Kommentar zum Philharmonie-EklatDas angeblich so tolerante Köln muss sich schämen
- Das Philharmonie-Publikum erzwang durch Lachen, Klatschen, Buhen, Pfeifen und geräuschvolles Verlassen des Saals den Abbruch des jüngsten Concerto-Köln-Konzerts.
- Philharmonie-Intendant Louwrens Langevoort sagt enttäuscht, er habe „die Möglichkeit einer solchen Reaktion auf Steve Reich in Köln nicht für möglich gehalten“.
Köln – Statt einer Rezension des jüngsten Concerto-Köln-Konzerts in der Philharmonie beschränken wir uns aus gegebenem Anlass auf den Hinweis, dass es sich insgesamt um eine gute, vielleicht nicht exorbitante Darbietung handelte.
Eine Kritik wird trotzdem fällig – nicht an den Künstlern, sondern an Teilen des Publikums. Und zwar nicht am Husten- und Handyklingel-Orkan, sondern daran, dass eine nicht unbeträchtliche Minderheit der Besucher basale mitteleuropäische Benimm-Errungenschaften grob missachtete und durch Lachen, Klatschen, Buhen, Pfeifen und geräuschvolles Verlassen des Saals den Abbruch eines Programmpunktes erzwang.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Niemand ist genötigt, den Minimalismus eines Steve Reich zu goutieren – der übrigens kein Neutöner, sondern mit seinem fast ein halbes Jahrhundert alten Stück „Piano Phase“ Musikgeschichte ist.
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Bevor man ihn schlecht findet, sollte man allerdings, so viel darf erwartet werden, seine Ohren aufstellen, um wenigstens so ungefähr mitzubekommen, wie diese Musik funktioniert. Wer bereits in der zweiten Minute unruhig wird, verstellt sich diese Chance.
Die lautstarke Verweigerung indes, die jetzt in der Philharmonie zu erleben war, zeugt nicht nur von provinzieller Empörungsbereitschaft, sondern auch von einer bemerkenswerten Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Künstler und denjenigen Besuchern, die das Stück gerne hören wollten.
Das angeblich so liberale, weltoffene und tolerante Köln hat Grund, sich bitterlich zu schämen.