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Medienhaus in KölnSo funktioniert der Newsroom des WDR

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WDRGebaeude

Der WDR ist in Köln auf der Suche nach dem perfekten Newsroom.

Köln – Wer sitzt wo? Wie klappt die Kommunikation am besten? Was sind die größten Hürden? Fragen wie diese beschäftigen viele Medienunternehmen in Deutschland. Auch der WDR versucht herauszufinden, wie der perfekte Newsroom aussieht. Dabei steht er nicht nur inhaltlich vor Herausforderungen, sondern aktuell auch räumlich. Wir erklären, wie das derzeitige Konzept aussieht.

Wer sich beim WDR einen riesigen, offenen Raum vorstellt, indem hunderte Personen zusammenarbeiten, liegt falsch. Denn zurzeit arbeiten die Kölner in einem Interims-Newsroom, wie Sebastian Remmel, Leiter Organisation des Newsrooms, erklärt. Der Umbau des alten Filmhauses ist in vollem Gange, 2024 soll der Bezug folgen.

Bis dahin heißt es ein Stück weit improvisieren. „Beim WDR gab es die Haltung, dass wir nicht bis zur Fertigstellung des Hauses warten können“, sagt Remmel. „Von daher gab es die Entscheidung, jetzt schon in den Arkaden zu starten und daraus dann noch lernen zu können, wenn wir umziehen.“

Der WDR hat räumliche Grenzen

Wer wie und wo zusammensitzt, folgt beim WDR aktuell also nicht immer dem Idealprinzip. Das liegt auch daran, dass räumliche Grenzen gesetzt sind, an manchen Stellen, die offen sein sollten, zum Beispiel einfach Wände stehen. Zweimal einen Newsroom zu bauen, kam für den WDR nicht infrage. „Von daher mussten wir in den Arkaden sehr stark damit klarkommen, was wir vorfinden“, sagt Remmel. Die Kölner hatten ein Ziel und wussten, wie sie arbeiten wollen. „Und dann haben wir geguckt, wie wir das in dieser Phase bestmöglich hier ins Gebäude bekommen.“

Den einen Newsroom gibt es beim WDR zurzeit also nicht. „Wir haben im dritten Stock ein sehr großes Aktualitätszentrum, das würde man sicherlich am ehesten als »Newsroom« bezeichnen“, sagt Remmel. Dort gibt es einen Newsdesk, an dem alle aktuellen Themen zusammenlaufen. Das Team hat alle Themen in Nordrhein-Westfalen und weltweit im Blick, bewertet sie, und auch die aktuellen Fernseh-, Radio- und Onlineformate werden hier verantwortet.

Kölner nutzen vier Ausspielwege

Außerdem sei der Newsroom beim WDR eine „Drehscheibe für die Themen der Fachredaktionen“, erklärt Remmel. Die Fachredaktionen wie zum Beispiel Landespolitik, Wirtschaft, Wissenschaft oder Sport und die Regionalstudios des WDR selbst gehören dieser Drehscheibe nicht an, arbeiten aber sehr eng mit dem Team zusammen. Das Prinzip ist, dass alle Inhalte am Newsdesk gebündelt werden und das Team daraus dann in zwei großen Konferenzen die Hauptthemen für alle Ausspielwege identifiziert.

Dafür gibt es vier Kanäle: Radio, Fernsehen, Online und Social. „Wir versuchen, möglichst alle Themen immer direkt vom Thema her in alle Ausspielwege hinein zu denken“, sagt Remmel. Alles, was im Internet stattfindet, ist relativ einfach zu planen. Denn dort gibt es keine Platzprobleme. Schwierig wird es dann, wenn es um lineare Sendungen geht. Wenn Fragen aufkommen wie: Ist das Thema eigentlich zu viel oder zu wenig für meine Sendung? An dieser Stelle befinde sich die Grenze zwischen dem themenzentriertem Denken am Newsdesk und der Ausspielwegsdenke, aus der heraus Sendungen konzipiert werden. „Deshalb haben wir natürlich nach wie vor auch Sendungsteams“, erklärt Remmel.

160 Schichten an Werktagen

Eine weitere wichtige Säule beim WDR ist der Bereich „Agenda und Planung“ im vierten Stock. „Wir sagen: Alles für heute ist Newsdesk, alles ab morgen ist Agenda und Planung“, erklärt Remmel. Das können Themen sein, die statt tagesaktuell besser mit etwas Vorlauf umgesetzt werden oder Schwerpunkte zu Themen, die besondere Relevanz haben.

Im Newsbereich des WDR gibt es werktäglich 160 Schichten, am Wochenende sind es weniger. Das Team besteht aus festen und freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Studierenden. Dazu gehört beispielsweise auch ein Jetzt-CVD, der dreischichtig eingeteilt und für die Newsarbeit sehr wichtig ist. Dieser „entscheidet über alles, was in den nächsten 60 Minuten ist. Er beobachtet die Welt und definiert welche Themen unmittelbar in den Ausspielwegen, wie zum Beispiel Hörfunknachrichten, Twitter oder WDR aktuell App, gesetzt werden“, erklärt Remmel. Dazu kommen weitere Aufgaben etwa Regio-CVDs oder Social Content Manager.

Perfektion noch nicht gefunden

Die perfekte Antwort darauf, wie man das ganze Personal in einem Traum-Newsroom zusammensetzt, hat auch Remmel noch nicht. „Wenn ich die hätte, würde ich mich sehr freuen“, sagt er. „Es sollen natürlich alle, denen man etwas zurufen will, auch auf Zurufnähe sitzen. Aber man will ja gar nicht allen immer etwas zurufen“, betont Remmel. Die Hauptherausforderung für den WDR sei, direkte Kommunikation von vielen zu ermöglichen, wenn sie nötig ist, ohne dabei zu verhindern, dass Teams auch mal in Ruhe einen Gedanken fassen können.

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„Wenn man sich in eine Raumschiff-Enterprise-Welt beamt, es sozusagen möglich wäre, um Menschen herum individuell eine Schallkabine zu ziehen, wo und wann immer man sie gerade braucht, das wäre sicherlich ideal. Das gibt es aber noch nicht. Und darum ist das für uns wirklich noch eine sehr spannende Frage.“