„Das Theater hat mich gerettet“, sagt Bettina Montazem. Die Leiterin des Kölner Urania Theaters musste als 10-Jährige aus dem Iran nach Deutschland fliehen. Auch wenn sie dank ihrer deutschen Mutter die Sprache schon verstand, begleitete sie nach dem Umzug ein Kulturschock und das Gefühl, nie wieder nach Hause zu können. Aber es wurde besser, als sie mit 13 Jahren in die Theatergruppe der Schule kam. Sie spielten das Stück „Was ihr wollt“ von Shakespeare. „In der Theatergruppe in der Schule habe ich dann eine neue Heimat gefunden.“

Eine Heimat, die sie auf ihrem Lebensweg mitgestaltet hat. 2018 eröffnete sie mit ihrem selbst gegründeten Verein das Urania Theater. Damit übernahm sie ein in der Kölner Kulturgeschichte tief verankertes Haus. Das Gebäude in Ehrenfeld erlebte bereits in den 80ern eine Blütezeit unter demselben Namen, die Geschichte des Geländes geht aber als Roxy-Theater, Rio-Theater oder als das Kino „Die Lichtburg“ bis in die 1930er zurück.

Bettina Montazem leitet das Urania Theater mit ihren Töchtern

Heute leitet Bettina Montazem das Urania Theater mit ihren beiden Töchtern. Lea Johanna Montazem ist Opernsängerin und Rosa Halina Dahm Schauspielerin, die kreative Ader zieht sich also durch die ganze Familie. „Es ist ein enormes Privileg, mit seinen Kindern die Leidenschaft für den Beruf zu teilen“, sagt Bettina Montazem. „Es ist auch gleichzeitig sehr, sehr herausfordernd. Man muss wirklich wach im Kopf sein und mit den Konflikten umgehen lernen, die mit den Generationen kommen.“ Sie sei zu ihren Töchtern besonders streng gewesen, aber alle drei seien stolz auf ihr Durchhaltevermögen.

Diese Qualität ist für ihre Arbeit enorm wichtig, denn das Urania Theater erhält keine Förderung von Land oder Stadt. Als privatwirtschaftliches Unternehmen müssen sie das einnehmen, was sie ausgeben können. „Für uns als Privattheater ist es überlebenswichtig, unser Publikum gut zu spüren, zu fühlen, was berührt und interessiert.“ Auch Rosa Halina Dahm findet: „Das persönliche und menschliche Miteinander ist ein großer Teil. Wir stehen jeden Abend hier und uns ist wichtig, dass unser Publikum mit uns sprechen kann.“ Diese Nahbarkeit zu leben, mache das Urania Theater aus.

Köln hat eine reiche Theaterszene

„Ich finde, die Kölner Theaterszene ist neben Berlin die reichste Theater- und Kulturszene, die wir in Deutschland haben“, sagt Rosa Halina Dahm. Das mache es schwer für Kölner Bürgerinnen und Bürger, sich zu entscheiden, wo man denn seinen Abend verbringen möchte. Bei so einem großen künstlerischen Angebot bleibt das Urania Theater mit einem eigenen Profil sichtbar. Bettina Montazem sagt: „Es gibt zwei Dinge, die ich wirklich liebe. Das Musiktheater und den Zirkus.“ Schon als sie das Urania Theater gegründet hat, war ihr klar, dass sie diese beiden Dinge zusammenbringen wollte. „Daraus ist tatsächlich das einzige und das erste Varieté-Haus in Europa entstanden, das Musiktheater und Varieté miteinander verbindet.“

Auch im neuen Programm nach der Sommerpause kommt das zutragen, darin geht es um die französische Chanson-Sängerin Edith Piaf. „Sie ist tatsächlich im Zirkus groß geworden, weil ihr Vater Schlangenmensch war“, erzählt Bettina Montazem. Es sei also naheliegend gewesen, das zusammenzubringen. „Piaf à Paris - Chanson meets Varieté“ hat am 30. August Premiere.

Kölns Theater bieten nach der Sommerpause wieder ein ansprechendes Programm. Wer seine Heimat im Theater noch finden will, findet hier einige Häuser, die einen Besuch wert sind.

Hier finden Sie eine Übersicht über einige der freien Theater in Köln

1. Urania Theater

Das Urania Theater wird von drei Frauen geleitet: Bettina Montazem, Lea Johanna Montazem und Rosa Halina Dahm. Es wurde 2018 neu eröffnet, hatte aber schon 1985 erfolgreiche Jahre unter demselben Namen. Die Kulturgeschichte des Geländes in Ehrenfeld geht als Arkadas-Theater, Roxy-Theater, Rio-Theater oder als das Kino „Die Lichtburg“ bis in die 1930er zurück. Heute stehen Theaterstücke, Konzerte, Musicals und Varieté auf dem Programm. Nach der Sommerpause wartet das Urania-Theater mit einer Fusion aus Chanson und Varieté auf: Ein Stück über Edith Piaf (Premiere: 31. August) führt das Publikum unter der Regie von Bettina Montazem ins Paris der 30er Jahre.

Urania Theater, Platenstr. 32, 50825 Köln | uraniatheater.de/spielplan

2. Orangerie Theater

Mitten im Volksgarten steht mit der Orangerie ein Theater, das eine Geschichte als Festungsbau und dann als Villa des städtischen Gartendirektors hat. Heute findet sich dort eine Bühne für Theater, Tanz und Performances, die in Kooperation mit ca. 30 verschiedenen Künstlergruppen ein vielfältiges Programm zeigt. In diesem Sommer greifen sie einmal mehr Stoffe auf, die viele im Herzen tragen: Da führen sie mitunter eine szenische Lesung von „Die unendliche Geschichte“ (18.8.) und eine Bühnenadaption von „Momo“ (25.8.) auf.

Orangerie Theater, Volksgartenstraße 25, 50677 Köln | Preis: 19 Euro, ermäßigt 12 Euro, mit Köln-Pass 8 Euro | www.orangerie-theater.de

3. Freies Werkstatt Theater

Das Freie Werkstatt Theater in der Südstadt hat mit Stücken wie „Annette, ein Heldinnenepos“ und „Der Nazi und sein Friseur“ immer wieder den Blick zurück in die Vergangenheit geworfen. Das Haus wagt aber auch den kritischen Blick auf die Themen der Gegenwart, ob Kapitalismus, Digitalisierung oder Feminismus. Nun kommt das FWT mit einem Stück aus der Sommerpause, das schon auf dem Sommerblut Festival gezeigt wurde: „Queere Revolution“ (ab 7.9.) ist ein partizipatives Theaterprojekt nach dem Buch „Lavendelschwert“ des Kölner Autors Felix Rexhausen und wagt eine Zeitreise in die Anfänge der queeren Emanzipationsbewegungen. Es ist eine Koproduktion des FWT, des Sommerblut Kulturfestival und des Produktionsbüros Petra P.

Freies Werkstatt Theater, Zugweg 10, 50677 Köln | Preis: zwischen 6 und 30 Euro | www.fwt-koeln.de

4. Theater im Bauturm

Köln hat an der Aachener Straße seinen eigenen Broadway am Ring. Neben der Volksbühne gibt es dort das Theater im Bauturm, das letztes Jahr sein vierzigstes Jubiläum feierte. Nach der Sommerpause startet das Programm mit Liederkabarett von Markus Sauer (29.8.) und einer Live Podcast-Impro-Show mit dem Science-Fiction-lastigen Thema „Romanzen und Raumschiffe“ (30.8.). Das erste Theaterstück gibt es dann ab dem 7.9. mit „Hexe – Heldin – Herrenwitz“, einem humoristischen Panorama zur Geschichte von Frauen in Köln mit Susanne Pätzold und Nicole Kersten. An diesem Abend kommen Agrippina ebenso zu Wort wie Kölns erste Karnevalssängerin Grete Fluss. Und wer nach dem Stück den Abend ausklingen lassen will, kann sich im Café im Bauturm mit Getränken versorgen lassen.

Theater im Bauturm: Aachener Straße 24-26, 50674 Köln | Preis: 24 Euro, ermäßigt 10 Euro | www.theaterimbauturm.de

5. Hänneschen Theater

Das Hänneschen ist mit seiner 200-jährigen Geschichte nicht aus der Kölner Kulturszene wegzudenken. Das „Volkstheater op Kölsch“ ist das größte Puppentheater Deutschlands und hat Stücke für die ganze Familie im Programm. Die Geschichten leben von dem Charme der Figuren, allen voran natürlich dem Hänneschen selbst. „Uns Hännesche“, so heißt es auf der Website des Theaters, „eß ene kölsche Fetz un hät emmer en Lösung parat.“ Das Abendstück „Medden im kölsche Levve, iewich jung jeblevve“ von Silke Essert hatte am 23. Juni Premiere und feierte das 222. Jubiläum der Kölner Puppenspiele. Man kann es ab dem 17. August wieder besuchen, dann läuft es bis zum 27. Oktober.

Hänneschen Theater, Eisenmarkt 2-4, 50667 Köln | Preis: 14 Euro bis 23 Euro | www.haenneschen.de

6. Theater der Keller

Die neue Spielzeit im Theater der Keller trägt das Motto „Freiheit aushalten!“. In einer Demokratie müsse man Ambivalenzen ertragen, Widerstreit zulassen, eben nicht immer alles in ein einfaches Urteil komprimieren. Die Stärke der Mehrdeutigkeit wird nirgends so deutlich wie im Theater, und diese Kunst hat sich das Theater der Keller auf die Fahne geschrieben. Passend dazu kommt es mit einer Kafka-Parabel aus der Sommerpause, „Der Bau“ (Premiere: 23.8.). Darin geht es um ein Wesen, dass sich zum Schutz vor seinen Feinden in einem labyrinthartigen Erdbau zurückzieht. Am Folgetag (24.8.) kann man das Stück „Rettet den Kapitalismus“ ansehen (Premiere im Jahr 2022), eine Crash-Revue mit Musik von Brecht bis Grönemeyer und dem schönen Motto: „Retten Sie den Kapitalismus und bringen Sie Ihr Geld zu uns! Denn bei uns ist Rendite noch real.“

Theater der Keller, aktuell in der TanzFaktur, Siegburger Str. 233w, 50679 Köln | Preise: Abendkasse: 21 Euro, ermäßigt 11 Euro, Premiere: 24 Euro, Theatertag: 8 Euro, Kindertheater: 12 Euro. Erstsemesterstudierende der Kölner Hochschulen erhalten gegen Vorlage eines gültigen Studienausweises oder einer Immatrikulationsbescheinigung eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn Restkarten gratis. (Ausgenommen Premieren, Konzerte und Gastspiele.) | theater-der-keller.de

7. Comedia Theater

Das Comedia Theater befindet sich in der Alten Feuerwache in der Südstadt, und noch immer erinnern die ehemaligen Rutschstangen und einige Fliesen an den Wänden an die alte Nutzung des Gebäudes. Mit seinem Programm holt das Theater das junge Publikum ab, regelmäßig gibt es Angebote für Schulklassen und man kann bei seinem Besuch zusätzlich 5 Euro für ein „Ticket für Kurze“ ausgeben, mit dem man Schulkindern den Besuch ermöglicht, die ihn sich nicht leisten können. Auch im Sommer finden im Comedia viele Veranstaltungen statt, etwa kostenlose Voguing-Workshops. Die Spielzeit wird am 7.9. mit einem Straßenfest eröffnet, bevor das Stück „Ich, unendlich“ in Koproduktion mit der Compañía Aranwa aus Chile auf die Bühne kommt.

Comedia Theater, Vondelstraße 4-8, 50677 Köln | www.comedia-koeln.de

Diese Theater sind auch einen Besuch wert

Box Theater | Sachsenring 3, 50677 Köln | box-koeln.de

CASAMAX Theater, Berrenrather Str. 177, 50937 Köln | https://www.casamax-theater.de/

Cassiopeia Bühne, Bergisch Gladbacher Str. 499 – 501, 51067 Köln | www.cassiopeia-buehne.de

Horizont Theater, Thürmchenswall 25, 50668 Köln | www.horizont-theater.de

KKT. Kölner Künstler:innen Theater, Grüner Weg 5, 50825 Köln, Telefon: 0221 5107686 | www.k-k-t.de

Metropol Theater, Eifelstraße 33, 50677 Köln | www.metropol-theater-koeln.de

Scala Theater - Das kölsche Lustspielhaus, Hohenzollernring 48, 50672 Köln | https://scala.koeln/

Senftöpfchen Theater, Große Neugasse 2-4, 50667 Köln | www.senftoepfchen-theater.de

Studiobühne Köln: zurzeit keine eigene Spielstätte, spielen in verschiedenen Theatern. Büro aktuell in der Godesbergerstraße 10, 50968 Köln | studiobuehnekoeln.de

Studio 11, Gravenreuthstraße 11, 50823 Köln, Telefon: 0176 23 61 77 20 | studioelfkoeln.de

Theater Das Spielbrett, Kalker Hauptstraße 273, 51103 Köln | theater-das-spielbrett.net

Theater Tiefrot, Dagobertstraße 32, 50668 Köln | www.theater-tiefrot.de

Volksbühne am Rudolfplatz, Aachener Str. 5, 50674 Köln | https://volksbuehne-rudolfplatz.de/programm/