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Kinos in der Corona-Pandemie„Ich vermisse in Köln eine klare Ansage“

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Geschlossenes Odeon-Kino in der Kölner Severinstraße (Archivbild)

Köln – Ob „James Bond“, „Nomadland“ „Der Rausch“ oder „The French Dispatch“ – auch in der Corona-Pandemie liefen und entstanden Filme, die von einem großen Publikum gesehen und gefeiert wurden. Ein Publikum, das nach den Lockdowns ein Film-Erlebnis auf der großen Leinwand umso mehr zu schätzen wusste: „Nahezu alle Gäste haben mir gesagt, wie schön es wieder ist, abends auszugehen – Kultur, Gemeinsamkeit, etwas Trinken – und dass sie das sehr, sehr vermisst haben während des Lockdowns“, erzählt Christian Schmalz, Betreiber der Kölner Kinos Off Broadway und Weisshaus.

„Und dadurch, dass es einen Film-Stau gab und wir sehr große und publikumsstarke Filme zeigen konnten, lief es in diesem Sommer sogar besser als in den Sommern der Vorjahre“.

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Christian Schmalz, Betreiber der Kölner Kinos Off Broadway und Weisshaus.

Doch nach diesem Hoch für die Filmkultur müssen die ersten deutschen Kinos wegen der steigenden Infektionszahlen schon wieder schließen – in Sachsen zum Beispiel. Aber auch die bayerischen Kinos dürfen inzwischen nur noch ein Viertel der Zuschauer einlassen und müssen in Corona-Hotspots auch komplett zumachen.

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„Ich gucke mit Sorgen auf die nächsten Wochen und ich gehe davon aus, dass wir auch Schließungen bekommen“, sagt Catherine Laakmann, Geschäftsführerin der Kölner Kinos Metropolis und Rex. „Die Verleiher werden sich nicht dazu entscheiden, Filme zu starten, wenn im halben Land die Kinos zu sind.“

Ohnehin kämen die Menschen im Moment nur noch sehr zögerlich: „Wenn wir unseren Zuschauern einen Handschlag geben dürften, dann hätten wir gestern jeden mit Handschlag begrüßen können – so wenige waren da.“ Catherine Laakmann sagt sogar: „Ich weiß nicht, ob ich mir wünschen soll, dass wir die Kinos aufbehalten. Je früher der Lockdown kommt, umso schneller ist das Elend vorbei. Ich habe die besten Lüftungen im Rex in Köln. In den kleineren Sälen stornieren die Leute trotzdem gerade ihre Karten und ich kann das auch irgendwie verstehen – auch wenn es mich als Kinobetreiberin schwer trifft und getroffen hat.“

Metropolis

Das Metropolis am Ebertplatz

"Ein Teil unseres Publikums kommt vielleicht nicht zurück"

Ähnliches erlebt auch Jürgen Lütz, Geschäftsführer des Odeon. Vor allem die Älteren seien vorsichtiger geworden, erzählt er: „Die ganzen Kunstfilme – da waren früher bei uns 80 Leute sonntags in der Matinee – jetzt sind es nur noch 25. Ein Teil unseres Publikums kommt vielleicht nicht zurück. Oder noch nicht zurück. Und das wird natürlich jetzt nicht besser durch das Wiederaufflammen der Corona-Thematik.“

Die chaotische Corona-Politik sei da auch nicht gerade hilfreich: „3G, 2G, 2G plus - die Leute sind verwirrt. Selbst ich wusste lange nicht genau, was aktuell die Regeln sind in NRW.“ In Bonn, wo Jürgen Lütz auch für ein Kino arbeitet, sei das deutlich besser gelaufen: „Da hat einfach jemand von der Stadtverwaltung auf den Tisch gehauen und gesagt: »Schluss jetzt mit dem Chaos, alles was von der Stadt Bonn veranstaltet wird – Oper, Schauspiel – hat jetzt 2G.« Das war einfach mal eine klare Ansage. So etwas habe ich in Köln vermisst.“

Und dann gab es da ja auch noch den 11.11., der Köln nicht gut getan habe: „Die Bilder von der Zülpicher Straße irritieren, wenn man die Inzidenzen kennt und die strengen Regelungen, die zum Beispiel eben für die Kultur gelten.“

An Sofa und Netflix gewöhnt

Viele haben sich in Corona-Zeiten an ihr Sofa und Streaming-Dienste wie Netflix gewöhnt. Eine Herausforderung für das Kino – aber keine Existenz-Bedrohung, glaubt Kino-Betreiberin Catherine Laakmann: „Es wird sich durch die Corona-Pandemie bestimmt etwas verändern für das Kino. Aber die Freude daran ist so groß – das habe ich gemerkt, als wir wieder aufgemacht haben. Ich glaube an das Kino, und ich glaube, dass es auch weiterhin Kino geben wird.“

Das hofft und glaubt natürlich auch Jürgen Lütz vom Odeon-Kino. Aber er sieht auch die große Konkurrenz: „Home Entertainment durch Netflix und Disney+ machen ein starkes Angebot. Und auch die Paramount baut sich gerade einen Streaming-Kanal auf, da wird noch einiges passieren.“

"Auch in diesem Jahr gab es Filme, die alle sehen mussten"

Zuversichtlich machen ihn die vielen tollen Produktionen, die auch in Corona-Zeiten entstehen: „Ich habe auch schon Filme gesehen, die wir nächstes Jahr zeigen, und da kommen auch wieder ganz herausragende Filme. Das hat ja mit »Nomadland«, mit »The Father« oder mit »Der Rausch« auch dieses Jahr wieder funktioniert: Dass es Filme gab, die alle sehen mussten. Ich glaube fest daran, dass das Kino immer wieder zurückkommen wird, auch wenn es noch mal einen neuen Lockdown geben wird.“

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Jürgen Lütz, Geschäftsführer des Odeon

Klar kann man Filme auch zu Hause auf dem Computer oder Fernseher schauen, sagt er. Aber das sei überhaupt nicht vergleichbar mit der Kinoatmosphäre: „Was fehlt ist diese Empathie, die sie spüren, wenn Sie im Kino sitzen und merken: Da sitzen 20 Leute um sie herum, die erleben dasselbe. Diese empathische Spannung erfüllt den ganzen Saal. Und das ist schon krass.“ Während des Lockdowns verloste er im Odeon Kino „für Zwei“. „Und da kam ganz oft die Rückmeldung: »Mensch, jetzt haben wir diesen Film eigentlich zum ersten Mal richtig gesehen.« Wenn Sie das auf der großen Leinwand sehen, dann ist es ein ganz anderes Erlebnis, dann sind Sie einfach in dieser Welt drin. Und das ist es, was Kino ausmacht.“