Der Dokumentarfilm „Wie Kriege enden - und Frieden möglich ist“ der Kölner Produktionsfirma Broadview feiert im Filmpalast Premiere.
Kölner DokumentarfilmWie kann man Frieden schaffen?

Das Team von „Wie Kriege enden und Frieden möglich ist“ mit NRW-Medienminister Nathanael Liminski (3.v.l.) vor dem Kino
Copyright: Christian Knieps
Die entscheidenden Fragen sind oft die, die am schwierigsten zu beantworten sind. Das beweist ein Dokumentarfilm der Kölner Produktionsfirma Broadview, der am Dienstagabend im Filmpalast Premiere feierte. Gerade in diesen Zeiten sprechen wir auch in Deutschland viel über Verteidigungsfähigkeit und Militärausgaben. Angesichts der politischen Lage völlig zu Recht, aber die Filmemacher Jobst Knigge, Christina Trebbi und Susanne Utzt betrachten das Thema aus einem anderen Blickwinkel. In „Wie Kriege enden - und Frieden möglich ist“ stellen sie die Frage, was es braucht, damit Feinde in einem militärischen Konflikt nach oft jahre- oder jahrzehntelanger Gewalt, nach Leid, Zerstörung und Tod das scheinbar Unmögliche möglich machen: Frieden zu schließen.
Auch wenn sich die drei Autorinnen und Autoren in der Vorbereitung mit Krisen und Kriegen seit der Antike beschäftigt haben, rücken sie vier Konflikte der Gegenwart ins Zentrum ihrer Annäherung. Es war ihnen wichtig, Persönlichkeiten zu Wort kommen zu lassen, die an Verhandlungen beteiligt waren, die wissen, warum manche Annäherung gelingt und andere nicht.
Blick auf Kolumbien, Südafrika, Afghanistan und den Nahost-Konflikt
Sie blicken auf Kolumbien, Südafrika, Afghanistan und den Nahost-Konflikt und sprechen unter anderem mit Cyril Ramaphosa, Präsident der Republik Südafrika, der in den 1990er-Jahren Chefverhandler des ANC beim Übergang von der Apartheid zur Demokratie war und Shlomo Ben-Ami, israelischer Historiker und Außenminister (2000–2001), Unterhändler Israels bei Camp David II..
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Sergio Jaramillo Caro, Botschafter Kolumbiens a. D.
Copyright: Christian Knieps
In Kolumbien gelang es dem damaligen Präsidenten Juan Manuel Santos nach langen Verhandlungen mit den Rebellen der FARC, im Jahr 2016 ein Friedensabkommen zu schließen. Dafür wurde er mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Broadview-Chef Leopold Hoesch begrüßte in Köln als Ehrengast den früheren Botschafter von Kolumbien, Sergio Jaramillo Caro, der als Verhandlungsführer der Santos-Regierung bei dem Prozess eine entscheidende Rolle spielte. „Es ist falsch zu glauben, bei Verhandlungen ginge es um Vertrauen. Vertrauen ist eine Folge, keine Voraussetzung. Man erreicht kein Friedensabkommen, weil man der anderen Seite vertraut. Man erreicht es, weil man eine Struktur schafft, in der sich jede Seite so verhält und Dingen zustimmt, die der anderen Seite signalisiert: Offensichtlich meinen die es ernst. Und dann beginnt man, dem Prozess zu vertrauen“, sagt dieser im Film.
Arte-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann betonte, dieser Film liege im ganz besonders am Herzen. Was er zu beantworten versuche, sei keine spitze, krachende Frage, aber am Ende sei sie die Wichtigste. Nathanael Liminski, Europa- und Medienminister des Landes Nordrhein-Westfalen, war eigens für ein Grußwort ins Kino gekommen. Auch er fand deutliche Worte. Das Thema begegne uns aller Orten, nicht nur abstrakt, sondern ganz konkret. Auch wenn der Krieg in der Ukraine nicht mehr jeden Tag die Schlagzeilen bei uns beherrsche, werde er unbarmherzig und unbegrenzt weitergeführt. „Das andere sind die Kriege, die wir nicht so sehen, die uns aber auch umgeben: Handels- und Informationskriege“, so Liminski. Die Bedrohung sei auch in Deutschland real. Deutschland müsse rasch verteidigungsfähig werden. „Aber Krieg wird nicht nur mit Waffen geführt, sondern auch mit Worten, Bildern, Informationen und Geschichten.“ Ein fauler Frieden aber verlängere den Krieg. „Frieden ist mehr als das Schweigen von Waffen.“
Ähnlich äußert sich in dem Film die afghanische Politikerin und Menschenrechtsaktivistin Fatima Gailani. Sie war 2001 Beraterin bei der Petersberg-Konferenz, Präsidentin des Roten Halbmonds Afghanistan (2005–2016) und Vermittlerin im Friedensprozess in Doha (2018–2021). Gailani lebt in London. Ihr Nachbar sei kürzlich für eine Hochzeit nach Afghanistan gereist und habe ihr berichtet, so friedlich habe er es dort lange nicht erlebt. Aber das sei ein Friede, der nichts wert sei, so Gailani, weil er Frauen und Mädchen ihrer Freiheit beraube.
Im Filmpalast konnten sich unter anderem Gäste wie Philharmonie-Intendant Louwrens Langevoort, Schauspieler Max von der Groeben, „Kölner Stadt-Anzeiger“-Chefredakteur Gerald Selch und Christina Bentlage von der Film- und Medienstiftung NRW, die das Projekt unterstützte, davon überzeugen, wie fragil Verhandlungen sind und dass Frieden sehr selten ein stabiler Zustand, sondern immer ein anstrengender Prozess ist.
„Wie Kriege enden – und Frieden möglich ist“, zu sehen am 22. April um 20.15 Uhr auf Arte sowie ab 21. April in der Arte Mediathek.