Das Bundesjugendorchester schwelgte im narkotisierenden Sound von Wagner und Strauß.
Kölner PhilharmonieSchwüle Spätromantik und Wiebke Lehmkuhls sinnlicher Alt
Dicke, schwüle Spätromantik aus Deutschland und Österreich unter Beteiligung der Saalorgel – sie war, die Zugabe des „Rosenkavalier“-Walzers eingeschlossen, angesagt beim Konzert des Bundesjugendorchesters in der Kölner Philharmonie. Klar, der hochbegabte Nachwuchs der hiesigen Orchesterszene im Alter zwischen 14 und 19 Jahren will ausreichend beschäftigt werden – bis hin zum Blech und Schlagwerk. Das geht bei einer Haydn-Sinfonie naturgemäß nicht – obwohl es selbstredend in Sachen Disziplin und Klangkultur kaum einen besseren Lehrmeister als den Wiener Klassiker gibt.
Sei's drum, Wagner und Strauss sind nicht nur geeignet, mit ihrem narkotisierenden Sound stets das Publikum zu überwältigen, sondern bringen, was die Klang- und Formdramaturgie anbelangt, auch ihre eigenen Probleme mit sich, die zwingend gelöst werden müssen. Und immer wieder ist da ein schwerfälliger Tanker so in Bewegung zu setzen, dass der Zuhörer es nicht merkt – dass da eben ein Tanker auf dem Podium steht.
Dirigent Elias Grandy wird vom Bundesjugendorchester geliebt
Unter dem hochengagierten und dabei souverän den Blick aufs große Ganze wahrenden Dirigat des vom Orchester offensichtlich geliebten Elias Grandy gelang dies in der Philharmonie weithin vorzüglich. Die interne Steigerungskurve des zu Beginn gespielten „Tristan“-Vorspiels (gefolgt von Isoldes „Liebestod“) von den ersten Takten bis hin zur (vom Komponisten so intendierten) Versagung des Höhepunkts gestaltete sich mit dichter, quälender Intensität, in einem nie versiegenden, dabei intern gut rhythmisierten Fluss.
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Sicher, da gab es ein paar grobkörnige Einsätze, waren auch die Hörner zu laut. Aber, bitte schön: Da agierte eine Lehrformation, kein ausgereiftes, über die Jahrzehnte hinweg zusammengewachsenes Sinfonieorchester. Und was – dieses Lob gilt auch für die formidable Darstellung des Strauss´schen „Zarathustra“ am Schluss – das dichte satte Legato der Streicher und hier zumal der jeweils ersten Pulte anbelangt, so ließ die Performance keine Wünsche offen. Ein Wohlklang entfaltete sich da, der tatsächlich zu betören vermochte.
Durch die Bearbeiter auf Spätromantik getrimmt worden waren auch sieben Klavierlieder von Alma Mahler. Solche Orchestrierungen sind durchaus statthaft, sie können sich etwa auf die einschlägigen, von Wagner selbst und anderen erstellten Versionen der Wesendonck-Lieder und selbstredend auch der Klavierlieder des Ehemanns, Gustav Mahler, berufen. Als Solistin hatte man die großartige Wiebke Lehmkuhl verpflichtet, deren schöner sinnlicher Alt diesen Gesängen mit wenig Vibrato und reicher Gestik zu optimalem Leben verhalf.
Lehmkuhl hatte auch keinerlei Probleme, über die starke Begleitung hinüberzukommen – obgleich sich gerade dann fesselnde Effekte ergaben, wenn sie ihre Stimme in das Kontinuum der Instrumentalregister gleichsam einschmolz. Musikalisch waren die Lieder ein – leichter – Durchhänger. Ihre interne Spannkraft und Prägnanz reicht halt nicht ganz an die Höhe jener Liedkunst der anbrechenden Moderne heran, wie sie eben durch Wagner, Mahler und Strauss repräsentiert wird.