Das Kölner Kammerorchester unter Raphael Christ hellte einen trüben Sonntag mit einem dynamischen Brandenburgischen Konzert auf.
Kölner PhilharmonieGute Laune mit einem rasanten Bach
Zum Schluss war da kein Halten mehr: Als Zugabe servierte das Kölner Kammerorchester unter seinem Konzertmeister Raphael Christ noch einmal das Perpetuum mobile des zweiten Satzes aus dem dritten Brandenburgischen Konzert – mit gegenüber dem eh schon geschwinden ersten Durchgang noch einmal spürbar gesteigertem Tempo und sturzbachartiger Schwelldynamik.
Das grenzte dann schon ans Sportiv-Zirzenische, vor dem Hintergrund des vorangegangenen Jahreseröffnungskonzerts in der Philharmonie konnte es hingegen als eine finale Steigerung konzertanter Vitalität und Virtuosität durchgehen. So oder so war die Matinee geeignet, in den mal wieder deprimierend trüben und grauen Sonntagvormittag eine starke Portion guter Laune zu bringen. Das lag zum einen an der Agenda: Bach pur mit vier Konzerten.
Raphael Christ übernahm den Solopart des Violinkonzerts
Die sind zwar allesamt schier übermäßig bekannt, aber das tut der Sache keinerlei Abbruch. Hier wird halt ein nicht überbietbares Kompendium barocken Komponierens zwischen Tanz, Fuge und instrumentalem Lamento geboten, in dem darüber hinaus stil- und ausdruckshalber kein Werk, kein Satz dem anderen gleicht. Was hat schon das a-Moll-Violinkonzert mit dem Cembalokonzert BWV 1052 zu tun, was das fünfte mit dem dritten Brandenburgischen?
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Das lag aber eben auch an der Präsentation, die diese Musik nicht staatstragend-fett, sondern leicht, agil, temperamentvoll und rhythmisch beschwingt Gestalt werden ließ – zumal, wie gesagt, in den Schlusssätzen mit Tempi an der Oberkante. Christ selbst interpretierte in diesem Sinne klanglich elegant, markant phrasierend, mit feinem, vibratoarmem Ton den Solopart des Violinkonzerts.
Lautes Auftrumpfen war allerdings auch deshalb nicht angesagt, weil das (in zwei Werken) von dem Italiener Luca Quintavalle traktierte Cembalo akustisch immer wieder ins Off zu geraten drohte - für dieses Instrument ist das große Philharmonie-Rund leider nur bedingt geeignet. Das war schade, denn Quintavalle spielte – beim fünften Brandenburgischen im gut aufeinander abgestimmten Trio mit Christ und dem Flötisten Paolo Ferraris – souverän und musikalisch, mit geschmackvollem Rubato in seiner großen Kadenz. Die übliche Nähmaschinenassoziation drängte sich da nicht auf.
Als Begleiter jedenfalls mussten sich die Streicher des in den Solostellen immer wieder abgespeckten Orchesters in der Tugend kunstvoller Selbstverhehlung üben – was meistens, aber nicht immer gelang. Als Zuhörer kam man freilich solchermaßen stets aufs Neue in den Genuss von Bachs fantastischer Partiturschichtung – etwa im Mittelsatz des Cembalokonzerts mit seinem bohrenden Bass-Ostinato.
Weniger erfreulich war das Verhalten von Teilen des zu Recht begeisterten Publikums, das jeden einzelnen Satz beklatschen zu müssen glaubte. Einer klatscht vor, und viele, längst nicht alle, fallen wie von einem fremden Willen gesteuert ein. Da ist jedenfalls eine Dynamik im Spiel, die durchaus einmal eine Analyse verdiente. Warum, zum Beispiel, klatscht das Publikum in diesem Konzert zwischen den Sätzen, in jenem aber nicht?