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Komödie am Kölner Theater am Dom„Extrawurst“ nimmt Rassismus mit Humor

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Die Besetzung von "Extrawurst" 

Köln – Zum Anfang bleibt es hell im Auditorium. Das Publikum gehört zum Spaß dazu wie Dr. Bräsemann, gerufen „Heribert“, der routinierte Vorsitzende des Junkersdorfer Tennisclubs. Sie alle, nein, wir alle sind an diesem Abend der Verein am Ende seiner Vollversammlung. Das sind auch schon die Parallelen zu Ferdinand von Schirachs Mitmachdrama „Schuld“, mit dem das neueste Stück im Theater am Dom schon verglichen wurde; Parallelen, die man indes nicht überstrapazieren sollte.

Die Alltagskonflikte im Kölner Tennisverein

Zwar geht es hier wie dort am Ende um die Wurst, im übertragenen Sinne gemeinsam vom feinsten, im wörtlichen recht grob und obendrein vom Schwein. Doch Erol als der einzige Muslim und Türke im Verein, hat schon erklärt, dass man auf ihn nicht Rücksicht nehmen müsse, wenn jetzt ein neuer Grill erworben werden soll. Auch wenn darüber seine sogenannte „Türkenwurst“ der „Deutschenwurst“ zu nahekommt.

Das führt zur Frage: Kommt die „Grillwurst“, als ihr Name, im Koran schon vor? Und warum haben die Iraner wohl noch kein Grand-Slam-Turnier gewonnen? Die Frage, findet Melanie, die Doppelpartnerin von Erol und Ehefrau von Torsten, dem Spaßvogel vom Dienst, verrate doch zu wenig an gelebter Toleranz. Es geht um Themen und Konflikte seriösester Natur, verhandelt aber werden sie, dass man sich als Betrachter schlapplacht.

Infos zum Stück

„Extrawurst“ ist eine Komödie von Moritz Netenjakob und Dietmar Jacobs. Sie ist bis zum 10. Juli im Theater am Dom zu sehen. Nächste Aufführungen: 24., 25., 26., 27. und 28. Mai, jeweils 20 Uhr, am 28.5 auch 17 Uhr.theateramdom.de

Rassismus zum Weglachen?

Was landet besser auf dem Punkt als Pointen eines Drehbuchautors? Die Witze zweier Fernsehschreiber: Nach dieser Einsicht haben sich die „Jacob Brothers“, die Fernsehschreiber Moritz Netenjacob und Dietmar Jacobs („ Mord mit Aussicht“, „Stromberg“ und „Pastewka“), zusammengetan und ein Stück über den ubiquitären Rassismus geschrieben, der einem Sorgen machen könnte, wäre er nicht wegzulachen.

Volker Schmalöhr hat das Durcheinander auf den Punkt hin inszeniert, und ein wunderbares Team um Stefan Schleberger herum (Matthias) bringt es bis an die Rampe und darüber hinaus: Martin Zuhr mit erfolgsverwöhntem Führungsstil, der den Dirigismus auch nach seiner Kündigung nicht lassen kann; Parbet Chugh, türkischer Afghane mit stattgehabter Kant-Lektüre, Madeleine Nische als Melanie, die einzige Frau auf der Bühne, bigepolt, mit Erol Meister im gemischten Doppel, und verheiratet mit Torsten, Meister aller Klassen im Verdacht des Ehebruchs. Auch diese Leidenschaft kaschiert nur psychopathologische Versehrung.

Endlich wieder jubelndes Publikum

Und so stehen Analysewerte („Das ist das Ergebnis Eurer Einwanderungspolitik!“) und solide Fehleinschätzungen („Das Osmanische Reich war so ‚ne Art von Woodstock mit Wasserpfeife“) als eine Art von Klipp-Klapp gegenüber.

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Die Pandemie war eine schwere Zeit für die Theater wie für die Besucher. Mit einem Stück wie diesem aber und dem dankbaren Jubel des Publikums lässt sich das auf wunderbare Art vergessen!