersetzt.
Bemerkenswerte Energie
Bemerkenswert ist die Energie, mit der die Herren noch immer über die Bühne wirbeln. Schlagzeuger McBrain war im Juni als erster 70 Jahre alt geworden. Sänger Dickinson, als jüngster im Bunde, hatte im Mai 2015 erfolgreich die Therapie zur Bekämpfung eines Zungengrundkarzinoms hinter sich gebracht. Der vielseitige Musiker hatte sich davon allerdings nur kurzzeitig ausbremsen lassen. Neben seiner musikalischen Karriere ist Dickinson als Pilot, Fechter, Bierbrauer und Hobby-Historiker erfolgreich.
Nicht minder rastlos ist Bassist und Bandgründer Steve Harris. Das letzte verbliebene Mitglied der Ur-Besetzung trat am Vorabend im Musikclub „Kantine“ an der Neusser Landstraße mit seinem Nebenprojekt „British Lion“ auf.
Kurz vor Ende betritt erneut der hünenhafte Eddie die Bühne, diesmal im roten Rock eines britischen Infanteristen aus der Zeit des Krimkrieges. Der dazugehörige Song „The Trooper“ erzählt von der verlustreichen Attacke einer Brigade während der Schlacht von Balaklawa im Oktober 1854. Im hinteren Stehplatzbereich klettert unterdessen eine junge Frau mit einer Fahne bewaffnet, welche das Wappen der Stadt Köln zeigt, auf einen Lautersprecher-Mast. Nach einigen Minuten ist die Aktion unfallfrei wieder beendet.
Eingeleitet von Churchills berühmter Rede zur Einschwörung der britischen Nation auf den Kampf gegen die Nazis beendet „Aces High“ den für Augen und Ohren bombastischen Auftritt. Dazu kreist über den Köpfen der Band die lebensgroße Kopie des legendären „Spitfire“-Jagdflugzeugs. Im E-Werk wäre das so sicherlich nicht möglich gewesen.